Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
konnte sich absetzen und will schon davoneilen – gerade an meiner ruhigen Telefonecke vorbei.
„Mira Valensky vom ‚Magazin‘ “, stelle ich mich vor. „Ich arbeite schon seit letzter Woche an einem Porträt des Senders.“
Er runzelt die Stirn. „Da haben Sie sich aber eine gute Woche ausgesucht.“ Er versucht, ohne unhöflich zu sein, an mir vorbeizukommen.
Ich stelle mich weniger höflich in den Weg. „Wie man es nimmt. Wissen Sie übrigens, dass Klaus Liebig versucht hat, sich das Leben zu nehmen?“
„Wer?“
„Der Kandidat ist letzte Woche in Runde 7 ausgeschieden.“
„Ach. Ja. Ich habe ein miserables Namensgedächtnis. Ich nehme an, Sie werden darüber schreiben? Bietet sich jetzt ja geradezu an.“
„Er möchte eine zweite Chance. Sein Psychotherapeut meint, es ist die einzige Art, das Trauma aufzuarbeiten.“
Der Produzent seufzt. „Ich wollte eine spannende Spielshow, sonst nichts. Können Sie sich das vorstellen?“
Ich nicke.
„Warum nehmen so viele Leute das so wichtig?“, murmelt er.
„Weil es mit Fernsehen zu tun hat. Mit Berühmtsein. Und mit sehr viel Geld“, antworte ich.
„Träume …“
„… an denen der Sender enorm gut verdient“, ergänze ich.
„Was heißt, eine ‚zweite Chance‘?“
„Er möchte noch einmal antreten dürfen. Ich soll im ‚Magazin‘ seine Story schreiben und der Sender lässt ihn noch einmal antreten.“
„Sie führen ihn hunderttausend Lesern vor, benutzen seinen Selbstmordversuch, um die Auflage in die Höhe zu treiben. Dagegen ist das, was wir tun, höchst seriös.“
„Er will es so.“
„Er wollte auch beim ersten Mal antreten und hat dann offenbar versucht, sich umzubringen. Und: eine Kandidatin ist inzwischen tot.“
„Sie glauben an einen Zusammenhang mit der Show, nicht wahr?“
„Nein!“
„Jemand gewinnt bei MillionenKochen und stirbt in der Nacht darauf.“
„Schicken Sie mir diesen Klaus Liebig. Ich werde sehen …“ Jetzt drängt er sich endgültig an mir vorbei.
Mir ist bei dem Gedanken, die Story von Klaus Liebig aufzurollen, auch nicht wirklich wohl zumute.
Ich gehe in die Kantine und bestelle einen Cappuccino. Erstens habe ich mir den jetzt redlich verdient und zweitens kann ich ja ein wenig herumhören, was die Kollegen so reden. Fernsehen und Radio sind weg, die haben die knappsten Produktionszeiten. Einige Zeitungskollegen lehnen am anderen Ende der Theke, eine Mischung aus TV- und Chronikjournalisten. Eine junge Kollegin, sie hat vor zwei, drei Jahren im „Magazin“ volontiert, erkennt mich und tuschelt mit den anderen. Ich winke und schlendere hinüber. Ich muss ja nicht alles erzählen, auch sie werden wahrscheinlich nicht alles erzählen, aber vielleicht lässt sich doch ausloten, wie viel sie wissen. Die Sache mit dem versuchten Selbstmord habe ich wohl für mich alleine. Im Zusammenhang mit dem Tod von Susanne Kraus bekommt er eine neue Bedeutung.
„Na wenn Sie sich um die Sache kümmern, dann muss es wohl Mord gewesen sein“, sagt ein Typ um die dreißig, den ich nicht kenne. Klingt weit weniger anerkennend als spöttisch.
„Hab bloß nichts Besseres zu tun“, erwidere ich mit einem Schulterzucken.
Die ehemalige Volontärin hingegen ist sichtlich stolz, mich zu kennen. „Hallo Mira, super, dich wieder einmal zu sehen! Ich arbeite seit zwei Monaten bei der ‚Stadtzeitung‘!“
„He, auch schön, dich zu sehen!“ Leider habe ich ihren Namen vergessen, aber sie war eine der wirklich netten Volontärinnen.
„Hat irgendjemand von euch diese Susanne Kraus gekannt?“, frage ich. „Immerhin war sie eine Kollegin.“
Der Typ von vorher schüttelt den Kopf. „Das war mehr eine Gelegenheitsjournalistin, das Einzige, was sie offenbar regelmäßig gemacht hat, war so ein Gesundheitsfragekasten. Und das bei der ‚Niederösterreich-Woche‘.“
Ich nicke und überlege. Das mit dem Kochbuch behalte ich lieber für mich, ich werde herausfinden, wo sie mitgeschrieben hat. „Ich nehme an, dass eure Redaktionen jemanden zu ihrer Wohnung geschickt haben.“
„Ihr wohl auch“, sagt ein Chronikjournalist, den ich vom Sehen kenne.
„Ich hab mich nicht darum gekümmert. Ich weiß nur, dass die Mordkommission eine Pressekonferenz machen wollte.“
„Pressekonferenz?“, mischt sich der Erste wieder ins Gespräch. „Das waren drei dürre Sätze. Zuckerbrot ist ja berühmt dafür. Sie kennen ihn ja angeblich besser. Was hat er sonst noch erzählt?“
„Mit hat er nicht einmal drei
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