Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
mich.
    »Können wir über was anderes reden?«, zische ich und stürze Fliks Kölsch herunter. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er nichts sagt.
    »Gerne«, Phil nickt, »reden wir über einen richtigen Job für dich!« »Kann er nicht in deiner Produktionsfirma arbeiten, Phil?«, schlägt Paula vor, woraufhin Phil sofort den Kopf schüttelt: »Ich glaub nicht, dass Simon sich von mir was sagen lässt, außerdem haben wir ja gerade mal ein einziges Format verkauft.«
    Nun legt sogar die winzige Daniela ihre Gabel zur Seite.
    »Was ist denn mit diesen Umschulungen? Der Simon ist doch noch jung, der kann doch noch was anderes lernen, jetzt . Bäcker zum Beispiel oder . Gärtner?«
    Fassungslos starre ich Daniela an. »Gärtner?«
    »Hiiiiiiiiihihihihihihihihihiiiiii!«, quietscht das blonde Monster vom Nachbartisch. Ich stehe auf, knalle meine Serviette neben meinen Teller und flüchte auf die Straße. Nach einer Weile kommt Paula mir hinterher und umarmt mich.
    »Wird schon alles wieder«, tröstet sie mich. »Die anderen ... -sie meinen's nicht so.«
    Ich nicke stumm und drücke sie fest an mich. Die Umarmung tut gut und für eine Sekunde stelle ich mir vor wie es wäre MEINE Freundin so zu umarmen und nicht EINE Freundin. Wie ein Liebespaar stehen wir zwischen der Eingangstür des El Gaucho und den flirrenden Lichtern des Feierabendverkehrs. Irgendwann lässt Paula mich los.
    »Kommst du wieder mit runter?«
    Ich schüttle stumm mit dem Kopf.
    »Sei mir nicht böse, aber ich kann nicht mehr.«
    »Okay.«
    »Denkst du dir was aus für die anderen?«
    »Mach ich. Und ...«
    »Ja?«
    »Lass uns mal alleine treffen. Ich versteh dich, Simon.«
    »Danke!«
    Ich bekomme noch zwei Bussis, dann winkt Paula mir ein Taxi. Ich steige ein und als Paula außer Sichtweite ist, wieder aus. Ich zahle € 4,20 und mache mich zu Fuß auf den Heimweg. Wie schön, wenn einen wenigstens die beste Freundin noch versteht.
    ROHBAN WESTHOFF SOCHLOOK!
    Eine Welle feuchtkalter Morgenluft überschwemmt meine Küche. Ich habe mir meinen Karnevalsvollbart angeklebt, das Fenster zur Straße geöffnet und schaue auf die Turmuhr der Tourette-Kirche. Ich bin früher aufgestanden als sonst, fünf Minuten sind es noch bis zum akustischen Bombenteppich von Westhoffs St. Bimbam. Unten auf der Straße hetzen in Plastikjacken verpackte Pendler in Richtung Bahn, eine blasse Mutter schiebt einen Kinderwagen über die Fußgängerampel, zwei ausländische Jugendliche kommen feixend aus der Bäckerei. Ein ganz normaler Morgen eben. Aber nicht mehr lange. Ich nehme den Zettel mit Shahins Übersetzung und schalte mein Megaphon ein.
    »Al-kullu jahlam annahu lajugdu sochlukun akbaramin WESTHOFF lianna ighaasa garasihi DING DONG jakthi biahsabinaa!«, krächze ich im Tonfall eines Muezzins durch mein Megaphon hinunter auf die Straße. Das ist Arabisch und heißt soviel wie: »Jeder weiß, dass es keine größere Null gibt als Pfarrer Westhoff, denn sein scheiß Ding Dong raubt uns den letzten Nerv!« Eine junge Frau auf einem Fahrrad bremst und schaut hoch zu mir ans Fenster. Ich richte mein Megaphon direkt auf sie.
    »Rohban WESTHOFF sochlook!«, (Westhoff ist eine Null) trompete ich, gefolgt von einem enthusiastischen »Kauim SÜLZ kauim!« (Kämpfe, Sülz, kämpfe)
    Inzwischen haben sich einige Passanten unter meinem Fenster versammelt. Ein älterer Herr im Mantel zeigt mir den Vogel und ruft zu mir hoch:
    »Wir sind doch nicht in Mekka!«
    Ich richte das Megaphon auf ihn, stelle es noch ein wenig lauter und krächze zurück: »Artikel 4 Grundgesetz, Absatz 2: Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet! Haben das alle verstanden? UN-GE-STÖRT! Bimmelt der Christ, dann plärrt der Muslim!«
    Teile der Passantengruppe wenden ihren Blick von meinem Fenster ab, offenbar diskutieren sie schon über unser Grundgesetz.
    »Rohban WESTHOFF sochlook!«, plärre ich wieder durch mein Megaphon und endlich kommt auch Pfarrer Westhoff dazu. Der ausländische Jugendliche bepisst sich vor Lachen und knipst ein Foto mit seinem Handy. Westhoff hingegen zeigt mir den Vogel, wahrscheinlich ist er kein Moslem. Ich nutze die Gunst der Minute und rufe gemäß der Übersetzung des großen Shahin, dass Westhoff seine Scheiß-Glocken einschmelzen soll, weil wir ihn sonst einschmelzen: »Lihatha akulu lahu thauib agrasaka kabla an uthauibaka mahahum!« Gut und gerne zwanzig Passanten starren inzwischen zu mir hoch, da kann und will ich mich nicht in Diskussionen verstricken,

Weitere Kostenlose Bücher