Millionär
ehrlich gesagt.«
»Aber ich!«
Phil nimmt mir die Speisekarte ab und legt sie auf die Bank neben sich.
»Du isst genau das Gleiche wie ich, Simon. Ich lad' dich nämlich ein. Was meinste?«
Erfolglos versuche ich wieder an meine Speisekarte zu kommen.
»Sehr nett, aber es würde mir besser schmecken, wenn mich jemand anders einlädt.«
Phil lacht und wuschelt mir durchs Haar.
»Na also, da isser ja wieder, mein alter Simon!«
Dann zieht er einen Packen Geldscheine aus der Hose und reicht dem verdutzten Flik einen Fünfziger.
»Flik? Lad doch mal den Simon ein!«
Flik schaut kurz ein wenig verdutzt, dann nickt er, lächelt mich kurz an und steckt den Schein ein.
»Danke«, sage ich, »is nett von dir.«
»Hihihihihihihi!«, quietscht es schrill vom Nachbartisch. Es ist die blonde Große Else, die sich gerade einem affektierten Lachanfall hingibt, den sie mit lautem Tischtrommeln unterstützt. Was für eine unfassbare Nervensäge!
»Was is?«, fragt mich Phil amüsiert.
»Das blonde Monster da nervt!«
»Welches?«
»Das Riesenhuhn mit dem überschminkten Mund direkt neben dem Jamba-Frosch.«
»Woher dieser Hass, Simon?«
»Schau einfach mal rüber!«
Phil schielt zum Nachbartisch und muss sofort schmunzeln.
»Okay. Verstehe!«
Unser Kellner kommt, wir bestellen und dann kommt das Gespräch auf den unvermeidlichen Snowboard-Urlaub in St. Anton. Snowboarden. Wenn ich dieses grausame Angeber-Wort schon höre. Fährt denn gar keiner mehr Ski oder wenigstens Holzschlitten? Ich war seit neun Jahren nicht mehr im WinterUrlaub. Winter, das ist für mich der eine Tag, an dem in Köln der Verkehr zusammenbricht, weil eine halbe Schneeflocke auf die Domplatte gefallen ist. Mehr nicht.
»Ja, Simon, das ist schon teuer, auch mit dem Wellness-Hotel und dem Skipass, aber is' ja nur einmal im Jahr. Fahr doch mit, Simon, bei Tchibo gibt's vor Weihnachten immer superbillige Skisachen.« »Und die restlichen 1490 Euro überweist mir das Job-Center, weil ich mich am Ösi-Schlepplift auf Snowboardbügel umschulen lasse oder was?«
Und wieder schweigt unser Tisch. Warum kriegt es Phil auch einfach nicht in seine versoffene Medienbirne, dass ich augenblicklich keine Kohle habe?
»Heißt das, du fährst nicht mit?«, fragt mich Daniela mit leiser Stimme.
»Exakt. Ich bleibe hier. Weil ich's mir nicht leisten kann. So.«
Paula schaut kurz in die Runde und dann zu mir.
»Also, . wir haben eben schon mal gesprochen, Simon und ... na ja, wir könnten dir was zuschießen. Wäre einfach schön, wenn du mitkommst.«
»Sehr lieb aber danke. Fahrt ihr mal Champagner nippen in St. Snob, ich schau inzwischen, dass ich hier wieder auf die Beine komme.«
Ich bin sehr froh, als einer der volkstümlichen Pampa-Kellner unsere Steaks bringt. Doch der nächste Themenwechsel ist nicht viel besser. Phil schubst mich an, als ich gerade den ersten Bissen Fleisch zu mir nehmen will.
»Haste dich mal bei meinem Kumpel Guido gemeldet wegen des Praktikums?«
»Sei mir nicht böse, Phil, aber ich mach' kein Praktikum bei Löwenzahn!« Wie aus Protest schneide ich mir gleich ein riesiges Stück Steak ab, vielleicht muss ich dann ja eine Weile nichts sagen.
»Aber warum denn nicht?«, fragt Paula, »du wolltest doch immer was Kreatives machen!«
»Ja«, entgegne ich, »aber nicht als Kopier-Clown für 'ne bekloppte Kindersendung!« »Hiiiiiiihihihihihihihihiiii!«, tönt es schrill vom Nebentisch, begleitet von hektischem Tischtrommeln und ich rolle genervt mit den Augen.
»Maaaaaaannnnnnn!!!«
Behutsam legt Phil seine Hand auf meine Schulter.
»Ruuuuhig, Simon. Tief durchatmen und an was Schönes denken.«
»Ich kenne nichts Schönes.«
Schweigen.
»Also, das ist echt nett, Phil, aber ich brauch einen Job und kein Praktikum. Ich bin zweiunddreißig!«
»Ist doch egal, Hauptsache, du bist von der Straße weg«, lautet der dämliche erste Gesprächsbeitrag von Nelkenjakob. Wenigstens merkt er in derselben Sekunde, dass er das besser nicht gesagt hätte.
»Ich bin weder obdachlos noch arbeitslos, okay?«, gifte ich zurück.
Prophylaktisch legt Phil wieder seine Hand auf meine Schulter. Noch ein einziger Spruch in diese Richtung und ich zieh Paulas Junganwalt seine Glitzer-Breitling so stramm über den frischrasierten Nelkenhals, dass er nicht mehr weiß, ob sein After Shave von Clinique oder Aldi ist.
»Wieso? Was machst du denn?«, fragt Nelkenjakob vorsichtig nach.
»Er schreibt Beschwerdemails!«, antwortet Phil für
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