Miles Flint 06 - Kallisto
brauchen hatte er angehängt, als sei er dazu verpflichtet. Aber sie hatte auch die andere Botschaft verstanden. Er war der Ansicht, sie sollte sich einen Anwalt suchen, und zwar schnell.
Sie strich sich mit den Fingern durch das Haar. Wenn sie einen Anwalt anheuerte, verhielt sie sich, als käme ihre Mom nicht mehr zurück.
Abgesehen davon, dass Mom Talia in guter Obhut würde wissen wollen. Die ganze Anwaltsgeschichte war schließlich Moms Idee gewesen.
»Okay«, sagte Talia. »Muss ich zur Schule gehen?«
»Nicht sofort«, antwortete Zagrando. »Deine Mutter ist entführt worden, und du bist angegriffen worden. Wir müssen also davon ausgehen, dass deine Familie bedroht wird und dass diese Bedrohung dir auch in der Schule gefährlich werden kann. Ich gebe dir Bescheid, wenn ich glaube, dass du gefahrlos zurückkehren kannst. Inzwischen werde ich mir deine Schulaufgaben über meine Links schicken lassen und dir bringen.«
»Lassen Sie sich Zeit«, erwiderte Talia.
Zagrando lächelte. »Durch die Schulaufgaben hättest du immerhin etwas zu tun.«
»Gibt es hier keine Entertainmentlinks?«, fragte sie.
Er nickte. »Dir steht ein öffentliches Netz zur Verfügung, aber du kannst darüber nichts nach draußen senden. Deine eigenen Links werden während deines Aufenthalts deaktiviert, und wenn du Kontakt zu irgend jemandem aufnehmen willst, musst du das über mich oder Detective Bozeman tun.«
»Was ist mit den durchsuchbaren Datenbanken? Wenn ich Schulaufgaben machen soll, muss ich darauf zugreifen.«
»Du erhältst genug Informationen, um deine Aufgaben zu machen. Du kannst dich nur nicht mit dem Netz verbinden und die Aufgaben über deine Links in deine Klasse stellen.«
Sie nickte. Also konnte sie nur eingeschränkt auf Datenbanken zugreifen. Das war ärgerlich, aber wenn sie erst einmal drin war, konnte sie vielleicht irgend etwas drehen.
Zagrando musterte sie stirnrunzelnd. »Du führst doch was im Schilde.«
»Sie hören sich an wie meine Mutter«, kommentierte Talia.
»Ich kenne diesen Gesichtsausdruck.« Er löste die Hand von dem Bedienfeld. »Jetzt kannst du die Hand ausprobieren.«
Talia legte ihre Hand um die künstliche Hand. Das Ding war warm und fühlte sich an wie Gummi. »Igitt«, sagte sie und zog die Hand zurück.
Ein grünes Licht leuchtete über einer Fahrstuhltür auf, auf der eine riesige Drei prangte. Ein kleines Schild neben demFahrstuhl informierte sie darüber, dass er sie zum fünfzehnten bis neunzehnten Stock bringen würde.
Sie war noch nie so weit oben in einem Gebäude im Valhalla Basin gewesen. »Habe ich wenigstens ein Fenster?«
»Sehen wir doch einfach mal nach.« Zagrando wedelte mit der Hand, als wollte er sie zum Tanz auffordern. Sie ging an ihm vorbei und sah sich nach einer Taste um, die die Fahrstuhltür öffnen würde.
Doch als sie näher kam, öffnete sich die Tür automatisch für sie. Sie trat ein. Zagrando folgte ihr. Die Wände der Kabine waren braun und bestanden aus einem Material, das zugleich als Sensor diente. Selbst wenn Talia hier drin etwas anstellen wollte, konnte sie nicht. Hier wurde jeder Atemzug überwacht.
»Kann ich gehen, wenn ich will?«
»Nur, wenn ich oder Detective Bozeman zugestimmt haben.«
»Was ist, wenn Sie beide nicht im Dienst sind?«
»Einen Ruf von dir werden wir immer beantworten«, versprach Zagrando.
»Einen Ruf?«, hakte sie nach.
»In deinem Apartment ist ein Rufknopf, und wenn du dein Apartment verlassen darfst, kannst du deine Links benutzen.«
Sie schauderte. »Ich wusste nicht, dass ich eine Gefangene bin.«
»Das bist du nicht«, sagte er.
Der Fahrstuhl ruckte an. Dann fühlte sie, wie er nach oben sauste. »Gefangene können nicht kommen und gehen, wann sie wollen.«
»Du steckst aber nicht in Schwierigkeiten«, erwiderte er. »Das ist offiziell eine Schutzhaft. Du musst überwacht werden, falls die falsche Person sich an dich heranmacht.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, das wird er nicht.«
»Ich weiß«, sagte Zagrando, »und halte ich das geglaubt, dann hätte ich dich in einem Hotel untergebracht.«
Er starrte die Wand an, während er mit ihr sprach, statt ihr in die Augen zu sehen, und ihr wurde klar, dass ein Teil seiner Worte für die Überwachungsanlage bestimmt war.
»Ich war noch nie zuvor allein«, flüsterte sie.
Sein Blick suchte ihre Augen. Er studierte sie eine Weile eingehend, als wollte er herausfinden, ob sie die Wahrheit gesagt hatte.
Das hatte sie. Ursprünglich war die Aussage
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