Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
bevor ich …“
„Bevor Sie Susanne Kraus umgebracht haben?“
„Bevor ich verloren habe“, sagt er.
Ich dränge mich in die Wohnung. Wir stehen im schmalen Vorzimmer, es wirkt unbenutzt. Bis auf einen Garderobenständer und ein Paar Schuhe am Boden ist es leer. Nicht einmal ein Spiegel. Boden mit braunem Plastikbelag.
„Sie wohnen allein hier?“
Er nickt. „Die Polizei hat mich schon mehr als genug gefragt, den ganzen Tag läutet das Telefon, ich hebe nicht mehr ab. Bitte gehen Sie. Ich hab mit der Sache nichts zu tun.“
„Ich weiß, dass Sie versucht haben, die Tote rechtzeitig aus der Sendung zu bekommen. Susanne Kraus hat an einem Kochbuch mitgeschrieben, Sie haben behauptet, das mache sie zum Profi. Warum? Hatten Sie Angst, zu verlieren?“
„Ich wollte, dass es gerecht zugeht.“
„Es war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass Sie gegen Susanne Kraus antreten müssen – wenn Sie die Vorrunden gewinnen. Und sie war eine sehr starke Gegnerin.“
„Das ist doch lächerlich. Man weiß nie, wie das Publikum entscheidet.“
„Wo waren Sie gestern Abend und letzte Nacht?“
„Natürlich beim Sender. Hunderttausende haben mich im Fernsehen gesehen. Ein besseres Alibi gibt es kaum, oder?“
Ich sehe ihn mitleidig an. „Die Sendung war aufgezeichnet.“
„Was … Ich war aber beim Sender. Dafür gibt es eine Reihe von Zeugen.“
„Und danach?“
„Bin ich heimgefahren. Sofort. Sie haben richtig getippt, dass ich alleine lebe. Also kann das niemand bezeugen. Das habe ich der Polizei auch schon gesagt.“
„Sie waren wütend, weil Susanne Kraus gewonnen hat.“
„Natürlich war ich wütend, aber deswegen bringt man jemanden doch nicht um. Und was hätte es mir auch gebracht, im Nachhinein?“
„Rache.“
„Ich bitte Sie.“
„Wie war Ihr Verhältnis zu Susanne Kraus?“
„Was für ein Verhältnis? Da war nichts, sie wollte mich ausspionieren, die wollte mit allen Mitteln gewinnen.“
„Was hat sie getan?“
„Sie wollte, dass ich mich mit ihr zum Essen treffe, und dann hat sie mich ausgefragt. Ich bin ja kein Idiot. Ich hab sie sitzen gelassen.“
„Mit der Rechnung? Was tun Sie als ‚Consulter‘ eigentlich?“
Bert Seinitz begehrt auf. „Das geht Sie nichts an. Mir reicht es. Gehen Sie, verlassen Sie meine Wohnung!“
„Ich dachte bloß, weil ‚Consulter‘ so imposant klingt – und diese Wohnung … Wo ist Ihr Büro?“
Er tippt sich an die Stirn. „Hier ist es.“ Seinitz drängt mich Richtung Türe. „Und im Computer.“
„Warum haben Sie bei MillionenKochen mitgemacht?“
Er schiebt mich durch die Tür auf den Gang. „Weil ich kochen kann!“
Ich strecke ihm meine Visitenkarte entgegen. „Nur falls Ihnen etwas einfällt im Zusammenhang mit Susanne Kraus und MillionenKochen.“
Er nimmt sie, lässt sie fallen. Die Tür fällt ins Schloss.
Vesna fotografiert im Hof zum Gaudium einiger Kinder die Müllcontainer. Sie sieht mich, und ich merke, wie aufgeregt sie ist.
„Ich habe etwas. Fieberthermometer, zerbrochen.“
Es dauert einen Moment, bis ich kapiere. „Wie viele?“
„Sind zerbrochen, so 15, 20.“
Ich starre in den Container. Zwischen alten Socken und Müllsäcken und verschimmeltem Brot liegen die Thermometer in einem aufgerissenen schwarzen Plastiksack. „Die waren so drinnen?“
„Ich habe Mistkübel etwas durchsucht, zahlt sich in Gegend wie dieser nicht aus, normalerweise. Zum Glück ich habe Handschuhe immer mit.“
„Das ist etwas, das wir an Zuckerbrot nicht vorbeischwindeln dürfen“, sage ich.
„Ist mir klar. Wäre wirklich Unterschlagung von Beweismitteln, das ist strafbar.“
Ich rufe Zuckerbrot an und diesmal geht er tatsächlich nicht ans Telefon. Kurz überlege ich, es sein zu lassen. Nach dem Motto: Selber schuld. Aber das ist kindisch. Ich rufe in der Bundespolizeidirektion an, lasse mich verbinden, lande bei einer Sekretärin.
„Sagen Sie Dr. Zuckerbrot bitte, wir haben im Müllcontainer beim Haus von Bert Seinitz eine ganze Menge zerbrochener Fieberthermometer gefunden.“
Es dauert keine zehn Sekunden und er ist dran. „Wenn das einer Ihrer Scherze ist …“
„Ist es nicht. Wir stehen vor dem Container und warten.“
„Ich schicke einen Trupp der Spurensicherung.“
„Ich dachte, Sie kommen selbst.“
„So große Sehnsucht?“
„Ich dachte, Information gegen Information. Dann müsste ich im ‚Magazin‘ auch nicht erwähnen, dass die Polizei so etwas übersehen hat.“
Ich merke, wie Zuckerbrot
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