Miles Flint 02 - Die Lautlosen
runzelte die Stirn. »Ich denke, Sie sind Kopfgeldjägerin. Hätten Sie sie nicht einfach ausspionieren können oder sowas?«
»Man kann nur begrenzt aus der Entfernung tätig werden«, antwortete Oliviari in der Hoffnung, dass er nicht weiterbohren würde.
»Sie denken, Frieda Tey ist hier?«, fragte er.
»Ich denke, das Virus beweist das.« Ein Schauder rann ihr über den Leib, aber er hatte nichts mit dem Gespräch zu tun. Er kam von innen. Oliviari fragte sich, ob die Krankheit nun doch die ersten Symptome hervorbrachte.
»Natürlich, und ich nehme an, Sie haben sie gesehen und wollten sie gerade festnehmen, als dieses kleine Problem aufgetaucht ist.«
Oliviari gefiel der Sarkasmus in seinem Ton nicht. »Ich wünschte, es wäre so einfach. Sie ist die einzige Frau, die ich nicht gesehen habe. Vielleicht hat sie von Anfang an vorgehabt, das Virus freizusetzen. Vielleicht hat sie die Strecke während der früheren Rennen ausgeforscht, um herauszufinden, ob sie für ihre Zwecke geeignet wäre.«
»Sie denken, sie experimentiert mit uns?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Oliviari. »Im Grunde genommen ergibt das Vorhandensein des Virus überhaupt keinen Sinn.«
Etwas in ihrer Stimme schien ihn erreicht zu haben. Er legte die Stirn in Falten. »Sie glauben das tatsächlich.«
»Ja«, bestätigte sie.
»In Ordnung«, sagte Tokagawa. »Ich beiße an. Falls Frieda Tey schon seit Jahren am Marathon teilnimmt, unter welchem Namen würde ich sie dann kennen?«
»Unter dem einer Ihrer besten Läuferinnen«, sagte Oliviari. »Jane Zweig.«
22
R abinowitz war ein guter Lokalisierungsspezialist gewesen. Seine Nachforschungen schienen recht gründlich verlaufen zu sein, doch seine Notizen waren dürftig. Er hatte nichts aufgeschrieben, was irgendjemandem dabei helfen konnte, seine Spur zu verfolgen.
Zumindest war das Flints erster Eindruck, als er die Dateien durchging, die Wagner ihm auf einem Handheld übergeben hatte. Flint hatte die Dateien des Handheld nicht in eines seiner Systeme übertragen, und er würde es auch nicht tun, bis er sicher war, dass sich keine Schadsoftware in ihnen verbarg.
Doch der Handheld selbst barg keine Gefahren; Flint hatte angefangen, die Daten durchzusehen, kaum dass Wagner sein Büro verlassen hatte.
Ehe Wagner gegangen war, hatte er Geld auf eines von Flints vielen Konten übertragen. Flint hatte Wagner eine Geschäftskarte aus Papier überreicht, auf der die Kontonummer eingeprägt war. Über der Prägung befand sich in normaler Schrift eine Identifikationsnummer.
Die ID-Nummer diente überwiegend der Schau; jedes Konto war an einen anderen Klienten gebunden. Flint bewegte Geld über mehr als ein Dutzend Konten, ehe er es auf sein Hauptkonto transferierte. So, wie sich die Dinge zu ändern pflegten, fragte er sich, ob ein Dutzend Konten überhaupt genug waren. In den Systemen steckten so viele Fehler und Spionageprogramme, dass er davon ausging, jemand, der es wirklich darauf anlegte, könne all seine Schritte verfolgen.
Flint wollte nicht, dass die Leute die Namen seiner Klienten aufspüren konnten, und er wollte auch nicht, dass seine Klienten imstande wären, mit Hilfe seiner Konten seinem Geld zu folgen. Letzteres vor allem, um zu verhindern, dass ein Kopfgeldjäger, der sich als Klient ausgab, Flints Schritte anhand seiner Finanzdaten nachvollziehen konnte.
Flint saß an seinem Schreibtisch, hatte die Füße hochgelegt, sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt und las die Dateien des Handheld. Schon beim ersten Überfliegen von Rabinowitz’ Notizen fand er die Lektüre hochinteressant. Rabinowitz ging überhaupt nicht auf die Frage ein, ob Tey schuldig oder unschuldig war. Wie jeder gute Lokalisierer konzentrierte er sich in erster Linie darauf, die Verschwundene zu finden. Vermutlich ging er so oder so davon aus, das die Beweise für oder gegen ihre Schuld zusammen mit ihr auftauchen würden.
Er hatte, wie Flint anhand vieler Notizen feststellen konnte, Wochen damit zugebracht, ihr ursprüngliches Verschwinden zu untersuchen, und geschlussfolgert, dass sie es allein geplant hatte, ohne einen Verschwindedienst hinzuziehen.
Aber sie hatte einen Haufen falscher Spuren hinterlassen, einschließlich zweier Mitarbeiter, die zusammen mit ihr verschwunden waren und auf die ihre Beschreibung passte. Beide hatten Verschwindedienste engagiert, um unterzutauchen.
Rabinowitz hatte sich mit der standestypischen Zurückhaltung jeglicher Kommentare über das Verschwinden der
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