Miles Flint 05 - Paloma
Spiegelbild vor Popova zu verbergen. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Nyquist hatte den Hafen aufgesucht. Er war losgezogen, um sich die Taube anzusehen.
Flint würde Nyquist nicht umbringen. Aber Flint war fähig, jemanden umzubringen. DeRicci wusste es. DeRicci wusste von einem Vorfall.
Damals hatte er die Angelegenheit als gerechtfertigt eingestuft. Und sie auch.
Hatte er jetzt ebenso gedacht?
»Ist mit Detective Nyquist alles in Ordnung?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Popova in mildem Ton. »Wollen Sie hinfahren?«
DeRicci schüttelte den Kopf. Sie konnte beinahe die Stimme der Generalgouverneurin hören, die sie ermahnte, Dinge zu delegieren. Sie war keine Ermittlerin mehr, und in diesem Fall wusste sie nicht einmal, ob sie imstande wäre, die Ermittlungen durchzuführen.
Sie würde nicht objektiv sein können.
»Nein«, sagte DeRicci. »Da bin ich nur im Wege.«
Außerdem gab es im Hafen Vorschriften, die ihr nicht einmal gestatten würden, das Gelände zu betreten, es sei denn, sie ließ ihre Autorität spielen. Und wenn sie das tat, wäre sie wirklich im Wege.
Sie atmete tief durch und riss sich zusammen. Sie musste von hier aus aktiv werden, und sie durfte sich keine Gedanken über Nyquist machen. »Versiegeln Sie das Gebiet in der Umgebung des Hafens. Schicken Sie jemanden los, der sich um die Presseleute kümmert und dafür sorgt, dass keine Panik ausgelöst wird. Und finden Sie heraus, was da wirklich passiert ist.«
»Was werden Sie tun?«, fragte Popova.
Normalerweise hätte DeRicci diese Frage als dreist empfunden. Im Moment aber erschien sie ihr nur logisch.
»Ich werde Kontakt zu Nyquist aufnehmen«, sagte sie.
Sie wollte sich vergewissern, dass die Dinge nicht so waren, wie sie schienen.
31
B artholomew Nyquist war für niemanden zu sprechen, auch nicht für Noelle DeRicci. Seine Links waren deaktiviert.
Er befand sich in einer Dekontaminationskammer, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. Die Tür hatte sich hinter ihm geschlossen. Er konnte nicht mehr hinaus, selbst wenn er es versucht hätte. Er musste den ganzen Prozess durchlaufen.
Man erklärte ihm in verschiedenen Sprachen und allen möglichen Formen, er solle während des ersten Abschnitts der Dekontamination seine Kleidung anbehalten. Die Anweisungen, die überall über die Wände flackerten, machten ihn schwindlig. Die Stimmen, die in mehr Sprachen ertönten, als er auch nur erkennen konnte, gaben ihm das Gefühl, in einem überfüllten Raum zu sein.
Er hielt sich an die Anweisungen und ging zwei Schritte weiter in die nächste Kammer. Als sich die Tür hinter ihm schloss, sah er, wie sich die erste Kammer mit unzähligen kleinen Bots füllte. Ihre Aufgabe bestand darin, alle Spurenmaterialien einzusammmeln, die er hinterlassen hatte, ehe Wasser und Lichtbestrahlung die Kammer hinter ihm säubern würden.
Im Hafen gab es viele dieser Kammern. Ihm war nie bewusst gewesen, dass eine davon so nahe an Terminal 25 war, doch das ergab durchaus einen Sinn. Und es ergab auch durchaus einen Sinn, dass diese Dekontaminationskammer die eleganteste war, die er je gesehen hatte, bedachte man, wo er sich gerade befand.
Reiche Leute brauchten das Gefühl, stilvoll behandelt zu werden.
Aber als die Prozedur in der nächsten Kammer ihren Anfang nahm – einer Kammer, die in seinen Augen aussah wie eine riesige Röhre –, erkannte er, dass er alles andere als stilvoll behandelt wurde. Man unterzog ihn der gründlichsten Reinigung seines ganzen Lebens.
Die Lichtstrahlen, die über seine Kleidung wanderten, strahlten tatsächlich Hitze ab. Etwas legte sich auf sein Haar. Zuerst dachte er, es wäre eine Art Shampoo, doch dann wurde ihm klar, dass es eher eine Art Nanoreiniger war – winzige Bots, die jeglichen Schmutz von ihm absammelten und wer weiß wo verstauten.
Weitere Anweisungen in all diesen Sprachen (dieses Mal ohne Anzeigetafeln) begleiteten das Licht – hierhin drehen, diesen Arm heben, jenes Bein bewegen – und er kam sich erneut vor, als stünde er mitten in einem Gedränge, wiewohl er natürlich wusste, dass er allein war.
Er fragte sich, ob Zengotita diese Kontaminationskammer bereits hinter sich hatte oder ob sie sich lediglich in einem anderen Teil der Anlage befand, aber er hatte keine Möglichkeit, das herauszufinden.
Auch konnte er nicht ahnen, wie die Suche nach Flint verlief oder ob die Techniker, die sich alle wieder vom Boden erhoben hatten, wirklich überlebt hatten. Seine Ohren
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