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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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erinnerte an Weihnachten, als sie noch ein Kind war. Nein, es
waren Tausende von Weihnachten an einem einzigen Tag!
    Ihre
Geistesabwesenheit ließ sie sogar das Zeichen zum Anschnallen überhören. Erst
als die Stewardess sie freundlich darauf aufmerksam machte, kehrte Nora wieder
in die Realität zurück und schloss den Sicherheitsgurt. Sie warf einen Blick
aus dem Fenster und sah den Neusiedlersee unter sich. In wenigen Minuten würde
der Airbus in Wien Schwechat landen. Noch einmal schweiften ihre Gedanken kurz
ab. Noras Gedanken schwelgten in der jüngsten Vergangenheit und sie mochte
nicht daran denken, dass sie selbst es gewesen war, die ihr eigenes Glück eine
Zeit lang boykottiert hatte.
    Leider
waren es nicht nur angenehme Begebenheiten, wie ihre große Liebe, die sie
gefunden hatte, sondern es bedrückte sie auch eine schwere Bürde. Wochenlang
hatte sie versucht diesem Dilemma zu entkommen – vergeblich.
    Sie
trat in Schwechat aus dem Ankunftsgebäude des Flughafens und ignorierte die
Blicke der männlichen Reisenden. Ihre Gedanken kreisten um die bedrückende
Aussprache, die ihr bevorstand. Sie würde gezwungen sein, dem Menschen, der ihr
nahe stand wie kein Zweiter, eine schwere Kränkung zuzufügen. Das belastete
Nora, sodass sie manchmal kaum in der Lage war, klar zu denken. Gerade jetzt
hatte sie wieder einen dieser kurzen Anfälle. Sie schloss für einen Moment
erschöpft die Augen. Noch nie zuvor in ihrem Leben musste sie so etwas
durchstehen. Diese furchtbare Qual drückte nicht nur auf ihr Gemüt, es griff
sie auch physisch an. Wenig später hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
Einerseits war sie über die innere Aufruhr, die sie seit Wochen belastete,
zutiefst erschrocken, zum anderen quoll ihr Herz über, wenn sie an die große
Liebe ihres Lebens dachte, die sie gefunden hatte. Sie wusste, es war sinnlos
gegen diese Empfindungen anzukämpfen. Die Entscheidung in ihrem Innersten war
gefallen. Die Wankelmütigkeit, der vermeintliche Kamp, reine Spiegelfechterei.
Dass Nora damit einem Menschen, den sie über alles liebte und dem sie
jahrzehntelang ihre ganze Zuneigung geschenkt hatte, unsagbar verletzen würde,
betrübte sie. Es war ein zermürbender Gewissenskonflikt, der sie seit Wochen peinigte.
Nora grübelte, wie sie ihr Dilemma lösen konnte.
    Der
emotionale Zwiespalt, der ihre Gemütsverfassung dominierte, steigerte sich bis
zur Unerträglichkeit. Sie konnte und wollte die Menschen, die sie liebte, und
die ihr so viel bedeuteten nicht länger belügen und hintergehen. Verzweifelt
suchte sie nach den richtigen Worten - und fand sie nicht, weil es diese nicht
gab. Erst recht nicht in der Sprache der Liebenden.
    Hans,
ihr passionierter Gärtner, Hausmeister und Chauffeur, hauptsächlich jedoch
Stiefvater - wobei die Betonung keinesfalls auf Stief lag - erwartete sie. »Na,
wie war es bei den Preußen drüben in der Reichshauptstadt?«, wurde Nora von ihm
aufgeräumt begrüßt:
    »Ein
Gericht, was soll ich dir sagen. Ein riesiger Auflauf, viel Lärm um nichts …«
    »Jetzt
bist ja wieder hier, mein Gott, wenn ich an den Wirbel in den Zeitungen denke.
Man könnte meinen, dass das Schicksal der ganzen Welt von dir und diesem
verdammten Geld abhängt!«
    »Vielleicht
hängt es von mir ab!«, lachte Nora die sich ganz gelöst gab.
    »Blödsinn,
es dreht sich nur ums Geld.«
    »Ach
Hans, in welcher Welt lebst du?«
    »Jedenfalls
nicht bei den Verrückten, mit denen du zu tun hast!«
    Hans
hatte die Veränderung an Nora bemerkt, spürte, dass ihre Heiterkeit aufgesetzt
war und nicht aus dem Inneren kam. Doch er schwieg und sprach sie nicht an.
Schweigen, das war eine der Tugenden, die ihn auszeichneten. So Mancher
behauptete: Hans zelebriert das Schweigen.
    Er
steckte in einem grauen Kammgarnanzug. Wie ungern er diese Kleidung trug, sah
man ihm an. So wie Hans in diesem Anzug daherkam, so mussten sich auch die
Ritter seinerzeit in ihrer schweren Rüstung bewegt haben. Genauso bezeichnete
er seinen Dienstanzug auch: Ritterrüstung. Jeder Schritt ein Tritt - so kam die
treue Seele daher. Nora hatte ihm bereits mehrfach angeboten etwas Bequemeres
zu kaufen, doch das widersprach seiner Philosophie vom bescheidenen Dasein.
»Diesen Anzug haben wir und den trage ich auf!« Hans war und blieb zeit seines
Lebens mit Passion ein solider, einfacher Mann.
    Nora
lächelte und dachte an ihre unbeschwerte, fröhliche Kindheit, die sie Hans zu
verdanken hatte. Nie würde sie seine Fürsorge und Zuverlässigkeit

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