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Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Miles Flint 02 - Die Lautlosen

Titel: Miles Flint 02 - Die Lautlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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in so einer modernen Anlage irgendwie fehl am Platze wirkte. Er nahm an, dass das Tastenfeld wohl über einige verborgene Funktionen verfügte: ein Fingerabdrucksicherungssystem oder eines zur Sicherung von DNA-Spuren, was nur im Notfall zum Einsatz kommen würde.
    Das zumindest hoffte er. Anderenfalls würde das Gebäude unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vermarktet werden. Ein Sicherheitssystem, das durch ein Tastenfeld gesteuert wurde – jedes derartige System –, konnte er innerhalb von weniger als fünfzehn Sekunden knacken.
    Nachdem er den Code eingegeben hatte, ertönte ein Klicken, und die Tür glitt langsam nach innen und gab den Blick auf das Innere des Gebäudes frei. Flint verschlug es den Atem.
    Die Lobby war spektakulär. Der Boden war so schwarz wie der Mondhimmel. Möbel und Pflanzen standen überall im Raum verteilt. In der Luft hing ein schwacher Fliederduft, der ihr eine Frische verlieh, die sie vermutlich nicht verdient hatte. Nur eine Handvoll Leute hielt sich in der Lobby auf: zwei Sicherheitsleute, die Portiersuniformen trugen, standen in der Nähe des Eingangs; eine Frau arbeitete an einem schwarzen Onyxtisch, und drei Leute saßen auf Sofas und betrachteten kleine Bildschirme.
    Niemand genoss den Ausblick, aber Flint konnte sich nicht davon losreißen. Die Mondlandschaft mit ihren schwarzen Dünen, die sich in der Ferne erhoben, beherrschte den ganzen Raum. Zum ersten Mal fühlte sich Flint, als wäre er draußen, ohne dabei den unbequemen Anzug tragen und schale Luft atmen zu müssen. Das war ein draußen, wie er es sich wünschte: zugänglich und angenehm.
    »Kann ich Ihnen helfen, Sir?« Neben ihm war eine Frau aufgetaucht. Flint hatte nicht einmal gesehen, woher sie gekommen war, und normalerweise pflegte er seine Umgebung sorgfältig im Auge zu haben.
    »Ich suche den Fahrstuhl«, sagte er.
    Ihr Lächeln hatte etwas Verschwörerisches; sie wusste so gut wie er selbst, dass er voll kommen vergessen hatte, was er eigentlich wollte, bis sie seine Träumerei gestört hatte.
    »Dort drüben«, sagte sie und deutete auf eine Tür, schräg gegenüber der Tür, durch die er soeben hereingekommen war. Sie war Teil einer schwarzen Wand, die von hier aus wie eine Erweiterung des Bodens aussah.
    »Danke«, erwiderte Flint und ging zielstrebig hinüber, bemüht, nicht nach draußen zu sehen. Aber draußen war da, war so sehr ein Teil dieses Ortes, dass es völlig unmöglich schien, an etwas anderes zu denken.
    Flint hatte sein ganzes Leben auf dem Mond verbracht, und manchmal vergingen Tage, ohne dass er auch nur einen Gedanken an die Mondlandschaft verschwendete. Er hätte in jeder Kuppelkolonie in jeder ungastlichen Welt leben können, es hätte keinen Unterschied für ihn gemacht.
    Um sein Büro herum war die Kuppel oft so mit Staub und Schmutz und allem möglichen Dreck überzogen, dass er die Mondlandschaft auch nicht hätte sehen können, hätte er sich wirklich darum bemüht. Wenn in der Nähe dann ein Abschnitt der Kuppel erneuert und die Mondlandschaft plötzlich sichtbar wurde, ertappte Flint sich oft dabei, wie er immer wieder hinausstarrte, beinahe als wäre ihm dort plötzlich ein Geheimnis offenbart worden.
    Vielleicht war das der Grund, warum ihm die Lobby so dekadent vorkam: der ungehinderte Blick auf einen Ort, den niemand ohne Erlaubnis, Geld oder Beziehungen besuchen durfte.
    Flint war beinahe enttäuscht, als er den Fahrstuhl erreicht hatte. Er war nicht bereit, diesen Ausblick hinter sich zu lassen, war nicht bereit, in die alltägliche Welt banaler Sorgen und Nöte anderer zurückzukehren.
    Dennoch drückte er den Rufknopf. Die Fahrstuhltür öffnete sich, und Flint spürte, wie ihm erneut der Atem stockte. Auf drei Seiten war der Fahrstuhl verglast. Als er eintrat, erkannte er, dass der Boden zudem verspiegelt war und den Ausblick aus den verglasten Wänden reflektierte.
    Er nannte Palomas Etage, und die Türen schlossen sich lautlos hinter ihm. Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. Er trat ans nächste Fenster und beobachtete, wie die Mondlandschaft kleiner wurde. Es war, als würde er ohne Luftwagen fliegen.
    Nie zuvor hatte er etwas so Einfaches getan, das gleichzeitig so berauschend war. Er fragte sich, wie irgendjemand, der in diesem Gebäude lebte, je deprimiert sein konnte oder traurig oder auch nur verärgert. Allein dieser Ausblick sollte reichen, jede Stimmung aufzuhellen.
    Viel zu schnell öffnete sich hinter ihm die Fahrstuhltür. Er drehte der Mondlandschaft

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