Miles Flint 03 - Die Tödlichen
der Wohnung war.«
»Aber Sie dachten sich, Sie sollten ihren alten Partner schützen«, kommentierte Passolini.
DeRicci schüttelte den Kopf, obwohl ihr dieser Gedanke durchaus durch den Kopf gegangen war. »Eigentlich hatte ich gehofft, er würde mir angesichts unserer gemeinsamen Geschichte vielleicht Einblick in seine vertraulichen Unterlagen gewähren. Aber das hat er nicht, und darum reiche ich dieses Beweisstück jetzt weiter. Flint und ich sind keine Partner mehr, und er hat keinen Zweifel daran gelassen, dass es auch in Zukunft keine Zusammenarbeit zwischen uns mehr geben wird.«
»Wütend, DeRicci?«, fragte Brodeur, und nun lag kein Sarkasmus mehr in seinem Ton.
»Enttäuscht«, antwortete sie. »Wir haben gut zusammengearbeitet, aber jetzt stehen wir auf verschiedenen Seiten, fürchte ich.«
Auch wenn sie das ganz sicher nicht wollte.
21
K reise kauerte vor ihrem Wandschirm und starrte auf das Bild, das sich kaum von der Wandfarbe abhob. Sie hatte nicht damit gerechnet, von einer Regionalregierung ausmanövriert zu werden – und dann auch noch so schnell.
Döbryn und ihre »Sicherheitsmannschaft«, wie die Presse sie zu nennen beliebte, würden in die Kuppel einreisen dürfen – nach allem, was Kreise derzeit wusste, mochten sie bereits eingereist sein.
Kreise saß in ihrer Suite im vierten Stock von Armstrongs hübschestem und ältestem Hotel fest, einem Haus mit dem gezierten Namen Lunar Lander. Nach dem anstrengenden Gespräch an diesem Nachmittag war sie hergekommen, um ein Nickerchen zu halten, und hatte nicht einmal entfernt damit gerechnet, dass seitens der Stadt eine Entscheidung bezüglich des Status von Döbryn fallen würde – auf jeden Fall nicht so schnell.
Normalerweise hätte sie angenommen, dass einer der Verantwortlichen sich hatte bestechen lassen; aber die Generalgouverneurin des Mondes hatte wichtigere Dinge im Kopf als irgendwelche Besucher der Armstrongkuppel, und der Bürgermeister … nun ja, der hatte sich den Ruf absoluter Redlichkeit erworben.
Offenbar hatte er diesen Ruf zu Recht. Es war seine Pressekonferenz, die sie sich angesehen hatte, nicht die der Generalgouverneurin, und er war wütend gewesen. Soseki hatte der Presse sogar verraten, dass der Regierungsrat der Erdallianz in der Stadt tagte, und dann hatte er auch noch Etae und den Namen Döbryn erwähnt.
Wenn irgendetwas garantiert dazu geeignet war, alle möglichen Verrückten auf den Plan zu rufen, dann das.
Kreise stand auf und schaltete den Wandschirm per Hand ab. Ihr blieben nicht viele Möglichkeiten. Sie konnte die Tagung absagen, nun, da Soseki ihre Sicherheitsvorkehrungen unterlaufen hatte. Aber wenn sie absagte, würden die anderen ihr möglicherweise vorwerfen, kleingeistig zu sein. Nachdem sie die Chance verloren hatte, Döbryn von vornherein zum Schweigen zu verdammen, wollte sie ihr nun die Gelegenheit zum Sprechen auf andere Art nehmen – was sie natürlich nur zu gern täte, müsste sie dann nicht mit derartigen Anschuldigungen leben.
Ihre anderen Möglichkeiten bestanden darin, die Konferenz fortzusetzen und Döbryn zu gestatten, ihr Anliegen vorzutragen. Sie konnte auch keine weitere Sitzung anberaumen, ehe sich die politische Lage in Armstrong nicht wieder beruhigt hatte, oder die Presse benachrichtigen und zu der Tagung zulassen und den Gesprächen so die Vertraulichkeit entziehen und ihren Zweck zunichte machen.
Kreise wollte aus diesem Chaos heraus, das von Minute zu Minute schlimmer zu werden schien. Soseki hatte gesagt, er werde dagegen protestieren, dass diese »Terroristen« – das waren seine Worte – auf seine Kuppel losgelassen wurden. Derzeit informierte er seine Bürger darüber, dass die Kuppel kein sicherer Ort mehr sei und sie sich auf jede Art von Störenfrieden gefasst machen sollten.
Er hatte außerdem erklärt, er habe keine vollständigen Hintergrundinformationen über die einzelnen Etaer, die in die Kuppel hereingelassen worden seien, würde die Informationen aber sofort freigeben, sobald er sie erhalte. Inzwischen wolle er sein Büro anweisen, eine Videodokumentation darüber anzufertigen, was ihm bisher über die Etaer bekannt war, sodass die Bürger von Armstrong so gut wie möglich informiert werden würden.
Theoretisch halte Kreise seine Anti-Etae-Haltung zu schätzen gewusst, aber in diesem Fall half sie ihr nicht weiter. Sosekis Methoden waren ungeschliffen, das Gegenteil der Diplomatie, die sie anzuwenden hatte.
Soseki hatte einen politischen
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