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Millionär

Millionär

Titel: Millionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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aus dem argentinischen Steakparadies. Sie trägt einen extravaganten pinken Wintermantel, den sonst nur Prinzessinnen in ScienceFiction-Filmen anhaben, und hat sich irgendein totes Tier um den Hals gewickelt. Ich verkrampfe augenblicklich und stelle sämtliche Bemühungen ein, mich durch Sauerstoffaufnahme am Leben zu erhalten. Was macht die denn hier?
    »AllesinOodnungmitdeEssen?«, fragt mich der Ha-Long-Chef besorgt.
    »EssenisdeBeste!«, stammle ich abwesend, ohne den Blick von der Hummertussi zu lassen. Ich luge an einer hässlichen
    Plastikpflanze vorbei und muss mit ansehen, wie Herr Wellberg aus dem Haus tritt und der Panzerelse die Hand reicht.
    »Ja, Scheiße, die schaut sich das Penthouse an!«, sage ich laut.
    »Penthouse? DasdeHöchste!«, kommentiert Herr Long und verschwindet in der Küche. Idiot! Ich biege einen Plastikfarn zur Seite und schaue in Richtung Hauseingang. Die beiden sind verschwunden. Ich bleibe sitzen, gelähmt wie in einem Albtraum, in dem ein gigantischer Germknödel in einer engen Gasse auf einen zurollt und man nicht vom Fleck kommt, weil man die Tablette für Superkräfte im Hotel vergessen hat. Noch immer starre ich an die Stelle, an der bis vor Sekunden die Riesenblondine mit dem Halstier stand. Nicht auszudenken, wenn so ein kicherndes Karrierehuhn inklusive Militärfahrzeug über mir einzieht. Eine gute Viertelstunde sitze ich so und schaffe noch insgesamt drei Bissen von der 67, da erscheint das blonde Etwas wieder im Hauseingang. Doch statt in ihren Panzer zu steigen, hüpft sie geradewegs auf die Ha-Long-Bucht zu.
    Hilfe!
    Da hab ich jetzt ja gar keinen Bock drauf.
    Ich springe auf und rette mich und meinen Pfannkuchen an einen kleinen Zweiertisch auf der anderen Seite des Aquariums. Ein großer gelber Tropenfisch mit blassem Kullerauge gibt mir zusätzliche Deckung. Die Tür geht auf, ich ducke mich und gebe dem Kullerfisch ein Zeichen, mich abzuschirmen, indem er noch eine Handbreit nach oben schwimmt.
    »Hi! Haben Sie Tom xao mia?«, höre ich eine überdrehte Frauenstimme. Diagnose: Von-Sinnen-Syndrom im fortgeschrittenen Stadium, sinnloses Niederbrüllen hilfloser Mitmenschen. Mr. Long kommt lächelnd ein paar Schritte auf sie zu.
    »Tom xao mia? DaasdeBeste! Habewia!«
    Die Hummertussi sondert einen erfreuten Quietschlaut ab.
    »Supi! Das hab ich ewig nicht gegessen. Sitzt da jemand, an dem Fenstertisch?«
    Ja. Ich, du gestraffter Schminkkrapfen. Bis vor zehn Sekunden. Hab nur meine Cola vergessen.
    »Nein. Machichsauba!«
    Jaja ... saubermachen. DaasdeBeste. Idiot!
    »Supi!«
    Supi? Wer sich mit derart verblödeten 90er Jahre Schickimi-cki-Diminutiven durch den Tag grinst, der hat leider nur Verachtung verdient. Durch das Aquarium beobachte ich, wie die Panzerfahrerin ihren pinken Space-Mantel ablegt und sich in einem edlen weißen Pullover mit einem zufriedenen »Ahhh!« auf meinen Fensterplatz setzt. Mr. Long eilt mit einem giftgrünen Lappen herbei und entfernt letzte Simon-Krümel. Als er an meinem Tisch vorbeikommt, halte ich ihn unauffällig auf.
    »Tssss!«
    »Ja?«
    »Was ist denn dieses Tom xao mia?«, flüstere ich.
    »HiesengaanelegeblaatenmitZukkehooh«, flüstert er zurück.
    Es müsste Sprachkurse geben, in denen man lernt, Asiaten sofort und rückstandsfrei zu verstehen.
    »Riesengarnelen mit was?«
    »Zuckehoh!«
    »Zuckerrohr?«
    »Genau!«
    »Und daaaasdeBeste?«
    »Absolut!«
    »Dann nehm ich das auch.«
    »Zweimal Tom xao mia! Wunderbah. KenneSiesich?«
    »Um Himmels willen!«
    Mit einem fernöstlichen Lächeln verdrückt sich Mr. Long in die Küche. Ich zwinkere meinem gelben Tropenfisch zu und rücke die Essstäbchen zurecht. Ich will eine SMS an Phil schreiben, um ihn von meiner unheimlichen Begegnung zu informieren, als plötzlich ein Handy mit der Melodie von Robbie Williams' Angel klingelt. Fassungslos starre ich auf meinen Tropenfisch, dieser zuckt ahnungslos mit den Seitenflossen. Nach endlosen zwanzig Sekunden geht sie dran.
    »Hiiiii Meredith. Was? Nee, wir sind schon durch«, lacht es gekünstelt und viel zu laut vom Fenster. »Rate mal!«
    »Bitte, bitte, bitte!«, flehe ich den Tropenfisch an, »sie hat nicht die Wohnung!«
    »Ich ... hab ... diiiieeeee Wohhhhnunggggg!«, jubelt die Hummertussi und reckt sogar ein Fäustchen zur Decke, dass der Armschmuck nur so klimpert.
    »Supi, Supi, Supi! Geil, oder?«
    Stumpf klackt mein Kopf gegen die Aquarium swand. Sogar der bunte Fisch hat sein Maul weit aufgerissen und starrt mich entsetzt

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