Miles Flint 06 - Kallisto
als prozessbevollmächtigte Anwältin von Talia Shindo ausgewiesen und um sämtliche Akten über Arrestbefehle, Zwischenfälle und Rechtsbrüche gebeten hatte, die mit Shindos Namen in Verbindung standen.
Außerdem hatte Gonzalez die gleichen Informationen für Rhonda Shindo/Flint angefordert.
In Armstrong hätte Gonzalez die gewünschten Informationen umgehend erhalten. Bisher hatte sie nicht den kleinsten Pieps über ihre Links empfangen.
Nicht mehr lange, und sie würde Oberholst bitten müssen, die Anfrage an ihrer Stelle zu stellen, was sie selbst als eine Art persönliches Versagen empfinden würde.
Oder sie würde das Police Department aufsuchen müssen, um zu sehen, was sie dort zu Tage fördern konnte.
Denn sie wusste, dass da irgend etwas sein musste. Talia hatte gefragt, ob sie sich an die Behörden wenden sollte. Als sie schließlich die Verbindung zwischen den Systemen unterbrochen hatte, war ihr keine andere Wahl geblieben. Vermutlich hatte sie sich an die Behörden gewandt.
Oder sie war verschwunden.
Gonzalez hoffte, dass das Kind nicht verschwunden war, denn sollte das der Fall sein, so mochte sie inzwischen bereits weit von Kallisto entfernt sein.
Endlich flackerte vor Gonzalez’ linkem Auge eine Botschaft auf.
Angeforderte Informationen unter Verschluss. Offizielle Vertreter und Beteiligte wenden sich zwecks weiterer Informationen an Detective Dowd Bozeman oder Detective Iniko Zagrando.
Unter Verschluss? Informationen über ein Kind?
Gonzalez’ Magen tat einen Satz. Dann war sie womöglich doch verschwunden.
Was bedeuten würde, dass sie schon jetzt zu spät gekommen war.
32
D as Schiff war vollkommen anders als alle, die Rhonda bisher zu sehen bekommen hatte. Nun, da die grünen Lichter und die Schutzbarrieren ihr nicht länger den Weg wiesen, konnte Rhonda sich das ganze Schiff ansehen, und sie fand keinen der Vorzüge, die sie gewohnt war.
Nicht, dass sie je im großen Stil gereist wäre, nicht einmal in ihren Anfangstagen bei Aleyd. Damals hatte sie die zweite Klasse auf Passagierschiffen gebucht. Als sie und Talia nach Kallisto gezogen waren, waren sie auf der Fähre gereist, die Aleyd gelegentlich für neue Mitarbeiter mietete. Sie hatte eine große Kabine bekommen, weil sie mit einem Neugeborenen unterwegs war. Ihre Habe war entweder unter Deck oder auf einem Frachter verstaut worden.
Vermutlich in einem Schiff, das diesem sehr ähnlich war.
Keine Annehmlichkeiten, keine Passagierkabinen. Nur Decks über Decks mit gleichartigen Korridoren, schmucklos und bisweilen ohne jede Beleuchtung. Einige mit Nummern versehene Türen ließen sich nicht öffnen, und sie konnte nur daraus, dass die Nummern demselben System angehörten wie diejenigen an der Tür zu dem Frachtraum, in dem man sie gefangen gehalten hatte, schließen, dass es sich um Frachtraumtüren handelte.
Sie begegnete keinen weiteren Mannschaftsmitgliedern und fand auch keinerlei Anzeichen für die Existenz anderer Personen an Bord, wofür sie dankbar war.
Aber sie war immer noch zittrig. Ein Teil von ihr konnte nicht fassen, dass sie dem Kahlkopf eine weitere Injektion verabreicht hatte. Ein Teil von ihr konnte nicht fassen, dass sie ihn tatsächlich umgebracht hatte.
Und die Ironie an der Sache, das, was sie am meisten erschütterte, war, dass sie seinen Tod als den ersten von ihr selbst herbeigeführten betrachtete. Wie sehr sie dieses Gefühl auch niederzukämpfen suchte, es war da.
Sie hatte ihn berührt. Sie hatte mit ihm geredet. Sie hatte am Ende sogar ein wenig Mitgefühl mit ihm empfunden, und doch hatte sie ihn getötet.
Hätte sie nur voraussehen können, wie lange sie brauchen würde, um von diesem Schiff zu fliehen. Wäre sie nur stark genug, zu den Leuten zu gehören, die nicht das Leben eines anderen opferten, um das eigene zu schützen.
Aber es ging nicht nur um ihr eigenes Leben. Sieben junge Mädchen hingen von ihr ab, ob sie es wussten oder nicht.
Sieben.
Und wenn sie irgendeinen Fehler beging, wenn sie die falsche Information preisgab, dann konnte jede von ihnen – oder alle zusammen – den Tod finden.
Sie war nicht sicher, was aus Talia geworden war, dem einzigen Kind, das für sie so real gewesen war wie der kahlköpfige Mann. Plötzlich stutzte Rhonda. Das war nicht ganz richtig. Emmeline war auch real. Emmeline, die Rhonda nicht mehr gesehen hatte, seit sie ein Kleinkind gewesen war, sie war auch real. Nur hatte sie seine Entwicklung nur bis zum Stadium eines kleinen
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