Millie an der Nordsee
Django bewundernd.
Genau!
»Wissen Sie denn, wo man auf dieser Hallig unbedingthinmuss?«, fragt Djangos Mutter und blickt sich suchend in der Weite um.
»Man muss nirgendwohin«, sagt Mama. »Man braucht nur zu schauen. Aber wir wollen zur Hanswarft. Das ist eine Art Heimatmuseum. Und berühmt für seinen Königspesel.«
Den Königspinsel will Millie sich auch gerne ansehen. Aber sie hätte nicht gedacht, dass das ein Zimmer im Haus dort auf dem Hügel ist, in dem der König mal übernachtet hat.
»In dem Bett?« Millie ist ganz erstaunt, dass ein König in das kleine Kojenbett gepasst hat. Das muss ja ein kleiner König gewesen sein. Oder er hat ohne Krone geschlafen. Dann hat es vielleicht gepasst.
Im Königspinsel gibt es Dinge aus aller Welt zu sehen. Die hat der Käpten, der das Haus vor Hunderten von Jahren gebaut hat, auf seinen Fahrten über die Meere gesammelt. Bilder aus Frankreich, Schalen aus Japan und Kacheln aus Holland. Im Wandschrank werden Tassen aufbewahrt, die über dreihundert Jahre alt sind und die bis heute keiner zerdeppert hat.
Mama hat wirklich in der Schule aufgepasst. Oder sie weiß das alles noch aus der Zeit, als sie auf der Hallig die Münze in den Brunnen geworfen hat. Sie erzählt, dass der dänische König vor ungefähr zweihundertJahren während einer fürchterlichen Sturmflut die Hallig besucht hat. Das Land war unter Wasser und er konnte nicht zurück zum Festland. Da musste er hier im Pesel übernachten und seitdem heißt die gute Stube hier Königspesel. Nicht Königspinsel!
Was gibt es sonst noch auf der Hallig zu sehen?
Die Kirche mit Sand unter den Sitzbänken. Das ist nämlich praktisch. Falls der Blanke Hans doch mal reinkommt, saugt sich erst der Sand mit dem Wasser voll und die Füße bleiben trocken.
Aber sonst gibt es nichts. Nix! Hier ist kein Supermarkt, kein Arzt, kein Geldautomat und kein Kino. Wo sollen denn die Kinder von der Hallig Bambi gucken? Ach, sie haben wahrscheinlich Dreh-Vau-Dreh oder so was.
Nun aber flotti, flotti, Mensch, weil sonst die Fähre noch ohne sie abfährt. Außerdem regnet es jetzt. Kapuzen auf. Djangos Mutter knüpft sich ihre Regenjacke bis zur Nasenspitze zu, auch wenn sie jetzt obenrum nicht mehr so toll aussieht wie untenrum. Aber ihre roten Stiefel sind sowieso nicht zu schlagen .
Millie hat ja an ihren Regenschirm gedacht. Den schönen grünen Schirm mit den weißen Tropfen drauf. Den hat sie mal aus England mitgebracht.
Und funktioniert der?
Bestimmt!
Millie spannt ihn auf.
Jawohl!
Aber er funktioniert nur für eine Sekunde. Dann hat ein Windstoß den Schirm erfasst. Millie lässt nicht los. Aus dem Windstoß wird eine Sturmböe. Die fegt unter den Schirm und dreht ihn einfach um, sodass er sich wie ein hochgewehter Frauenrock umstülpt.
Millie wendet sich abrupt um. Jetzt müsste die Böe den Schirm doch wieder zurückblasen. Aber Pustekuchen!
Der Wind hat sich im Schirm verfangen und kommt nicht raus. Zieht und zerrt und bugsiert das Gestänge vor, zurück, zur Seite, ran. Vor, zurück, zur Seite, ran.
Ritsch, ratsch. Knick, knack. Dann ist der Schirm hin.
Er ist hin!
Mama! Papa!
»Oje«, sagt Papa nur und Mama sagt: »Ich hab’s doch gesagt.«
Ja, Mama.
Und mit Entenschuhen im Regen zu laufen, ist auch nicht die tollste Idee gewesen. Das Wasser quietschequatscht ja durch die vielen gestanzten Löcher in die Clogs hinein. Trudel hat gut lachen! Papa hat die kleine Schwester auf den Arm genommen, damit ihre Füße nicht nass werden.
Django trabt an Millies Seite. Ist er jetzt hämisch, weil Millie ihren zerfledderten Schirm durch die Gegend schleppen muss?
Nein.
»Das tut mir ja richtig leid«, sagt er.
So einer wie Gus ist Django jedenfalls nicht. Obwohl Gus Millies Freund ist, kann der manchmal richtig gemein sein.
Da vorne, wo die Fähre angelegt hat, wird es sicherlich einen Mülleimer geben. Mama hat hier vor vielen Jahren eine Münze in den Brunnen geworfen. Wenn Millie den Schirm auf der Hallig lässt, dann kehrt sie bestimmt auch mal wieder zurück. Und der Schirm ist inzwischen sowieso nur noch ein Wrack.
»Wo seid ihr denn morgen?«, will Django wissen, als sie auf die Fähre gehen.
»Morgen?« Millie zuckt mit den Schultern. Keine Ahnung. Sie schaut sich um. »Mama? Wo sind wir morgen?«
»Auf Amrum«, sagt Mama. »Und übermorgen auf Föhr.«
Obwohl Django das mitgekriegt hat, wiederholt Millie es noch mal: »Erst Amrum, dann Föhr.«
»Schade«, sagt er. »Wir sind erst auf Föhr und
Weitere Kostenlose Bücher