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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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der Bürgermeister den Interpreten der
Hausherrin vor. Stankovski war irgendwo zwischen dreißig und vierzig Jahre alt.
Ziemlich groß, er trug sein brünettes gewelltes Haar lang. Die braunen Augen
strahlten eine Wärme aus, von der Nora Kaindel fasziniert war. Die seidenen Wimpern
konnte sie im Dämmerlicht nicht erkennen. Als er ihre Rechte mit beiden Händen
nahm und zum Handkuss hob, wobei seine Lippen Noras Handrücken kaum berührten,
bemerkte Nora seine feingliedrigen Finger. Ihren Handrücken berührte er nicht,
aber ihr Herz. Diese kurze Begegnung und die Blicke, die sie mit dem Künstler
austauschte, waren für die Umstehenden unübersehbar. Julia bemerkte von all dem
nichts, der Bürgermeister hatte sie mit Beschlag belegt und saß mit ihr an
einem der kleinen Tische. Dass diese kurze Begegnung nicht die Letzte war,
wussten beide. Zwei Tage später fand sich in Noras Geschäftspost ein Brief,
indem Phillip Stankowski sie um ein Treffen bat. Nora zögerte nicht und rief
ihn am nächsten Tag an.
    Am
liebsten hätte sie sofort zum Hörer gegriffen, doch ein wenig sollte der Mann
doch warten, schließlich sollte er sich ihrer nicht allzu sicher sein. Nora
hatte nicht allzu viele Männerbekanntschaften in ihrem Leben ausgekostet, doch
so viel wusste sie mit Sicherheit: Der Mann musste warten, das gehörte einfach
zum Spiel. Nora benahm sich wie ein junges Mädchen, sie wusste es und genoss
es. Sie verabredeten sich schließlich bei einem verschwiegenen kleinen Heurigen
in der Wachau …
     
    Mit
einem Schlag war sie wieder in der Gegenwart. Seufzend räumte sie den Tisch ab
und verließ die Küche. Die Gedanken an dieses erste Treffen wirbelten durch
ihren Kopf und sie versuchte, sich zu konzentrieren. Nach ein paar Minuten
stand sie abrupt auf und ging in den Ostflügel des Gebäudes. Dort betrat sie
ein mit rostbraunem türkischem Marmor verkleidetes Badezimmer und zog sich aus.
In der begehbaren Dusche ließ Nora sich einige Minuten lang von mehreren harten
Wasserstrahlen massieren. Durch eine Seitentür betrat sie das Schlafzimmer. Das
Eckzimmer hatte riesige Dimensionen. Siebzig Quadratmeter mit hohen zweiflügeligen
Fenstern. Die Wände waren mit dunkelblauem Samt bespannt. Aquarelle und
Radierungen, alles Originale, hingen an den Wänden und
im Bett lag eine aufregende Frau. Sie war ein Abbild von Nora, Julia, ihre
Zwillingsschwester. Sie trat ans Bett und beugte sich zu ihrer Schwester
hinunter und küsste sie.
    »Julia,
ich muss etwas mit dir besprechen, ich lege mich zu dir, okay?«
    »Das
trifft sich gut … ich habe auch etwas zu sagen.«, Julias Stimme klang
keineswegs freundlich.

 
    Friedhof
Wolfsthal, zwei Tage später
    Die
Beerdigung des Kommerzienrates war ein Jahrzehntereignis im Dorf. Die gesamte Gemeinde
und zahllose Menschen aus der Umgebung nahmen an der Beerdigung teil.
    In
der vorangegangenen Nacht wurde die Gegend von einem schweren Gewitter heimgesucht.
Jetzt strahlte der Himmel in Postkartenfarbenem blau. Kaiserwetter. Der Sarg
wurde von zwei Schimmeln gezogen. Der Dechant ging unter einem Himmel, den vier
Ministranten trugen. Der Trauerzug nahm kein Ende. Die Blaskapelle intonierte
Beethoven - nicht ganz fehlerfrei, aber erkennbar.
    Hans
stand am Kopfende des Grabes und sah ein letztes Mal in die Grube - nichts
Ungewöhnliches war zu erkennen. Nur ein paar Pfützen vom nächtlichen Gewitter
waren auf dem Boden des Grabes auszumachen. Die Standschützen nahmen
Aufstellung und die Grabredner formierten sich. Der Verblichene gehörte der örtlichen
Prominenz an und war ein großzügiger Gönner von Vereinen und der Feuerwehr
gewesen. Dementsprechend groß war der Andrang an seinem Grab. Während sich der
Sarg in die Grube senkte, bliesen die Jäger das Horn und die Schützen feuerten
drei Salven in die Luft. Ein bitterer Geruch verbreitete sich. Nach zwei Stunden
war die Zeremonie vorbei, der Verstorbene hatte seine ewige Ruhe gefunden. Die
Sonne brannte vom Himmel, als Hans sich an die Arbeit machte und das Erdreich
auf den Sarg warf.
    Während
die Bürger von Wolfsthal sich auf Kosten der Erben des Verblichenen in den Wirtshäusern
stärkten, fuhr im Schlösschen ein Taxi vor.
    »Guten
Morgen, Frau Kaindel. Wohin darf ich Sie bringen?«, erkundigte sich der Fahrer
servil. Er wäre kein Mann gewesen, wenn er die Frau im weißen Hosenanzug nicht
aus den Augenwinkeln heraus sorgfältig gemustert hätte - nicht zum ersten Mal.
Das Ergebnis seiner Expertise war immer dasselbe: einfach

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