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Miles Flint 06 - Kallisto

Miles Flint 06 - Kallisto

Titel: Miles Flint 06 - Kallisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Ordnung.«
    »Bestimmt«, erwiderte sie im besten Ton, einem Ton, der beinahe wie die Stimme ihrer Mutter klang, flüssig und warm, obwohl sie innerlich fror und mehr Angst hatte als je zuvor in ihrem Leben.
    »Ich wünschte, dieser Tag wäre anders verlaufen«, sagte er. Er wartete noch einen Moment, um ihr Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, doch als sie nicht reagierte, verabschiedete er sich sanft und ging zur Tür hinaus.
    Sie legte den Kopf an die Fensterscheibe. Sie war aus Plastik und fühlte sich warm an, womit sie nicht gerechnet hatte.
    Auch sie wünschte, der Tag wäre anders verlaufen. Sie wünschte, ihre Mom wäre nach Hause gekommen und hätte sie angebrüllt, weil sie die Schule geschwänzt hatte. Sie wünschte, sie hätte sich in Haus’ System gehackt und die Sicherheitsmaßnahmen neu angepasst, wie sie es schon seit Wochen tun wollte, aber nicht getan hatte, weil sie geglaubt hatte, Mom wäre damit nicht einverstanden.
    Sie wünschte, sie hätte sich früher aus dem Schrank befreien können, dann hätte sie die Männer davon abhalten können, ihre Mom mitzunehmen.
    Sie wünschte, sie wäre älter, dann wüsste sie genau, was zu tun war.

 
22
     
    D etective Iniko Zagrando schloss die Tür zu Talia Shindos temporärer Wohnstätte. Er rieb sich die Augen, staunte, wie müde er war. Dann wurde ihm klar, dass er gar nicht müde war. Er war überfordert.
    Das Mädchen hatte ihn gerührt. Er mochte sie.
    Was stets ein Fehler war. Er würde sich zu sehr in dem Fall verstricken, würde in zu vielen Nächten den Schlaf an ihn verlieren, und alles würde ein schlimmes Ende nehmen.
    So etwas nahm immer ein schlimmes Ende.
    Er warf einen letzten Blick auf die verschrammte Tür. Sie hatte so verloren ausgesehen, so tapfer, als sie vor dem Fenster gestanden und getan hatte, als würde die Aussicht reichen, ihre Stimmung zu heben.
    Wäre sie seine Tochter, er wäre wahrhaft stolz auf sie. Sie hatte sich den ganzen Tag bemerkenswert gut geschlagen. Als er und Bozeman sie gefragt hatten, was passiert war, hatte sie ihnen akkurate Informationen geliefert – mehrfach. Die meisten Erwachsenen waren dazu nicht fähig.
    Das Computersystem ihres Hauses bestätigte alles, was sie gesagt hatte, mit all dem, was es gespeichert hatte, obwohl der Beschaffer versucht hatte, die Sicherheitssysteme zu zerstören.
    Zagrando fragte sich, was er wohl noch finden würde, wenn er sich die speziellen Sicherheitsdateien des Hauses zu Gemüte führte. Er nahm an, da gab es noch einiges zu entdecken.
    Aber weniger als in den meisten anderen Häusern. DasMädchen war einfach zu schlau. Das Bedienfeld, das sie in dem Kleiderschrank installiert hatte, überstieg seine Fähigkeiten. Er hatte keine Ahnung, wie man so etwas anstellen konnte. Er hatte nicht einmal gewusst, dass so etwas überhaupt möglich war.
    Sie hatte ihr eigenes Leben durch ihre Cleverness gerettet. Niemand hätte sie gefunden. Niemand hätte erkannt, dass ihre Mutter verschwunden war. Dabei wäre es vermutlich die nächsten zehn Tage geblieben. Bis dahin hätte jeder normale Mensch schon zu viele Versuche unternommen, dem Kleiderschrank zu entkommen. Das Haussystem hätte in dem Opfer ein destruktives Element im eigenen Nest erkennen können.
    Dergleichen hatte er mehr als einmal erlebt.
    Noch einmal sah er sich wehmütig zu der Tür um, ehe er den Korridor hinunterging. Er hasste diesen Ort. Er hatte schon so viele Menschen – so viele Kinder – hergebracht, dass er ihn nur mit einem Gefühl des Verlusts in Verbindung bringen konnte.
    Aleyd kümmerte es nicht, wie viele Mitarbeiter, wie viele Familien kaputtgingen, während das Unternehmen Geld, Ruhm, Ländereien oder was immer diesem Laden vorschwebte nachjagte. Im Laufe der Zeit hatte er angefangen, in Aleyd etwas Fremdes zu sehen, so wie in den Disty oder den Wygnin, die ihm begegnet waren.
    Tatsächlich erschien ihm Aleyd sogar noch fremdartiger. Die Disty hatten ihren Glauben, ihre Träume und Ziele, genau wie er. Sie hatten Gebräuche, Familien, Gesetze, alles Dinge, die er verstehen konnte.
    Aleyd schien nichts dergleichen zu kennen. Sie machten Familien Versprechungen und vergaßen sie. Sie eroberten neue Territorien und ließen sie brachliegen. Sie entwickelten neue Produkte und schienen sich nicht darum zu scheren, ob diese Produkte einheimischen Lebensformen Schaden zufügten.
    Verdammt, sie schienen sich nicht einmal darum zu scheren, ob die Produkte menschlichen Lebensformen Schaden zufügten,

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