Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
hab mir etwas mit dem Weinviertel DAC einfallen lassen. Der Gemüsefond kocht schon. Wer hat in der Show einen gebraucht? Es war Susanne Kraus. Ja. Sie hat Jakobsmuschelrisotto gekocht. Und sie hat, genau wie ich heute, anstelle eines selbst gemachten Fonds Wasser mit guter vegetarischer Suppenwürze verkochen lassen. Ich gebe noch einige Koriander- und Pfefferkörner in den Fond, außerdem etwas von den Zwiebel- und Knoblauchschalen.
Ich schneide Zwiebel und Knoblauch fein und röste sie in Butter goldgelb an. In dieser Zeit schneide ich älteres Mischbrot in dünne Scheiben, röste es dann kurz mit. Ich habe immer geglaubt, dass Menschen, die gerne gut kochen und gut essen, friedlich sind. Mit sich und der Welt im Reinen. Aber bei MillionenKochen geht es nicht in erster Linie um den Genuss. Es geht ums Gewinnen. Ums Dabeibleiben. Ums Gesehenwerden, und zwar von ALLEN. Und so etwas setzt Aggressionen frei. Bei wem? Gegen wen? Wer hätte am meisten verloren, wenn Susanne Kraus geschrieben hätte, was sie wusste? Ich lösche mit einem Viertelliter Weinviertel DAC ab, lasse alles auf ganz kleiner Flamme kochen und gieße dann den Gemüsefond durch ein feines Sieb dazu. Jetzt soll alles ganz langsam vor sich hin blubbern, ab und zu umrühren, damit sich nichts anlegt. In einer Viertelstunde oder so werde ich die Flamme abdrehen. Fertig gemacht wird die Suppe, wenn Oskar da ist.
Die Torte duftet schon, eigentlich sollten wir ja beide auf derartige Kalorienbomben verzichten, aber eine Sünde hin und wieder …
Wo hat Susanne Kraus eigentlich gekocht? Hatte sie eine Küche in ihrer Villenetage? Vielleicht sollte ich ihren Freund Günter danach fragen. Aber was tut es zur Sache? Ich habe den Eindruck, ich habe schon viel zu viel gefragt. Nur: Wie sonst finde ich die Antwort? Ich sehe auf die Uhr, eine Viertelstunde braucht die Torte noch. Dabei sollte schön langsam mein Braten ins Rohr. Oskar liebt Schweinsbraten, ich habe seine und meine Vorlieben kombiniert und mir einen gebratenen Schweinsschopf mit Rotwein-Chili-Sauce einfallen lassen.
Ich sehe auf die Uhr. Halb sieben. Vielleicht ist alles viel einfacher, und Seinitz, der schon so viel verloren hatte, konnte nicht noch einmal verlieren. Aber es war ein Mord, der geplant war. Niemand hat 15 Fieberthermometer herumliegen, die er zerbrechen und deren Inhalt er in eine Spritze füllen kann. Seinitz war Manager eines Düngemittelunternehmes. Er hat sich mit Giften jedenfalls ausgekannt. Wer weiß, ob er nicht doch für alle Fälle … Und die Operndiva Lena Sanders hätte dann, mehr oder weniger unabhängig davon, nein, in die Enge getrieben dadurch, dass Susanne Kraus alles ans Licht bringen wollte und Klaus Liebig das wusste und es gegen sie einsetzen wollte, versucht, den Kandidaten zu erstechen?
Kann es sein, dass man durch allzu viel Show und Theater zumindest für ein paar entscheidende Minuten aufs reale Leben vergisst? Mir selbst ist es an diesem Abend ja auch so gegangen. Ich bin den beiden nach, auch weil ich plötzlich den Eindruck hatte, in einem Film zu sein. Die Kulissen, das Rundum, das Licht … Hätte ich normal gedacht, ich wäre wohl davongelaufen. Oder ich hätte Zuckerbrot angerufen. Noch dazu, wo nicht einmal Vesna bei mir war. – Wo steckt sie die ganze Zeit?
Ich habe bei einem Bio-Fleischer einen schönen Schweinsschopf samt Knochen gekauft, das Stück, das dann in den Rücken übergeht, saftiger als der Rücken, aber auch ohne allzu viele Sehnen. Ich brate es in Oskars Lieblingspfanne mit dem dicken Boden auf allen Seiten gut an. – Wie erkennt man bei einer Schokotorte, dass sie fertig ist? Dunkel ist sie ja jedenfalls. Nadel, um sie einzustechen, finde ich keine. Höchste Zeit, dass einige unbedingt notwenige Küchenutensilien angeschafft werden. Ich gebe den Schopf in eine feuerfeste Form, wenigstens so etwas hat Oskar, salze mit grobem Meersalz, gieße etwas Rotwein darüber. Da gibt es eine neue Sorte, die ganz hervorragend für so etwas passt: Rösler, ein fruchtiger, beeriger Wein ohne viel Säure und Gerbstoffe, dunkel in der Farbe. Oskar hat einige Flaschen geschenkt bekommen, er liebt schwerere Rotweine und meint, dieser Rösler schmecke ihm zu sehr nach Traubensaft – er wird staunen.
Jetzt nehme ich die Torte heraus, wird schon passen, und gebe den Schopf für 40 Minuten ins Rohr.
In der Pfanne mit dem Bratrückstand lasse ich reichlich Butter zergehen und röste eine grob geschnittene Zwiebel und eine Chilischote darin, dann
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