Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
könne ja vielleicht ein Menü von ihm bringen, vielleicht dieses Menü. Ich stöhne innerlich auf. Das wäre etwas, wenn ich versuchen würde, Droch diese Idee zu verkaufen.
„Ich weiß nicht“, sage ich vorsichtig.
Klaus Liebig sieht mich alarmiert an. „Ich bin in allen möglichen Zeitungen drin, ich bin so etwas wie ein Medienstar. Die Leute wollen meine Rezepte nachkochen.“
„Es … Die Rezepte von MillionenKochen gibt es im Internet. Und in der Programmzeitschrift von Win-Sat“, versuche ich eine Ausflucht. „Vielleicht nach der nächsten Runde …“
Klaus Liebig springt auf, ich ducke mich unwillkürlich, aber er geht nur in die Küche und bringt ein Kardamom-Eissoufflé, das mit den Kreationen der allerbesten Restaurants mithalten kann.
Als er wieder von der Reportage der nächsten Woche anfangen will, lenke ich ab:
„Sie haben Susanne Kraus in der Redaktion der ‚Niederösterreich-Woche‘ besucht.“
„Unsinn.“
Seine Mutter sagt mit einiger Schärfe in der Stimme: „Benimm dich vor einem Gast. Es ist ja nichts dabei. Du kannst es doch zugeben. Sie war sogar einmal hier.“
„Das bildest du dir wieder einmal ein“, widerspricht Klaus Liebig, „ich habe genug davon.“
Sein Vater räuspert sich. „Gibt es eigentlich etwas Neues in dem Fall?“
Ich gehe erleichtert darauf ein. „Nein, leider. Nicht dass ich wüsste.“
„Es war Lena Sanders“, sagt Klaus Liebig und wirft mir einen Seitenblick zu. „Sie wissen, warum.“
Sein Vater stöhnt. „Lass uns mit deinen Theorien in Ruhe. Wenn du die Moderatorin nicht magst, warum bleibst du dann in der Sendung?“
„Bald werden Sie wieder über mich schreiben müssen“, sagt Klaus Liebig und sieht drein wie ein kleines Kind, dem man den Lutscher weggenommen hat.
Ich sehe ihn an. „Sicher, das habe ich auch vor.“
„Ich werde weiter gewinnen.“
[ 13. ]
In der nächsten Ausgabe bringe ich eine kurze Reportage über SMS-Votings unter. Um Klaus Liebig einen Gefallen zu tun, ist er auf einem der drei Fotos zu sehen: Der Kandidat, der strahlt, als er von der Publikumsentscheidung erfährt. Dieses ernste Strahlen. Hoch konzentriert. Ich hoffe, er steht die Anspannung durch. Ich weiß auch nicht, warum ich das Bild nehme. Allerdings: Er wird tatsächlich immer mehr zum Medienstar. Er kümmert sich auch darum, gibt dem „Blatt“ ein Interview über seine Vorbereitungen, das Kochen im Fernsehen und seine Pläne, er taucht in einem Werbespot für Nudeln auf, wenn auch nur in einem Privatsender, dessen Reichweite über Wien kaum hinausgeht.
Ich mache mir Sorgen: Wenn er den Eindruck gewinnt, ich arbeite nicht mit ihm zusammen, dann erzählt er vielleicht einem Redakteur vom „Blatt“, was hinter den Kulissen vorgeht. Was er tatsächlich oder angeblich erlebt hat. Zumindest dann, wenn er wieder verlieren sollte.
Droch gibt mir den Tipp, dass ich unseren ehemaligen Chefredakteur auf dem Sommerfest der Regierung treffen kann. Er hat seine Mobiltelefonnummer gewechselt und war nicht einmal zu erreichen, als bekannt gegeben wurde, dass er der Chef der neuen Tageszeitung würde.
Ich versuche Droch zu überreden, mitzufahren. Er lacht nur spöttisch.
Hunderte von Menschen, die sich aus dem einen oder anderen Grund etwas von der Regierung erwarten und von der auch für so wichtig gehalten werden, dass man sie eingeladen hat. Ich sehe meine Nachfolgerin in der Lifestyle-Redaktion und bin heilfroh, mich nicht mehr um derlei Reportagen kümmern zu müssen.
„Feiern mit allen Sinnen“, lautet das Motto des Festes. Besonders sinnesfreudig sind mir die Damen und Herren der Regierung bisher allerdings nicht vorgekommen. Im weitläufigen Garten des Hotels, in dem gefeiert wird, sind Zelte aufgestellt: Indianerzelte ebenso wie solche aus weißen Segeltüchern, man durchschreitet sie und in einem klingt etwas und im anderen riecht etwas und das ist es auch schon. Ach ja, und rund um einen Baum ist ein Geviert mit Teppichen verhangen, hier kann man mit verbundenen Augen alles mögliche abtasten. Ich habe zu viel Angst, plötzlich dem Kanzler an die Nase zu fassen, was weiß man schon, es ist Vorwahlzeit und da sollen sie alle zum Anfassen sein. Ich suche weiter nach meinem Ex-Chefredakteur, und als ich ihn finde, hat er sichtlich schon einige Gläschen getrunken, während ich völlig nüchtern bin. Das ist aber kein Vorteil. Es gelingt mir zwar, ihn auf die Seite zu ziehen, doch sein Gelaber ist so, dass ich mir wünschte, ich
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