Miles Flint 05 - Paloma
er in einem Monat noch nicht fertig sein.
»Sie sehen entmutigt aus«, stellte sie fest.
Er unterdrückte den Wunsch, den Bildschirm zu verdecken. Sein Essen hatte er vollkommen vergessen. Das Pizzastück trocknete auf dem Teller neben seiner Workstation gemächlich vor sich hin.
»Das ist ziemlich viel«, sagte er.
»Zu viel? Brauchen Sie Unterstützung?«
»Ich kann das allein durchgehen«, sagte er. Nur nicht in einer Nacht.
»Ich habe hier gute Computerspezialisten«, entgegnete sie und biss sich gleich darauf auf die Unterlippe. »Allerdings nehme ich an, Sie sind besser.«
»Nicht besser«, widersprach er. »Aber wir wissen nicht, was wir hier haben. Es ist besser, das absolut vertraulich zu behandeln.«
»Mein Assistent ist mit ihrer Kleidung zurück«, sagte van Alen. »Soll ich ihn bitten, sie reinzubringen?«
Flint schüttelte den Kopf. »Ich hole Sie mir, wenn ich Pause mache.«
»Die werden noch glauben, wir würden hier drin ungehörige Dinge tun«, sagte sie.
»Ich dachte, Sie hätten ständig irgendwelche vertraulichen Besprechungen.«
»Nicht solche, die die ganze Nacht dauern und danach frische Kleidung erforderlich machen«, konterte sie.
Er lächelte. Und er nahm an, dass das in der Tat ein wenig merkwürdig wirken mochte. Aber das kümmerte ihn nicht. Wenn diese Sache den Eindruck eines Stelldicheins vermittelte, war ihm das lieber, als wenn jemand auf den Gedanken käme, es ginge hier um eine Anwältin, die ihren Klienten vor der Justiz schützte.
»Wissen Sie«, sagte er einen Moment darauf, »Sie sind so besessen von ihrer Stellung bei Gericht. Sollte ich wegen dieser Sache angeklagt werden, und die Klage wird nicht abgewiesen, dann leisten Sie gerade Fluchthilfe.«
Zum ersten Mal während des Gesprächs lächelte sie. »Dann wäre es meine Aufgabe, Sie dazu zu bringen, sich selbst zu stellen. Niemand fragt einen Anwalt, wo sich ein Flüchtiger aufhält, nur, ob er weiß, wie man Kontakt zu ihm aufnehmen kann.«
»Theoretisch sollten Sie mich sofort ausliefern.«
»Theoretisch«, sagte sie, »wurde ich nicht darüber informiert, dass Sie in irgendeiner Weise gesucht werden.«
Also hatte sie über diesen Punkt bereits nachgedacht. Er war nicht sicher, ob er darob erleichtert sein sollte oder nicht.
»Ich weiß nicht, was Paloma hier versteckt hat«, sagte er. »Ich dachte, es wäre offensichtlich, aber das ist es nicht.«
»Vielleicht liegt das daran, wie HazMat die Sachen heruntergeladen hat«, meinte sie.
Er schüttelte den Kopf. Daran hatte er selbst bereits gedacht.
Doch eines hatte er nicht bedacht: Vielleicht waren die neuesten Dateien auch die wichtigsten. Er sortierte die Dateien nach dem letzten Zugriffsdatum und stellte erleichtert fest, dass HazMat beim Download die Metadaten nicht zerstört hatte.
Er hätte nur ungern tief in den einzelnen Datensätzen herumgewühlt, um herauszufinden, von wann sie stammten, denn das hätte nur noch mehr Zeit gekostet.
Die Daten waren sortierbar. Die meisten lagen über vierzig Jahre zurück. Aber auf ungefähr fünfzig war erst in den letzten fünf Jahren zugegriffen worden. Und nur sehr wenige Dateien waren in den letzten paar Monaten geöffnet worden.
»Bingo«, flüsterte er und hoffte, dass van Alen ihn nicht gehört hatte.
37
K i Bowles konnte sich in Informationen schlicht verlieren. Das war jener Teil der Reportagearbeit, der ihr am liebsten war. Nicht die Interviews, nicht das Auffinden von Geschichten, ehe irgendjemand anderes aufmerksam wurde, nicht einmal die Sendung selbst. Was sie am meisten liebte, war, in Details herumzuwühlen und auf Gold zu stoßen.
Und erst jetzt wurde ihr klar, dass schon viel Zeit vergangen war, seit sie zum letzten Mal eine solch intensive Detailarbeit verrichtet hatte.
Sie hatte es vermisst.
Nachdem sie ihr Büro saubergemacht hatte, hatte sie sich Tee gekocht und sich an den Schreibtisch gesetzt. Sie hatte sogar den verbliebenen Bot verscheuchen müssen, der ihr eine Botschaft über ihre Links geschickt hatte, irgendeine vorgefertigte Nachricht, um sie darüber zu informieren, dass er darauf programmiert sei, ihr jedes Getränk zu liefern, nach dem es sie gelüstete.
Sie wollte sich ihre eigenen Getränke machen, erklärte sie dem verdammten Ding. Sie war es satt, ihr eigenes Leben nicht mehr selbst unter Kontrolle zu haben.
Ihre knappe Antwort überraschte sie selbst. Doch die Arbeit – einen Becher besorgen, etwas vorgekochtes Wasser aus dem Hahn zapfen und einen
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