Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milliardengrab (German Edition)

Milliardengrab (German Edition)

Titel: Milliardengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Strassegger
Vom Netzwerk:
bohrendes Fragen von mir kamen, klangen vernünftig.
    Die
Prozedur in Lichtenstein glich der in der Schweiz aufs Haar. Möglich, dass ich
es mir nur einbildete, aber mir kam es so vor, als würden die mich mit einer
Herablassung behandeln, die ich so noch nie verspürt hatte. Vielleicht waren
zwanzigtausend Franken im Fürstentum etwas, das einen Menschen zum Sozialfall
degradierte. Und dann kam Österreich. Dort wurde man nicht fotografiert und ich
eröffnete nur Sparbücher mit dem Losungswort »Fuchs«.
    Dass
ich dort nicht fotografiert wurde, war der einzige Unterschied. Auch Pass
musste man keinen zeigen. Es war schon ein eigenartiges Gefühl, zumindest
anfangs. Man kam in eine Bank, ging zum Schalter und verlangte ein Sparbuch.
Der Angestellte fragte nie nach meinem Namen oder einem Ausweis. Er sagte nur:
»Wie soll das Sparbuch heißen?«
    Ich
orderte wie ein alter Routinier: »Überbringer. Losungswort: »Fuchs«.
    Überbringer,
so lauten neunzig Prozent aller Sparbücher in Österreich, hatte der Finanzprofi
Schubert mich aufgeklärt. Dann zahlte ich an der Kasse zweihunderttausend
Schilling ein und bekam das Sparbuch, in dem auch die Kontonummer eingedruckt
war. Abheben konnte man nur unter Vorlage des Sparbuches und Angabe des Losungswortes.
Ausweisen musste man sich nie.
    Völlig
aus heiterem Himmel sagte Schubert eines Tages: »Wir sind fertig.«
    »Allerdings
habe ich auch eine weniger gute Nachricht. Ich soll dir bestellen, dass du
deinen letzten Beruf in deinem eigenen Interesse nicht mehr ausüben sollst. Ich
weiß nicht, was es war - will es auch nicht wissen. Deshalb frage ich dich vorsichtshalber,
weißt du, was gemeint ist?«
    »Da
muss ich nicht lange nachdenken … und es war mir auch klar.«.
    »Hier
hast du eine Telefonnummer … ein Hombach, ob er tatsächlich so heißt, ist
Nebensache, doch ich denke, du weißt, wer das ist.«
    Er
öffnete den Kofferraum, stellte mein inzwischen umfangreiches Gepäck auf den
Bürgersteig, gab mir die Hand und sagte: »Machs gut!«
    Ich
sah ihn nie wieder. Ihn zu fragen, ob er mich von Linz nach München mitnehmen
konnte, dazu hatte ich keine Gelegenheit. Ich sah nur mehr das Heck des BMW.
    Also
verbrachte ich zwei Wochen in einem Wellness-Hotel bei Füssen. Ich hatte eine
Entspannung wirklich nötig. Letztlich waren auch die Wochen mit Schubert Stress
gewesen. Ständig war ich unter Druck - Tag und Nacht, da manchmal besonders.
Hombachs Telefonnummer wollte ich erst wegwerfen, dann steckte ich sie in meine
Geldbörse, die ich prompt ein paar Wochen später verlor. So verschwand Hombach
endgültig aus meinem Leben.
    Irgendwann,
während ich im Thermalbecken schwamm, kam mir die Idee, die Geschichte
aufzuschreiben. Erstens war es hier stinklangweilig, wenn mir der Aufenthalt
auch bekam und sich meine Nerven wieder beruhigten. Ich war mit Abstand der
Jüngste im ganzen Haus - Personal ausgenommen. Zum Zweiten dachte ich an
Kathrin und möglicherweise noch andere Nachkommen. Drittens würde ich mich
sicher in dreißig Jahren gern einmal in dieses Gedächtnisprotokoll vertiefen,
um diese aufregende Zeit noch einmal zu erleben. Und noch einen Grund gab es:
Im Hinterkopf nistete vielleicht auch noch immer die Angst, von der Stasi
eliminiert zu werden. Dann sollte die Nachwelt wenigstens wissen, wer mich
beseitigt hatte und warum.

Nachtrag im
November 1988 : Heute
sind mir zufällig meine Aufzeichnungen in die Hände gefallen, meine Erlebnisse
mit der Stasi und Schubert. Dabei habe ich damals beim Schreiben versucht, so
objektiv wie möglich zu bleiben. Sicher, immer ist mir das nicht gelungen -
dazu war die Sache zu emotional. Das sehe ich jetzt, wenn ich die Dinge mit
einem gewissen Abstand betrachte. Eines Tages rief ich Dr. Ullrich in Berlin an
und erzählte ihm, was mir widerfahren war. Bat so en passant um finanzielle
Unterstützung, so eine Art Abfertigung, weil ich ihn nicht verraten hatte.
    Der
alte Geizhals lachte nicht einmal.
    »Wenn
Sie in den Händen der Stasi waren, dann haben Sie mich verraten, oder Sie
arbeiten sowieso für das MfS. Unabhängig davon, Sie waren nie mein
Angestellter! Also bitte mein Lieber, solche Spielchen nicht mit mir.«
    Die
Verbindung war unterbrochen, bevor ich mich äußern konnte. Ein arrogantes
Arschloch! Gemocht hatte ich den geschniegelten Kerl ohnehin nie - ohne Zweifel
beruhte das auf Gegenseitigkeit. Die Zunge hätte ich mir abbeißen können, dass
ich mich so vor diesem anmaßenden Advokaten erniedrigt hatte. Das

Weitere Kostenlose Bücher