Miles Flint 06 - Kallisto
Justizsysteme.«
»Sie denken, er hat Ihre Tochter umgebracht«, stellte Zagrando fest.
»Ja«, sagte Flint.
»Und Sie denken, Ihre Frau hätte damit nichts zu tun gehabt.«
Flint fühlte sich benommen. Ging es allen Leuten so, wenn sie verhört wurden? Oder lag das nur an der Aufregung des Augenblicks?
»Ja«, antwortete er. »Rhonda hat Emmeline geliebt. Warum sonst hätte sie sie klonen sollen?«
»Warum sonst«, wiederholte Zagrando in sanftmütigem Ton.
Flint legte den Kopf auf die Seite. »Sie denken, sie hatte andere Gründe.«
»Was ich denke, ist momentan nicht wichtig. Wir haben dringendere Probleme zu lösen.«
Flint kam nicht darüber hinweg, dass Rhonda ihre Tochter geklont hatte. Dass Rhonda in etwas verwickelt gewesen sein könnte, das zu Emmelines Tod geführt hatte. Rhonda, die ihm nie von der Gefahr erzählt hatte, in der ihre Familie geschwebt hatte.
»Talia braucht einen Vormund«, sagte die Anwältin, Gonzalez. Der Name der Frau lautete Gonzalez.
Flint zwang sich, sich zu konzentrieren.
»Talia?«
»Ihre Tochter«, erklärte Gonzalez. »Jedenfalls, soweit Sie nicht so denken wie die Gyonnese.«
»Sie heißt nicht Emmeline?«
»Nein«, entgegnete Gonzalez. »Aber sie braucht einen einstweiligen Vormund.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Flint. »Es geht ihr doch gut, oder? Sie wurde nicht entführt.«
Gonzalez erging sich in einer umfassenden Erklärung der Gesetze des Valhalla Basins, ehe sie ihm berichtete, dass Aleyd die Vormundschaft über das Mädchen beanspruchte.
»Der Konzern?«, fragte Flint. »Warum?«
»Sie sagen, Ihre Frau hätte dem durch ihre Unterschrift zugestimmt«, erläuterte Zagrando.
»Das überprüfen wir derzeit«, fügte Gonzalez hinzu.
Flint hätte beinahe gesagt, Rhonda würde nie irgendein derartiges Dokument unterzeichnen, aber er hätte bis zu dieser Woche auch nicht geglaubt, dass sie imstande gewesen wäre, ihm eine solch gewichtige Sache zu verheimlichen.
»Was will dieses Unternehmen mit einem fünfzehnjährigen Mädchen?«, fragte Flint.
»Dreizehn«, korrigierte Gonzalez. »Und sie hoffen, dass sie ein Verfahren vermeiden können, wenn sie Talia den Gyonnese anbieten.«
»Was für ein Verfahren?«, hakte Flint nach.
»Eines, das aufzeigt, dass Rhonda gegen die Gesetze der Allianz verstoßen hat, indem sie Klone geschaffen und das Originalkind versteckt hat. Ein Verfahren, das sich im Grunde gegen das ganze System der Verschwindedienste richtet.«
Van Alen hatte Flint erzählt, wie besessen die Gyonnese von den Verschwindediensten waren.
»Was würde aus dem Mädchen werden?« Flint war nicht imstande, das Mädchen als seine Tochter zu bezeichnen. Seine Tochter war vor Jahren verstorben.
»Wenn Aleyd sie bekommt?« Zagrando zuckte mit den Schultern. »Wir wissen es nicht.«
»Aber Sie haben eine Vorstellung.«
»Wir befürchten, dass sie sie den Gyonnese übergeben werden, die sie umbringen werden.«
»Haben die Gyonnese etwas mit der Entführung zu tun?«, wollte Flint wissen.
»Auch das wissen wir nicht«, sagte Zagrando. »Aber wir nehmen es an. Sie haben einen Beschaffer geschickt.«
Flint erschrak. »Einen Beschaffer? Keinen Kopfgeldjäger? Keinen Lokalisierungsspezialisten?«
»Rhonda war keine Verschwundene«, antwortete Zagrando.
Flints Hirn schaltete sich wieder ein. Er musste sich konzentrieren. Er durfte nicht über Rhonda oder das Kind nachdenken oder darüber, dass sie ihn vermutlich hintergangen hatte. Das alles war Vergangenheit. Er musste sich mit der Gegenwart befassen.
»Beschaffer«, sagte Flint. »Das ist alles, was Sie haben, richtig?«
»Tja«, erwiderte Zagrando, »wir haben den Lebenslauf Ihrer Frau, die Schwierigkeiten in Hinblick auf Talia und ein Holo von dem Verbrechen, das sich auf Gyonne ereignet hat und zu alldem geführt hat.«
»Ein Holo?«
»Am Ort der Entführung zurückgelassen«, antwortete Zagrando.
»Um Sie in die Irre zu führen?«, erkundigte sich Flint.
Zagrandos Gesicht verlor jeglichen Ausdruck. Offenbar hatte der Mann diese Möglichkeit überhaupt nicht in Betracht gezogen. All dieses Durcheinander um Aleyd und die Entführung – vielleicht war das alles nur ein ausgeklügelter Trick von Aleyd, um an das Kind heranzukommen.
»Was brauchen Sie für die Beantragung der einstweiligen Vormundschaft?«, fragte Flint.
»Nur ein paar Einzelheiten«, sagte Gonzalez. »Sie müssen ordnungsgemäß einreisen. Und dann gibt es im Valhalla Basin einen einheimischen Anwalt, mit dem ich
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