Miles Flint 02 - Die Lautlosen
menschlich. Leichtathletik war für die meisten Aliens nicht von Interesse. Die Disty mochten Tennis, was sehr gut zu ihrer Leidenschaft für Pingpong passte, und die Rev mochten Hockey, Boxen und Ringen, vermutlich, weil diese Sportarten ein gewisses Maß an Gewalt beinhalteten. Aber Ausdauersport schien stets nur die Rasse zu begeistern, die daran beteiligt war. Menschen hielten den pochaischen Esswettbewerb für ebenso lächerlich wie die Pochae einen Marathonlauf.
»Hier entlang«, sagte der Mann und trieb DeRicci und van der Ketting zur Eile an.
Und DeRicci musste sich in der Tat beeilen, um mit dem Mann schrittzuhalten, der vor ihr lief. Endlich erreichten sie das andere Ende der Tribüne. Dort war ein kleiner weißer Bungalow aufgestellt worden, problemlos auf- und abbaubar, der den Teilnehmern als Treffpunkt diente.
Der Mann scheuchte DeRicci und van der Ketting hinein. Der andere Mann schloss die Tür hinter ihnen. Sie gingen durch einen kleinen Vorraum ins Innere des Bungalows.
Livebilder des Rennens bedeckten sämtliche Wände. Auf zweien folgten die Aufnahmegeräte einem einzelnen Läufer, während an den anderen beiden Wänden winzige Bilder sämtlicher Läufer gleichzeitig angezeigt wurden.
Drei Frauen und ein Mann, alle so alt und hager wie die beiden, die DeRicci in Empfang genommen hatten, saßen auf Kunststoffstühlen und sahen sich das Rennen an. Die Neuankömmlinge schienen sie überhaupt nicht wahrzunehmen.
»Tut mir leid, dass wir Sie so hetzen mussten«, sagte der Mann zu DeRicci. »Wir wollten nicht, dass unsere Leute anfangen, Fragen zu stellen.«
Sie brauchte einen Moment, bis sie begriffen hatte, dass sich ›unsere Leute‹, auf die Zuschauer bezog, von denen einige ein kleines Vermögen für ihren Sitzplatz hingeblättert hatten.
Er streckte eine Hand aus. Sie war knochig und verkrümmt und sah so abgenutzt aus wie der Rest von ihm auch. »Ich bin Alfred Chaiken, Rennleiter beim diesjährigen Marathon.«
DeRicci ergriff vorsichtig seine Hand. »Noelle DeRicci, und das ist mein Partner, Leif van der Ketting.«
»Danke, dass Sie so schnell gekommen sind«, sagte Chaiken. »Wir hatten gehofft, dass Sie eintreffen würden, bevor der erste Läufer die Ziellinie überschritten hat.«
DeRicci blickte sich zu einem der wandgroßen Bilder um. Ein Läufer in einem Umweltanzug mit einem echten Helm passierte halb rennend, halb springend eine kleine Ansammlung spitzer Felsen. Sie hatte keine Ahnung, an welcher Position der Rennstrecke er sich befand, und sie wusste auch nicht, wie die Leute, die das Rennen auf ihren winzigen Bildschirmen verfolgten, dergleichen erkennen sollten.
»Wie viel Zeit bleibt uns, bevor der Sieger eintrifft?«, erkundigte sich van der Ketting.
DeRicci runzelte die Stirn. Mit dieser Frage hatte van der Ketting die Ermittlungen dem Zeitplan der Rennleitung unterworfen, statt dem eigenen zu folgen. Dieses Verhalten würde sie später korrigieren.
»Etwa dreißig Minuten.« Chaiken warf einen Blick auf dieselbe Wand, die auch DeRicci betrachtete. Der Läufer sah aus wie alle anderen Läufer auch, das Gesicht unter dem verspiegelten Visier seines Helms verborgen. Die Läufer trugen Nummern auf der Vorderseite ihrer Anzüge, aber davon abgesehen unterschieden sie sich nur durch das Design.
»Sie können dort draußen bleiben, so lange es notwendig ist«, sagte Chaiken zu van der Ketting, »aber es wäre uns lieb, wenn wir sie so schnell wie möglich durch die Kuppel bringen könnten.«
Damit die Aufmerksamkeit des Publikums nicht durch die Polizei abgelenkt wurde, wenn der erste Läufer das Ziel erreichte.
»Gut«, sagte van der Ketting. »Was machen …?«
»Zuerst«, fiel ihm DeRicci ins Wort und baute sich vor ihm auf, als wäre er gar nicht da, »erzählen Sie uns, was Sie entdeckt haben.«
Chaikens Blick wanderte von ihr zu van der Ketting, ehe er ruckartig den Kopf bewegte, als hätte er gerade erkannt, wer hier zuständig war. »Wir haben gar nichts entdeckt«, antwortete er. »Das hier ist das Managementteam. Wir bleiben stets innerhalb der Kuppel. Aber wir haben Leute draußen, zu denen auch ein medizinisches Notfallteam gehört.«
»Also schön«, sagte DeRicci und drückte auf einen kleinen Chip im Handschuh ihres Anzugs. Sie hatte beschlossen, das Gespräch nun doch vollständig mitzuschneiden. »Wer hat die Leiche gefunden?«
»Einer unserer Läufer, ein gewisser Mr.. Brady Coburn. Er hat die Strecke danach verlassen, obwohl wir ihm die
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