Miles Flint 03 - Die Tödlichen
erschrak über ihren eigenen Tonfall. Sie hörte sich verbittert an.
»Also geht es hier um Miles«, konstatierte Paloma.
»Ich schätze schon.« DeRicci zuckte mit den Schultern. »Aber eigentlich nur theoretisch.«
»Theoretisch«, wiederholte Paloma.
DeRicci nickte. »Sie wissen schon, theoretisch. Vielleicht können Sie mir begreiflich machen, warum ein Lokalisierungsspezialist sich veranlasst sehen könnte, etwas Bestimmtes zu tun.«
»Im Gegensatz zu der Frage, warum Miles sich dazu veranlasst sehen könnte?«
»Ja«, sagte DeRicci.
Paloma ließ die Arme sinken. »Ich muss gestehen, ich bin neugierig geworden, aber ich bezweifle, dass ich Ihnen helfen kann. Miles und ich sind sehr unterschiedliche Menschen. Und dass Sie sauer auf ihn sind, heißt nicht, dass Sie sich besser fühlen werden, wenn sie mich anbrüllen.«
»Ich habe nicht vor …« Aber DeRicci brach ab, lange bevor der Satz beendet war. Sie war wütend auf Flint. War sie deswegen zu Paloma gegangen? Damit sie jemanden anschreien konnte?
Paloma gab den Weg frei. »Kommen Sie rein.«
DeRicci trat aus dem Aufzug und ging an Paloma vorbei. Der Eingangsbereich beschrieb einen leichten Knick, hinter dem sich ein großes Wohnzimmer verbarg. Die Mondlandschaft nahm die komplette hintere Wand ein, aber hier sah es beinahe aus wie ein kunstvolles Gemälde, nicht wie der Blick aus einem Fenster.
»Miles hält das für ausschweifend«, bemerkte Paloma, die DeRicci gefolgt war.
»Was?«, fragte DeRicci.
»Diese Wohnung. Er hält nichts davon, Geld für Luxus auszugeben.«
»Ich hatte das Gefühl, er hält nichts davon, überhaupt Geld auszugeben«, entgegnete DeRicci.
Paloma lächelte, was die Falten in ihrem Gesicht deutlicher zutage treten ließ und ihr etwas Koboldhaftes verlieh. »Sehen Sie? Sie kennen ihn doch.«
»Ich habe nie gesagt, dass ich das nicht täte.« DeRicci stand mitten im Raum, nicht bereit, sich zu setzen, solange Paloma sie nicht dazu eingeladen hatte.
Paloma lehnte sich auf den Rücken eines braunen Sofas, das wunderbar zu dem braunen Teppich passte. Die eintönige Einrichtung ließ den Ausblick aus dem Fenster noch eindrucksvoller erscheinen.
»Wird Miles irgendeines Vergehens beschuldigt?«, fragte Paloma.
»Nein«, antwortete DeRicci.
»Aber Sie sagten, er sei vom Mond geflohen.«
»Es sieht nicht gut für ihn aus«, sagte DeRicci.
Paloma nickte. »Er und ich sind sehr verschieden, wissen Sie? Wir arbeiten auf vollkommen unterschiedliche Weise.«
»Arbeiten? Ich dachte, Sie wären damit fertig.«
»Ich bin im Ruhestand«, sagte Paloma. »Aber ich bezweifle, dass man je damit fertig sein kann.«
DeRicci wartete auf eine umfassendere Erklärung, doch Paloma lieferte keine.
»Was hat er getan?«, fragte sie stattdessen.
»Ich kann Ihnen nur die groben Fakten nennen«, sagte DeRicci. »Was ich derzeit weiß, ist Folgendes: Ein paar Leute haben ihn angeheuert, weil er ihr erwachsenes Kind suchen sollte. Das hat er getan, und kurz darauf sind alle hier in Armstrong ermordet worden. Die Waffe gehört ihm, und ich habe ein Überwachungsvideo, auf dem etwa zurzeit des Mordes eine Person zu sehen ist, die aussieht wie er.«
»Hmmm.« Paloma nickte.
»Als die Ermittlungen angefangen haben und sein Name dabei aufgetaucht ist, habe ich mit ihm gesprochen und ihn gefragt, ob er mir Informationen über seine Nachforschungen geben würde. Das wollte er nicht. Und wie es scheint, hat er daraufhin Tracer ins Computersystem des Departments eingeschmuggelt, die vorwiegend für meine Dateien gedacht waren. Die Techniker haben mir sogar erzählt, dass in seinem System jedes Mal Alarm ausgelöst worden ist, wenn ich mich eingeloggt habe.«
»In Bezug auf Computer hatte Miles schon immer ganz beeindruckende Fähigkeiten«, kommentierte Paloma.
DeRicci ging nicht weiter darauf ein. »Als ich heute das Überwachungsvideo gefunden habe, hat er meine Arbeit verfolgt. Er hat das Video ebenfalls gesehen. Eine Stunde später hat er die Emmeline genommen und den Mond verlassen. Er hat nicht einmal einen Flugplan eingereicht.«
»Das muss er auch nicht«, sagte Paloma.
»Weil er dem Hafen einen Haufen Geld bezahlt«, stimmte DeRicci ihr zu, und wieder hörte sie die Bitterkeit in ihrer Stimme. »Es passt irgendwie gar nicht zu Flint, für so etwas Geld auszugeben.«
»Er gibt sein Geld für Notwendigkeiten aus, Detective«, widersprach Paloma. »Dieses Schiff mag luxuriös aussehen, aber es ist auch eine Notwendigkeit.«
»Falls man
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