Miles Flint 05 - Paloma
das?«, knurrte er.
»Meine Anwältin.«
Murray presste die Lippen zusammen und setzte eine ausdruckslose Miene auf. Offensichtlich wollte er nichts mit ihr zu tun haben.
»Sie hat mir die Daten der Lost Seas beschafft. Und genau bei diesem Schiff waren wir, als der Alarm losgegangen ist.«
Murray grunzte, nickte dann, als hätte er daran gar nicht mehr gedacht. »Trotzdem musst du verschwinden. Und wenn du das bald tust, tue ich so, als hätte ich nur die Anwältin gesehen.«
Flint zog van Alen weiter in den Raum hinein, damit er die Tür schließen konnte.
»Was, genau, habe ich angeblich in die Luft gejagt?«, fragte Flint und betete im Stillen, dass es nicht die Emmeline war.
»Die Taube«, sagte Murray.
»Palomas Schiff?«, fragte van Alen.
»Es ist in die Luft gegangen?«, hakte Flint nach.
Murray drückte den Handrücken an das Wandgerät. Dann zog er einen Chip hervor und reichte ihn Flint. »Sieh es dir selbst an, aber nicht hier.«
»Du wirst mich nicht festnehmen?«
»Warum sollte ich?«, gab Murray zurück. »Du hast es nicht getan.«
»Beruht diese Einschätzung auf deiner Kenntnis meiner Person?«, fragte Flint.
»Sie beruht auf etwas, das du gesagt hast«, entgegnete Murray grinsend und legte dabei seine gelblichen Zähne bloß. »Du hast gesagt, wenn du etwas Illegales tun wolltest, würdest du zuerst die Überwachungssysteme lahmlegen. Außerdem hat es einen Beamten erwischt. Du würdest nichts tun, was dazu führen könnte, dass jemand verletzt wird, umso weniger ein Kollege. Du hast zu viele Leben gerettet, um so etwas zu tun.«
Das Wort Kollege entlockte Flint ein Lächeln. Er hatte also doch Recht gehabt. So mürrisch Murray sich auch geben mochte, er traute Flint immer noch.
»Aber die glauben, du wärest dafür verantwortlich. Eine Tatortspezialistin war an Bord, als das Ding hochgegangen ist. Sie ist tot. Ein paar andere könnten verletzt worden sein.«
»Und das Schiff?«, fragte van Alen.
»Das Schiff hat seine Luke verloren. Ich glaube, das war eine Art Sprengfalle, die dazu ausgelegt war, jeden zu erwischen, der an Bord geht. So etwas hättest du auch einbauen können.« Murray sprach immer noch ausschließlich mit Flint, und in seinen letzten Worten schwang ein gewisses Maß an Spekulation mit.
Flint schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts dergleichen getan. Aber mich hat das Schiff erkannt, als ich an Bord gegangen bin.«
»Und wenn es das nicht getan hätte, meinst du, es hätte dich in die Luft gejagt?«
Flint runzelte die Stirn. Sollte das der Fall sein, dann hatte Paloma die Sprengfalle eingerichtet. Aber warum sollte sie das getan haben? Es passte irgendwie nicht zu ihr.
Dann schloss er die Augen, nur für eine Sekunde. Irgendwie schien nichts mehr zu ihr zu passen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Flint. »Seit wann suchen sie nach mir?«
»Die Meldung ist vor ein paar Minuten reingekommen. Ich würde mich aus dem Staub machen, wenn ich du wäre, und ich würde mich an deiner Stelle nicht ausgerechnet an einem meiner bekannten Schlupfwinkel verstecken.«
Flint nickte. Dann machte er Anstalten, sich zu van Alen und der Tür umzudrehen, hielt aber noch einmal inne. »Ist die Emmeline in Ordnung?«
»Keine Ahnung«, sagte Murray. »Alle Schiffe in der Umgebung können etwas abgekriegt haben oder auch nicht. Aber falls sie was abgekriegt hat, dann vermutlich nur Raummüll.«
Mit anderen Worten, ein möglicher Schaden wäre eher geringfügig.
»Danke«, sagte Flint.
»Nicht der Rede wert«, sagte Murray. »Das mit der Rede kannst du wörtlich nehmen.«
Flint grinste und öffnete die Tür. »Keine Sorge«, sagte er. »Ich werde kein Wort darüber verlieren.«
30
D eRicci saß auf ihrem Schreibtischstuhl, das Kinn auf die Handfläche gestützt, und starrte auf die Liste der Schiffe, die Popova ihr geschickt hatte. Fünfundsechzig Schiffe, alle in unterschiedlicher Weise unter Quarantäne gestellt, keines davon in Terminal 81. Einige hatte man über hundert Jahre lang an ihrem Anlegeplatz verrosten und verrotten lassen.
DeRicci schauderte, wollte gar nicht an all die Probleme denken, die dadurch hätten entstehen können. Krankheiten, Todesfälle, bestimmte Arten von Strahlenvergiftungen, die in der näheren Umgebung der Schiffe hätten auftreten können. Wer wusste schon, welche Art der Kontamination sich im Hafen ausgebreitet haben mochte?
Die Dekontaminationseinheiten waren zwar, wie sie durchaus wusste, eine kleine Hilfe, aber bestimmten Spezies
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