Miles Flint 04 - Das Marsgrab
Links abschalten, wenn sie die Absicht hatte, zu schlafen.
Man hatte ihr berichtet, manche Leute hätten sich so sehr an diese besonderen Links gewöhnt, dass sie ruhig schliefen, während die Informationen über ihren Sehnerv kröchen und ein Teil ihres Gehirns noch immer aktiv sei, der Körper selbst aber schlafe.
Würde sie, DeRicci, dergleichen tun, würde sie wahrscheinlich nur noch launischer werden, als sie es so oder so schon war. Und sie war launisch. Sie war nicht für diese Art von Verwaltungsstelle geschaffen. Sie wollte die Dinge stets erledigt und festgelegt sehen, wollte die Pflichten des Departments schnell umrissen haben, damit sie sich endlich an die Arbeit machen konnte.
Beim letzten Treffen mit dem Regierungsrat des Mondes hatte DeRicci sich nach Zeitvorgaben erkundigt, weil sie geglaubt hatte, wüsste sie erst, wann die Frist für die Vorbereitungen abgelaufen sei, könnte sie die internen Besprechungen beschleunigen.
Wir schließen die Sache ab, wenn wir uns einig sind, hatte die Generalgouverneurin gesagt, und damit war die ganze Besprechung vorbei gewesen.
Soweit DeRicci es beurteilen konnte, wären die Ratsmitglieder sich erst einig, wäre über die Kuppel Moos gewachsen. Bis dahin wäre DeRicci die Leiterin einer zahnlosen Behörde, die voll und ganz damit beschäftigt war, nach dem eigenen Daseinszweck zu suchen.
Da zeigte sich wieder einmal, wie naiv Flint und sie doch gewesen waren. Beide hatten sie gedacht, DeRicci würde hier wirklich etwas bewirken können, aber in einer Situation wie der ihren könnte nicht einmal der größte Politiker des Universums irgendetwas bewirken.
Sie steckte fest, und es war ihre eigene verdammte Schuld!
DeRicci schaltete alle drei Schirme auf ihrem Schreibtisch ein. Sie nutzte einen Schirm für Bewerbungen, einen für öffentliche Kommentare und einen dritten für private Notizen. Als diese Schirme aktiviert wurden, erhob sich hinter ihnen ein vierter, auf dessen klarer Oberfläche über ein Dutzend dringender Botschaften in leuchtendem Orange aufblinkte.
Natürlich kamen all die wichtigen Mitteilungen von den Medien, die DeRicci zu ignorieren beschlossen hatte. Die Generalgouverneurin hatte diese Entscheidung beim letzten Treffen hinterfragt. – Immerhin, so hatte sie gesagt, arbeiten wir für die Bürger, und die einzige Möglichkeit, wie sie von unseren Fortschritten erfahren können, sind die Medien –, aber DeRicci hatte ihren Einwand ebenfalls ignoriert.
Sie hatte noch keine Fortschritte vorzuweisen, und nach dem schrecklichen Bericht, den Ki Bowles über sie gesendet hatte, standen Reporter samt ihrer journalistischen Treffsicherheit nicht eben weit oben in ihrer Gunst.
Aber vielleicht fühlte sie sich auch nur verfolgt. Nichts in dem Bericht war falsch gewesen – DeRicci hatte die meisten ihrer Jobs vermasselt, klar, aber das bedeutete nicht, dass ihretwegen jemand zu Schaden oder gar zu Tode gekommen wäre. Wenn DeRicci Mist baute, dann weil sie mit jemandem zu hart umgesprungen war, ihr Ding durchgezogen hatte, gegen alle Widerstände oft, und dabei mehr als einmal Leben gerettet hatte. Oder weil sie die Dummheit und Dummheiten anderer nur schwer ertragen konnte. Auf diese Art und Weise hatte DeRicci Jobs vermasselt und auf keine andere.
DeRicci schickte den Schirm wieder zurück und konzentrierte sich auf die Bewerbungen. Was sie wirklich brauchte, war einen guten Assistenten. Jemand, der die Medien in Schach halten konnte, jemand, der imstande war zu lernen, mit DeRiccis bisweilen recht groben Bemerkungen zurechtzukommen und ihnen den nötigen politischen Schliff zu verpassen.
Kurz gesagt, sie brauchte einen Assistenten, der Wunder wirken konnte.
Und den fand sie nicht.
Ein Klopfen an ihrer Tür entlockte ihr ein Grollen, aber sie hatte bereits gelernt, dass sie ihre Mitarbeiter nur auf eigene Gefahr ignorieren konnte.
»Das ist hoffentlich wichtig!«, rief sie also.
Rudra Popova, DeRiccis De-facto-Assistentin, öffnete die Tür und steckte den Kopf hinein. Popova hatte vollkommen glattes, tiefschwarzes Haar, das sie bei jeder Bewegung wie Wasser umschmeichelte. Es reichte bis hinab zu ihrer Hüfte und schien nie durcheinanderzugeraten oder im Weg zu sein. Ihre schwarzen Augen blitzten vor Intelligenz und einer kleinen Spur Herablassung. DeRicci konnte fühlen, was Popova dachte, wann immer der Blick dieser Frau auf sie fiel: Ich könnte diese Aufgabe so viel besser erledigen als diese ungebildete Bullenfrau.
»Ja?« DeRicci
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