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Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
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Der Rückflug sollte eine
Woche später erfolgen, das ist Faktum. Für eine Woche hatte sich die Dame im
Negresco einquartiert. Nach drei Tagen verschwand sie spurlos. Keine
Menschenseele hat beobachtet, wie sie das Haus verließ. Das Gepäck, Geldbörse
und sogar die Handtasche sind in der Suite geblieben. Später fand man noch ihr
mobiles Telefon in der Lade eines Nachtschranks. Sie selbst wurde nicht mehr gesehen,
auch nicht außerhalb des Hotels. Das ist der Stand der Dinge. Ach ja, ihr Pass
lag an der Rezeption des Hotels. Soll ich bei den Behörden intervenieren? Ich
habe in Monaco eine Korrespondenzkanzlei.« Der Oberst hob seinen bauchigen
Cognacschwenker, hielt ihn gegen das Sonnenlicht und schloss kurz die Augen. Dann
betrachtete er nachdenklich die honigfarbene Flüssigkeit im Schwenker.
Schließlich trank er das Glas leer und verkündete:
    »Gut,
lassen Sie mich wissen, wenn Sie weitere Unterstützung brauchen. Die Behörden,
nein, vorerst lieber nicht. Wir warten noch. Ein Wirbel in den Medien ist das
Letzte, was wir jetzt brauchen.«
    Der
Oberst erhob sich, deutete eine kurze Verbeugung an und entfernte sich
federnden Schrittes. Der Anwalt verlangte die Rechnung, blickte auf die Uhr und
sah, dass er sich beeilen musste, wenn er seine Maschine nach München nicht
verpassen wollte. In Tegel rief er seinen Kollegen in München an und bat, er möge
zum Flughafen kommen. Von Waldegg hatte in Riem einen Anschlussflug nach Wien.
Man würde sich um eine gemeinsame Sprachregelung mit den aufgebrachten Klienten
in Berlin bemühen müssen. Alles konnten die Anwälte ertragen, nur nicht, wenn
man ihnen einen dicken Fisch entreißen wollte, und diese Akte war ein ganz
dicker Fisch. Diese Klientel musste bei Laune gehalten werden bis zum bitteren
Ende.
    Während
des einstündigen Fluges ging er alle Varianten durch, die denkbar und vor allem
für die weltfremden Ostler nachvollziehbar waren. Er kannte seine Pappenheimer
- wenigstens dachte er das - und war überzeugt, dass deren Vorhaben kaum deckungsgleich
mit den einschlägigen Gesetzen war. Doch das tangierte die findigen Juristen
nicht - sie waren keine Hüter des Gesetzes, sondern Anwälte. Naturgesetze
konnte selbst die HVA nicht außer Kraft setzen. Er war Rechtsanwalt und würde
alles veranlassen, was den Interessen seiner Mandanten dienlich war - dabei
aber selbst niemals gegen das Gesetz verstoßen. Daran konnte das fürstliche
Honorar auch nichts ändern. Moralische Bedenken waren es keinesfalls, die einen
Verstoß gegen das Gesetz für den Anwalt unmöglich machten. Der Anwalt hatte es
schlichtweg nicht nötig ein Risiko einzugehen. Er bereicherte sich legal. Der
Mafia-Weisheit, dass ein Anwalt mit seiner Aktentasche mehr stiehlt, als
hundert Männer mit Maschinenpistolen war nichts hinzuzufügen.

Wien, Juli 1991
    Der
Tag war ein denkwürdiger für Dr. Ferry Lugner. Spitzname: Der gschwinde Ferdl,
weil er angeblich die hundert Meter einmal unter zehn Sekunden gelaufen war.
Ein Kommilitone prägte den zweideutigen Spruch: Der Ferry rennt schneller als
er denkt. Denkwürdig nicht nur, weil es sein dreißigster Geburtstag war. Nein,
er war zusätzlich zum zweiten Mal bei der Rechtsanwaltsprüfung durchgefallen,
was seinen Chef Dr. Eberhardt von Waldegg zur spöttischen Äußerung veranlasste,
dass ein Konzipient für die Kanzlei ohnehin billiger sei als ein zugelassener
Rechtsanwalt. Trotzdem wurde in der Kanzlei Sekt getrunken - Ferrys Kollege
hatte die Zulassungsprüfung schließlich auf Anhieb bestanden. Nicht genug
damit, sein Wagen stand im Parkverbot, eine kurze Diskussion mit einer
Politesse, die sich bedroht fühlte und ihre Kollegen zu Hilfe rief. Das
Knöllchen hätte er verschmerzt, aber dass er einen Alkotest absolvieren musste
- der 0,9 Promille ergab - war peinlich. So saß der frisch entscheinte, noch
immer Konzipient, mit hängendem Kopf beim dritten Bier im ehemaligen Meissl
& Schadn, wo der Sozi Adler den Grafen Stürgkh, Ministerpräsident der
Donaumonarchie, seinerzeit den Tafelspitz vergällte, indem er ihm eine Kugel in
den Kopf schoss. Der Sohn des Arbeiterführers hat überlebt, der Graf nicht. Der
Oberkellner war empört, weil der Attentäter nicht einmal die Geduld aufbrachte,
mit seinem Geschäft zu warten, bis der Graf sein Rindfleisch verzehrt hatte.
    »Am
besten ich erschieß mich auch gleich, wenn ich schon hier bin!«
    »Red
nicht so einen Unsinn daher. Sauf nicht so viel!«, riet ihm sein Freund und
ehemaliger Studienkollege

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