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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition)
Autoren: Friedrich Strassegger
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Thomas Szabo, derzeit freiberuflicher Volontär beim
Wochenspiegel. Die Anstellung war zum Leidwesen seiner Eltern in unerreichbarer
Ferne und das Konto um die Mitte des Monats mit Sicherheit leer.
    »Jetzt
kann ich saufen so viel ich will, den Führerschein bin ich schon los!«,
entgegnete Ferry, nahm einen ordentlichen Schluck und bestellte gleich
Nachschub.
    »Etwas
ganz anderes … du kennst doch die Kaindel, die rote Nora?«
    »Die mit den Kommunisten in Berlin, meinst du die?«
    »Genau. Und jetzt verrate ich dir was. Sie ist abgängig und ihre
Auftraggeber suchen die Frau jetzt verzweifelt, weltweit! Ohne sie kommen die
Knaben nämlich nicht an die Gelder ran, kapiert?«
    »Natürlich
versteh ich, was du sagen willst. Aber einfach verschwunden? Entführt oder geflüchtet?
Und warum braucht man die Kaindel, um ans Geld zu kommen?«
    »Kompliziert.
Das weiß niemand genau. Eine Entführung scheint eher unwahrscheinlich. Waldegg
vermutet, dass sie mit einem ordentlichen finanziellen Polster abgetaucht ist.
Schließlich ist sie Treuhänderin über -zig Milliarden. Da ein paar Brösel
abzustauben ist sicher eine Versuchung, der nicht jeder widerstehen kann.«
    »Ich weiß. Wir berichten laufend über die Geschichte.« Ferry
nickte.
    »Möglich, ich muss gestehen, dass ich den Wochenspiegel nicht
lese. Wusstet
ihr denn überhaupt, dass sie abgängig ist? Die
Vermutungen gehen vom absichtlichen Untertauchen, über Entführung hin bis zu
einem Unfall. Jedenfalls ist sie angeblich an der Côte d’Azur am helllichten
Tag verschwunden. Alles höchst undurchsichtig, selbst die Verwandten, niemand
regt das scheinbar auf. Ihre Dokumente, Geld und so weiter, alles im Hotel
geblieben.« Ferry stärkte sich mit einem Schluck Bier, lehnte sich zurück und
spann dann seine Gedanken laut weiter.
    »Das
alles kann natürlich inszeniert sein - oder auch nicht! Das wäre ganz
interessant zu wissen. Waldegg hält es für möglich, dass die Stasi das Theater
selbst inszeniert oder die Kaindel abgemurkst hat - definitiv weiß er gar
nichts, alles graue Theorie.« Thomas war Feuer und Flamme. »Darf ich dich zitieren?«
    »Bist
du verrückt! Ich habe zufällig ein Memo vom Waldegg gelesen, es war sicher
nicht für mich bestimmt! Mein Bedarf an Problemen ist derzeit gedeckt! Eines
sag ich dir, wenn du mich in irgendeiner Form reinziehst - ich bestreite alles.
Alles, hast du kapiert. Ich kenne dich nicht mehr!«
    »Reg
dich ab, es war ja nur eine Frage. Wenn ich dich in Schwierigkeiten bringen
wollte, dann hätte ich dich sicher vorher nicht gefragt. Oder?«
    Die
nächste Ladung Bier war im Anmarsch. Der gschwinde Ferdl beruhigte sich mit
jedem Seidel, das durch seine Kehle rann. Am Ende war er bester Laune und hatte
die Widerwärtigkeiten des Tages überwunden - zumindest bis zum grausigen
Erwachen.

 
    Genf,
Juli 1991
    Madame
Couvre, etwa um die sechzig, war eine ausgesprochen aparte Dame. Der
violettblaue Schimmer im weißen Haar gab ihrem erlesenen Outfit den letzten
Touch. Sie ging in ihrem Büro auf und ab, während ihr Zuhörer gemütlich im
Besucherstuhl saß. »Ich nutze jeden Augenblick, um zu gehen, wenn es irgendwie
möglich ist. Mein Rücken!«, erklärte sie ihr Verhalten. Am Telefon war die
Anspannung bereits deutlich zu spüren gewesen. Madame bat Kommissar Patry sie
aufzusuchen und berichtete in Stichworten vom unerklärlichen Verschwinden des
Notars und seiner Frau. Die Bedrängnis, in der sich die Anruferin befand, war
nicht zu überhören. Kommissar Alain Patry des Departments de Police störte ihr
rastloses auf- und abwandern nicht. Er hörte zu und überlegte, ob die
Vermutungen der Frau nachvollziehbar waren. Patry war kein Detektiv im
herkömmlichen Sinn. Er war mehr ein Philosoph denn ein Kriminalbeamter und
hatte einige Semester Philosophie an der Sorbonne studiert. Manchmal hatte er
Mühe den einen oder anderen seiner Kunden nicht spüren zu lassen, wie sehr er
ihn verstand. So tief sah er in die Köpfe seiner Klienten. Immer öfter saßen Menschen
bei ihm, die in ihrer Verzweiflung gegen das Gesetz verstießen, ohne jemals
zuvor kriminell geworden zu sein, weil sie den Stress und die Ängste nicht mehr
ertragen konnten. Der permanente Druck im Alltag stieg ständig weiter an und
ließ die Menschen seelisch krank werden. Burnout nannten es die Psychiater.
Wenn dann drückende finanzielle Sorgen oder Probleme mit dem Partner dazukamen,
dann rastete so mancher aus und lief Amok. Ganze Familien wurden
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