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Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Miles Flint 04 - Das Marsgrab

Titel: Miles Flint 04 - Das Marsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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seufzte. Er hatte eine Theorie, aber die würde seine eigene Verwicklung in die Sache unvermeidbar machen. Außerdem war er nicht sicher, wie viele Daten aus Costards jüngerer Geschichte öffentlich zugänglich waren. Er wollte nicht zu viel offenbaren, aber er wollte Nyquist, der einen recht cleveren Eindruck machte, aus dem Weg haben.
    »Wäre ich Sie«, sagte Flint, »würde ich versuchen herauszufinden, wie Costard die Disty gegen sich aufgebracht hat. Vielleicht finden Sie da eine Antwort.«
    Nyquist musterte ihn eingehend. »Meinen Sie?«
    Nun war Flint an der Reihe, mit den Schultern zu zucken, und er tat es so verhalten und lässig wie Nyquist zuvor.
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Flint. »Nur gut, dass das nicht mein Fall ist.«
    Er machte kehrt und blieb vor den Lichtern stehen, die noch immer vor der Tür brannten.
    »Wissen Sie«, sagte Nyquist hinter Flints Rücken, »der Tod der Frau scheint Sie nicht sonderlich zu kümmern.«
    »Es tut mir leid, dass sie tot ist«, entgegnete Flint. »Sie war eine nette Frau.«
    »Aber?« Nyquist fischte noch immer im Trüben.
    Und Flint würde dem ein Ende bereiten.
    »Aber ich bin ihr erst vor ein paar Tagen begegnet und habe nur sehr wenig Zeit mit ihr verbracht. Es ist traurig. Und es tut mir leid, aber ich kannte sie nicht gut genug, um ihretwegen zu trauern.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen. Flint drehte sich nicht um und bat Nyquist auch nicht, das Warnlicht auszuschalten und ihn hinauszulassen.
    »Sie haben Recht«, sagte Nyquist endlich. »Es ist traurig. Allmählich fürchte ich, niemand hat sie gut genug gekannt, um um sie zu trauern.«
    Dann erlosch das Licht vor Flint. Er trat über die Schwelle hinaus auf den Korridor.
    »Ich habe vielleicht noch weitere Fragen«, sagte Nyquist zu Flints Rücken.
    »Ich bezweifele, dass ich noch weitere Antworten habe«, sagte Flint im Davongehen.

 
31
     
    D ie Situation in der Saharakuppel spitzte sich zu.
    Scott-Olson war in ihr Labor zurückgekehrt. Sie sah keinen Sinn darin, weiter der Konferenz beizuwohnen und zuzusehen, wie die Katastrophe ihren Lauf nahm. Sie konnte deren weiteren Verlauf so oder so auf unzählige Arten verfolgen – über einen Wandschirm, über ihre Links oder über einen der Schirme, die auf ihrem Hauptarbeitstisch montiert waren.
    Sie ließ die Wandschirme laufen – sie brauchte die Informationen; Information war für sie plötzlich so etwas wie eine Rettungsleine geworden –, aber sie schaltete ihre Nachrichtenlinks ab. Wenn die Informationen durch die Links kamen, erschienen sie ihr zu persönlich, zu direkt. Sie wollte nicht über die Katastrophe nachdenken, die über jene Stadt hereingebrochen war, in der sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte.
    Der Aufenthalt in ihrem Arbeitsbereich konnte sie kaum beruhigen. Sechs der mumifizierten Leichen lagen in ihrem Kühlschrank. Das Skelett von Lagrima Jørgen hatte seinen eigenen Tisch, und die orangefarbenen Knochen leuchteten im hellen Licht des Labors.
    Bald würden noch mehr Leichen diesen Raum füllen – einige davon menschlich, dem Bemühen zum Opfer gefallen, die flüchtenden Disty aufzuhalten, und ein ganzer Haufen Disty. Sie bezweifelte, dass die hiesige Todesschwadron überhaupt noch existierte, und so trieb sie ihr Team an, sich um die Disty-Leichen zu kümmern, sobald sie hereingebracht wurden.
    Sie hatte sich bereits ein Bett in dem kleinen Nebenbüro bereitet und riet ihren Assistenten, das Gleiche zu tun. Selbst wenn sie die Gelegenheit bekämen, nach Hause zu gehen, was im Moment allerdings unmöglich war – niemand konnte sich sicher im Freien unter der Saharakuppel bewegen –, würde sie selbst ihren Arbeitsplatz nicht verlassen, schließlich war sie die Leitende Gerichtsmedizinerin. Nicht jedenfalls, solange so viele Leichen auf dem Weg hierher waren.
    Jedes Mal, wenn Scott-Olson einen Blick auf den Wandschirm warf, sah sie ein Massaker. In mancher Hinsicht schien es ihr ebenso abscheulich wie das, dessen Überreste sie in der Disty-Sektion unter Massen von Marssand begraben vorgefunden hatte. Disty kletterten übereinander hinweg, um die Kuppel zu verlassen. Sie stießen einander zur Seite, trampelten sich gegenseitig nieder, und manche vergaßen sogar die lebenswichtigen Prinzipien der Disty und schlugen mit der Faust zu.
    Am schlimmsten ging es am Bahnhof zu. Es waren keine neuen Züge in der Kuppel eingetroffen, und es würden auch keine mehr kommen. Jemand hatte befohlen, den Zugverkehr zur

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