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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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an. Beide ringen wir nach Luft. Ich schlucke und kralle mich am Tisch fest, er blubbert und schlägt mit den Flossen.
    »Ja, klar, das feiern wir beide.«
    Ich bewege meinen Kopf von der Aquariumwand weg und lausche dem Gespräch. »Also, pass auf. Vier Zimmer, zwei Bäder, Ausstattung geht so .«
    Wie, Ausstattung geht so? Das ist 'ne Luxuswohnung!
    »... aber das Beste ist: Riesendachterrasse, und im Schlafzimmer, halt dich fest . im Schlafzimmer kannst du vom Bett aus in den Himmel gucken! Was?«
    Ja, das mit dem Himmel ist bekannt, beruhig dich mal, du schief gepimpte Business-Krähe.
    »Hiiiihihihihihihihihihi!« tönt es vom Fenster begleitet von ekstatischem Tischtrommeln. Ich vergrabe mein Gesicht in den
    Händen und schließe die Augen. Wie kann der Zwirbeljupp mir das nur antun?
    »Du, weiß ich gar nicht mehr. So um die zweitausend Euro kalt, glaube ich. Ja, absolut, ist ein Witz gegen London!«
    Ein Witz, die Miete? Ob Herr Long gegen Gebühr eine Messerspitze Kugelfisch-Gift in das Tom xao mia streut? Bestimmt
    »Okay, der einzige Haken ist, dass die Wohnung auf so'n hässliches Nachkriegshaus draufgebaut ist . ja, genau . das wirkt ein bisschen ärmlich alles, Treppenhaus und so .«
    Ärmlich? Ich spüre, wie mein Magen sich zusammenzieht. Die hat sie ja wohl nicht mehr alle.
    »Hiiiiiiiihihihihihi! Genau! Wahrscheinlich alle auf Hartz 4!«
    WAS?
    Eine weitere, größere Welle Wut erreicht meinen Magen und erste Gewaltphantasien schießen durch meinen Kopf: wie ich die Hummertussi würge mit den Ärmeln ihres weißen Kasch-mir-Pullöverchens; wie ich ihr überschminktes Köpfchen ins Aquarium tunke, bis ihr sicher mehrfach operiertes Spungschan-zen-Näschen von einem südvietnamesischen Kampffisch abgerissen wird. »Nein«, werde ich vor Gericht sagen, »ich hatte weder aggressive Killerspiele auf meinem Rechner noch eine schlechte Kindheit, ich wollte sie einfach nur plattmachen.«
    Leider reißt mich ein weiterer Kicheranfall aus meinen Träumen.
    »Ich sag ja immer: Solange man drüber wohnt, ist es ja egal! Was? Jaha, genau; Johanna die Große, Königin der Unterschicht! Supi! Hiiiiiihihihihihi!«
    Das reicht.
    Das ist zuviel.
    Ich knalle einen Zehner auf den Tisch und rudere mit einem bemühten Lächeln aus der von feindlichen Truppen besetzten
    Ha-Long-Bucht. Vorläufiger Rückzug - daasdeBeste! Im Augenwinkel bemerke ich noch eine sichtlich erschrockene Hummertussi, vielleicht schämt sie sich ja schon mal ein bisschen.
    Ich gehe zweimal um den Block um mein Wütchen zu kühlen, erst dann nehme ich die Bahn in den Zoo. Ich beleidige eine Giraffe und beschimpfe drei Erdmännchen auf ihren Hügeln als schwule Nazis. Dann erst mache ich mich auf den Heimweg.
    PRINZ CHARMIN
    Als ich am Nachmittag in die Sülzburgstraße zurückkomme, ist Wellberg bereits verschwunden. Wie vom Erdmännchen verschluckt. Nicht im Garten, nicht im Treppenhaus und auch im Keller finde ich ihn nicht. Zitternd wähle ich seine Handynummer, die Mailbox geht dran und ich spreche drauf.
    »Simon Peters hier. Sie machen einen Fehler mit der Frau! Geben Sie die Wohnung jemand anderem! Bitte rufen Sie mich zurück, mein Handy ist die ganze Zeit an!«
    Ich lege auf und hab sofort das Gefühl, dass ich das besser kann.
    »Herr Wellberg? Ich bin's nochmal! Sie holen sich da ein riesiges Problem ins Haus. Ich will nicht zuviel verraten, ich sag nur: Prostitution und Drogen. Rufen Sie mich zurück, wenn Sie Details wissen wollen!«
    Dann versuche ich Paula anzurufen. Nicht, dass sie mich verstehen würde, aber sie versucht es als Einzige zumindest noch. Ich brauche jetzt Hilfe. Zuspruch. Tipps. Psychologen vielleicht sogar. Werden die einem nicht immer gestellt, wenn irgendwas Schlimmes passiert wie Flugzeugabstürze, Grubenunglücke oder neue Nachbarn? Es tutet. Paulas Kollegin geht ans Telefon und verrät mir, dass Paula gerade Phil interviewt für ihr Stadtmagazin. Wütend lege ich auf. Jetzt interviewen die sich schon gegenseitig! Verschissenes Geklüngel! Ich überlege und wähle die Nummer vom T-Punkt. Flik ist natürlich im Kundengespräch und kann gerade nicht. Und jetzt? Phil? Phil! Dämliche Idee. Ich erfahre von seiner Assistentin, dass er gerade für das Stadtmagazin interviewt wird. Stimmt. Schließlich lasse ich mir Kaffee Numero 3 durch mein Senseo-Pad laufen und tippe die Nummer der Procter & Gamble-Verbraucherberatung in mein Telefon.
    »Procter & Gamble Verbraucherservice, mein Name ist Andi Schneider, was kann ich

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