Miles Flint 06 - Kallisto
Ausrede einfallen. Ich möchte das Haus nicht verlieren.
Manchmal brachte Aleyd Leute vorübergehend in der Nähe des Betriebsgeländes unter, wenn die Firma dachte, irgend etwas Schlimmes wäre passiert. Dann wurde deren Haus einem anderen Angestellten zugewiesen, und man musste sich auf die Warteliste setzen lassen, nur um nach Hause zurückkehren zu dürfen.
Und es gab keine Garantie dafür, dass man in dasselbe Haus zurückkehren konnte oder auch nur in ein Haus gleichen Standards. Und Talias Mom wohnte in diesem Haus, seit sie in das Valhalla Basin gekommen war, gleich nach Talias Geburt.
Talia runzelte die Stirn und fragte sich, wie viel von dem, was sie zu wissen geglaubt hatte, der Wahrheit entsprach und wie viel nicht. Doch um das je herauszufinden, musste sie zunächst ihre Mutter finden.
Aber sie wusste nicht recht, was sie tun sollte. Hier ging es um eine echte, reale Entführung, und kein mondansässiger Anwalt konnte ihr da weiterhelfen.
Mom würde ihr verzeihen, wenn sie die Polizei riefe.
Hans war dabei, seine Außenlinks wiederherzustellen. ImAugenblick war das ganze Gebäude von der Außenwelt abgeschnitten. Wollte Talia Kontakt zur Polizei herstellen, würde sie es von der Veranda, vom Garten oder vom Bürgersteig aus tun müssen.
Sie stand auf. Sie wäre mehr als glücklich, diesen Ort zu verlassen.
Dennoch würde sie nicht zur Vordertür hinausgehen, da sie nicht sicher war, was sie dort erwartete. Sie würde hinten rausgehen und in den Garten laufen. Im Garten konnte niemand sie sehen. Er war so angelegt, dass die Bewohner ganz für sich bleiben konnten.
Sie lief in die Küche und hielt inne, als ihr Blick auf die Nebentür fiel. Eine Szenerie war auf der Tür abgebildet, ein windgepeitschtes Feld unter einem blauen Himmel. Das Licht wirkte fahl, verzerrte die Konturen der hohen Gräser und der Berge im Hintergrund.
Eine Uhr, die sowohl mit außerirdischen Symbolen als auch mit normalen Zahlen versehen war, zeigte den Lauf der Zeit. Ein Vehikel – es sah aus wie ein Flugwagen ohne Passagiere – schwebte tief über dem Gras. Wasser oder irgendeine andere Flüssigkeit troff von ihm herab.
Dann verschwand der Flugwagen, und das Gras verdorrte. Der Boden war rotbraun, färbte sich aber an manchen Stellen schwarz. Kreaturen tauchten auf – lange, dürre Dinger, die aussahen wie Seile mit Köpfen und Händen (die Finger waren ebenfalls lang und dünn, beinahe wie kleinere Versionen der Leiber). Dann knickten sie in der Körpermitte ein, bückten sich, um in der Erde zu graben.
Schwarze Dinger, beinahe wie Hundehaufen, kamen aus dem Boden hervor, und die Kreaturen falteten sich erneut zusammen und reckten die Hände dem Himmel entgegen.
Schließlich verblasste das Bild, und an seiner Stelle zeigten sich spanische Wörter und Zahlen auf dem Schirm: Zehntausend starben in der ersten Welle. Zwanzigtausend Familien haben Generationen genetischer Erben verloren. Dieser Vorfall hat sich noch zwei Mal wiederholt. Sechzigtausend Gyonnese haben mit ihrer Zukunft bezahlt.
Wie hat Rhonda Flint bezahlt?
Rhonda Flint war der Name, den ihre Mutter während ihrer Ehe getragen hatte.
Ein winziges Bild erschien in der unteren Ecke der Tür zusammen mit den Worten: Für weitere Informationen bitte hier berühren.
Talia streckte die Hand aus, hielt aber wieder inne. Konnte sie dem Beschaffer trauen? Was konnte er überhaupt wissen? Er wusste nur das, was die Leute, die ihn angeheuert hatten, die so genannten Gyonnese, ihm erzählt hatten.
Sie hatten ihm auch erzählt, wie er diese Bilder installieren und die Haussysteme deaktivieren konnte. Nur hatte er bei der Deaktivierung der Systeme ein paar Fehler gemacht.
Hatte er auch Fehler gemacht, als er den Schirm installiert hatte?
Oder war das eine Falle gewesen?
Es war kein Wunder, dass die Tür heiß gewesen war, als Mom sie hatte öffnen wollen. Es war kein Wunder, dass sie es bemerkt hatte.
Talia wandte sich von den Bildern ab und verließ die Küche. Im Wohnzimmer sah alles normal aus. In der Couch war immer noch eine Kuhle von ihrem Körper an der Stelle, an der sie gesessen und über ihre Links ein Video geschaut hatte, als der Beschaffer und sein unheimlicher Partner in den Raum geplatzt waren.
Sie legte die Hände an die Wangen, presste sie an ihr Gesicht, versuchte, sich zu beruhigen. Wenn sie zur Polizei ginge, würden die Leute denken, ihre Mutter wäre eine Massenmörderin.
Ging sie nicht zur Polizei, würde der Beschaffer mit Moms
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