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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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den Rücken zu, seufzte und trat auf den mit Teppich ausgelegten Korridor. Eine sanfte Stimme verkündete seine Anwesenheit.
    Vor ihm wurde eine Tür geöffnet, eine, die er nicht einmal bemerkt hatte, weil sie ihm wie ein Teil der glatten Wand erschienen war. Paloma stand auf der Schwelle, eine Hand am Türrahmen, und musterte ihn, als wäre sie nicht sicher, ob sie ihn hereinlassen wollte.
    Sie sah noch zerbrechlicher aus als früher in ihrem Büro. Die Majestät des Gebäudes betonte ihre zierliche und unnatürlich magere Gestalt. Sie hatte keine Alterungsmodifikatoren benutzt. Die Haut spannte sich über ihren zarten Knochen und verlieh ihr ein vogelartiges Aussehen. Ihr weißes Haar, das bis auf ihre Schultern reichte, erinnerte vage an Vogelschwingen.
    »Miles«, sagte sie mit einer Stimme, die all die Zerbrechlichkeit in ihrem Erscheinungsbild Lügen strafte. »Ich dachte, ich musste dich nicht länger betreuen.«
    »Würde ich das wollen«, antwortete er, »hätte ich dich gebeten, ins Büro zu kommen.«
    Sie gab die Tür frei, als wären das genau die Worte gewesen, auf die sie gewartet hatte. »Dann ist das ein Freundschaftsbesuch?«
    Die Verwunderung in ihrem Tonfall bereitete ihm Schuldgefühle. Er hatte ihr noch keinen Freundschaftsbesuch abgestattet, seit sie in den Ruhestand gegangen war.
    »Das nun auch wieder nicht.« Er überquerte die Schwelle und sah eine weiße Wand mit starren Bildern. Die Bilder waren schwarzweiß, überwiegend alte Sammlerstücke mit Mondszenen.
    »Du warst noch nie hier, nicht wahr?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    Sie führte ihn um eine Ecke ins offene Wohnzimmer. Auch hier war die Mondlandschaft gegenwärtig, aber sie war nicht ganz so beherrschend wie in der Lobby. In diesem Raum wirkte das draußen beinahe wie ein Flachfilm oder ein leicht verschwommenes Bild.
    Vielleicht lag es an dem braunen Teppich oder den Polstermöbeln. Die Illusion, draußen zu sein, war hier nicht gegeben, und Flint war froh darüber. Er brauchte wirklich keine unnötige Ablenkung.
    »Was zu trinken?«, fragte sie. »Ich habe Sonnentee.«
    Ein unter Armstrongs Reichen höchst beliebtes Getränk: Tee, zubereitet mit von der Sonne erhitztem Wasser, Tee, der nur auf freien Terrassen in der direkten Nähe sauberer Kuppelabschnitte gebraut werden konnte. Die meisten Fachkundigen behaupteten, sie könnten einen Geschmacksunterschied feststellen zwischen Tee, der auf diese Weise gebraut wurde, und solchem, der mit gewöhnlichem kochenden Wasser aufgesetzt wurde; aber Flint konnte das gewiss nicht.
    Er hielt das alles für anmaßend, für etwas, das er nie mit Paloma in Verbindung gebracht hätte. Doch andererseits hatte es ihn auch schon überrascht, als sie hierher gezogen war.
    »Nur etwas Wasser, danke«, sagte er.
    Paloma lächelte und drückte die Hände zusammen. Dann setzte sie sich in einen Lehnsessel, von dem aus sie einen freien Blick auf die Mondlandschaft hatte.
    »Setz dich, Miles«, sagte sie.
    Er tat, wie ihm geheißen, und wäre beinahe mit dem Tablett zusammengestoßen, als jenes ihm das Wasser servieren wollte. Er fing den Boden des Tabletts mit der linken Hand ab und ergriff das Wasser mit der Rechten.
    »Ich bin all dieses Tamtam nicht gewohnt«, sagte er.
    Palomas Lächeln wurde breiter. »Du wärest überrascht, wie schnell man sich daran gewöhnen kann.«
    Und wie schnell man mit weniger nicht mehr zufrieden ist? Die Frage schlich sich auf seine Zunge, aber er gestattete sich nicht, sie auszusprechen. Er wollte Paloma nicht kränken. In mancherlei Hinsicht war sie die beste Freundin, die er hatte.
    »Also«, sagte sie und nahm ihr eigenes Getränk von dem Tablett, »wenn du keine weitere Betreuung brauchst, was ist dann so dringend, dass du dich extra herbemüht hast?«
    »Ich brauche Informationen über deine früheren Geschäfte«, gestand er.
    »Du weißt, dass ich dir die nicht geben kann«, sagte sie.
    Lokalisierungsspezialisten legten größten Wert auf Diskretion, damit sie auch in Zukunft Aufträge erhalten würden. Rechtlich gesehen würde ihre Verschwiegenheit nicht standhalten. Sogar die Klienten wussten, dass ein Lokalisierungsspezialist sein Schweigen brechen würde, sollte er dazu gezwungen sein.
    Aber Paloma hatte ethisch stets einwandfrei gehandelt. Sie hatte Flint von Anfang an erklärt, dass sie nie einen Klienten verraten würde, und bisher hatte sie das auch nicht getan.
    »Ich bitte dich nicht, mir Details über deine Klienten zu verraten«, sagte

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