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Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Titel: Miles Flint 04 - Das Marsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Straße, die vor dem Gebäude entlangführte. Die Gerichtsmedizinerin war von den meisten ihrer Mitarbeiter umgeben, dazu von Polizisten, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, und von einem Haufen Regierungsangestellter.
    Die Disty flüchteten aus der Kuppel.
    Alle Menschentaxis waren ausgebucht, ebenso wie die Karren, die sich ihren Weg durch die Disty-Sektion bahnten. Ganze Disty-Familien packten ihre Habe in diese Karren und hasteten neben ihnen her, verließen in Panik die Saharakuppel.
    Eine Videodarbietung auf dem Wandschirm neben dem Fenster zeigte eine Katastrophe am Bahnhof der Saharakuppel. Tausende von Disty drängelten sich auf dem Bahnsteig, schubsten und stießen einander, ein paar versuchten gar, an der Seite der Züge hinaufzuklettern, nur um von menschlichen Wachleuten wieder heruntergepflückt zu werden.
    Die Disty-Polizisten versuchten gar nicht erst zu helfen. Den Gerüchten zufolge waren die Disty in Amt und Würden als Erste aus der Kuppel verschwunden.
    Am Hafen war es noch schlimmer. Ein zweigeteiltes Bild zeigte das Äußere des Hafengebäudes – im Gebäude zu filmen hatten die Disty untersagt –, während sich Hunderte von Disty gegen die Türen stemmten und versuchten, sich hineinzuquetschen. Ein paar stürzten, verschwanden unter der Menge.
    Glücklicherweise war der Ton abgeschaltet, sodass die Schreie und das Summen, das Disty in Panik von sich gaben, sich nicht in die Geräusche der realen Geschehnisse, die von unten heraufdrangen, mischen konnten.
    Alles, was die Menschen hier in diesem Gebäude tun konnten, war zusehen. Sie konnten das Gebäude nicht verlassen – die Disty beanspruchten die ganze Breite der Straße, von einem Gebäude bis zum gegenüberliegenden –, und die Türen wollten sich nicht öffnen. Und selbst wenn die Türen sich hätten öffnen lassen, wäre kein Mensch, der noch bei Verstand war, dort hinuntergegangen. Kein Mensch ginge das Risiko ein, sich auf der Straße erwischen zu lassen.
    Die Panik hatte die Disty unvorsichtig gemacht. Ihr dringender Wunsch, die Kuppel zu verlassen, sorgte dafür, dass sie die drohenden Gefahren für Leib und Leben, die solch eine Stampede auslösen mochte, ignorierten.
    Scott-Olson atmete hörbar aus. Bis jetzt war ihr gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie sich gefürchtet hatte. Das Worst-Case -Szenario, über das sie und Batson gesprochen hatten, trat soeben ein.
    Scott-Olson nahm an, dass das Gebäude, in dem sie sich befand, derzeit der sicherste Ort in der ganzen Kuppel war. Die Disty hatten offensichtlich Angst vor dem Massengrab, fürchteten die Auswirkungen und die Kontamination. Sie würden sich nicht einmal in die Nähe irgendwelcher Menschen wagen, nicht einmal die, die versuchten, dafür zu sorgen, dass diese Flucht keine noch schlimmeren Auswirkungen zeitigte.
    Wenigstens zogen sie nicht plündernd und brandschatzend durch das Gebiet, durch das hindurch sie ihre panikartige Flucht führte. Die Disty gaben sich lediglich alle Mühe, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
    »Was denken Sie, wo wollen die hin?«, fragte jemand leise hinter ihr.
    »Keine Ahnung«, antwortete ein anderer. »Vermutlich überallhin, wo sie Aufnahme finden.«
    »Werden andere Städte sie denn aufnehmen?«, fragte Scott-Olson. »Sie haben hier gelebt, im Schatten dieses Grabes. Sind sie dann nicht alle kontaminiert?«
    Niemand antwortete. Niemand kannte die Antwort. Das war ein Teil der Disty-Kultur, in den noch kein Mensch allzu tief vorgedrungen war.
    Scott-Olson beugte sich ein kleines bisschen vor, sah zu, wie die winzigen Kreaturen jeden Fluchtweg entlangrannten, den sie finden konnten, manche einander an den Händen haltend, andere mit Kindern auf ihren Schultern oder einer Hand voll ihrer Habe in Händen, die sie gegen die konkave Brust drückten.
    Scott-Olson konnte diese Art von Furcht nicht ergründen. Für sie war sie schlicht nicht begreifbar. Leichen waren Leichen, weiter nichts. Ein Teil des Lebens, mit dem man sich abfinden musste.
    Nichts, das man fürchten musste.
    Sie lebte schon seit sehr langer Zeit in der Saharakuppel. Sie hatte geglaubt, sie sei durchaus in der Lage, die Disty zu verstehen.
    Aber als sie sah, wie sie einander niedertrampelten in ihrem verzweifelten Bemühen, der nunmehr unreinen Kuppel zu entkommen, erkannte sie, dass sie sie ganz und gar nicht verstanden hatte.

 
25
     
    F lint saß in der Cafeteria im Keller der juristischen Fakultät der Kuppeluniversität, als er endlich

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