Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
eingetragen, ich weiß nicht, warum du mich anlügst, aber du tust es!“
Schweigen.„Okay“, sagt Vesna dann bloß, „wir sehen uns. Um 20 Uhr in deiner Wohnung.“
Den Rest des Tages kann ich mich nicht mehr richtig konzentrieren.
Ich hetze heim, man redet besser beim Essen. Es soll Garnelen-Couscous geben. In den ersten Jahren unserer Bekanntschaft hatte Vesna nicht viel übrig für Meerestiere, aber das hat sich ebenso gelegt wie ihre Abneigung gegen Weißwein. Ich nehme 15 Stück Garnelen aus dem Tiefkühler, lasse sie in der Mikrowelle kurz antauen. Leider habe ich keine mit Schale, die Schalen geben einen wunderbaren Fond für das Couscous. Ob Vesnas eigenartiges Verhalten mit MillionenKochen zusammenhängt? Aber sie hat noch nie ermittelt, ohne mir etwas zu sagen. Wir haben immer gemeinsam … Verlange ich da nicht etwas viel? Wir sind schließlich nicht verheiratet und nicht einmal mit Oskar will ich alles gemeinsam machen. Und er mit mir? Selbst da bin ich mir nicht mehr sicher.
Ich röste Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl an, gebe getrocknete Chiliflocken dazu, opfere die unansehnlichsten fünf Garnelen, schneide sie in kleine Stücke und röste sie mit. Danach gieße ich mit etwas Weißwein und mit passierten Tomaten aus dem Tetra Pak auf. So etwas habe ich zum Glück meistens daheim. Und weil der Weißwein schon offen ist, genehmige ich mir ein Gläschen. Sauvignon Blanc. Ich koste. Staubtrocken und trotzdem fruchtig. Ich nehme noch einen großen Schluck. Ich werde herausfinden, was mit Vesna los ist. Und wir werden über den seltsamen Anruf von Lena Sanders reden.
Die Sauce köchelt, als Vesna kommt.
„Essen ist gleich fertig, Wein steht schon auf dem Tisch“, sage ich möglichst unbefangen.
Vesna seufzt und inspiziert die Wohnung. „Jana hat vergessen, Staub zu wischen“, sagt sie dann.
„Ich finde, Jana hat das super gemacht“, rufe ich aus der Küche und füge dann dazu: „Natürlich nicht so gut wie du.“
„Lass Schmeicheleien“, sagt Vesna, als sie in der Küche steht.
Ich sehe sie ernst an. „Du hast mir was zu sagen.“ Meine Güte, das klingt wie die Abschiedsszene einer Ehe. Mir kommt eine scheußliche Idee: Was ist, wenn Vesna wegzieht? Ihre Zwillinge sind mit der Schule fertig. Aber sie wollte doch nicht mehr nach Bosnien, sie ist österreichische Staatsbürgerin! Wer redet von Bosnien? Sie wollte immer nach Amerika, dämlicher Präsident hin oder her. Ich rühre energisch die Sauce um, salze noch etwas, lasse in einer großen Pfanne Öl ganz heiß werden.
„Ich habe Mann kennengelernt“, sagt Vesna und lehnt sich an den Küchentisch.
„Ist doch schön“, will ich schon sagen, da fällt mir ihr Halilovic ein.
„Ich wollte nicht sagen, weil es gleich wieder vorbei sein wird. Es ist eine verrückte Sache, zu verrückt.“
Ich drehe mich vom Herd weg zu ihr. „Du hast dich verliebt.“
„Sage ich doch. Ich hätte nie gedacht, aber peng, und schon war es.“
„Und er?“
Vesna blickt besorgt auf den Herd. „Das Öl raucht schon.“
Ich werfe rasch die Garnelen in die Pfanne. In den Topf mit der Sauce gebe ich Couscous.
„Und er?“, wiederhole ich.
„Er … weiß nicht, wer ich wirklich bin.“
Mir dämmert etwas. Liebe Güte, so bin ich wohl auch so schnell zur Telefonnummer von Helga Schuster gekommen. Ich habe die beiden gesehen, Champagnerglas in der Hand, die Frau in Rot und den Produzenten.
„Sauce macht große Blasen“, sagt Vesna.
Ich drehe mich wieder um, drehe die Flamme ab, decke den Topf zu. Das Couscous braucht nur noch drei Minuten durchzuziehen. Die Garnelen wenden, etwas salzen. Sie sollen innen noch glasig sein.
„Der Produzent von MillionenKochen“, sage ich mit Blick auf die Garnelen.
„Ja“, gibt Vesna zu.
Ich schöpfe den cremigen Couscous auf zwei große Teller, lege die Garnelen darauf. Wir setzen uns an den Esstisch, essen die ersten Bissen schweigend.
„Ich weiß nicht, was ich soll tun“, flüstert Vesna. „Er ist … so anders, einfach ein wundervoller Mann.“
„Warum hast du ihm nicht gesagt, wer du bist?“
„Ich sollte ihn undercover ausfragen, schon vergessen? Es war ein sehr schöner Abend bei dieser Ausstellung, nicht mehr. Er hat mich eingeladen am nächsten Tag in eine Ausstellung in Klosterneuburg. Ich habe mir eingeredet, es ist nur wegen unseren Ermittlungen, dass ich Ja sage. Aber ich habe, glaube ich, schon gewusst, dass das nicht stimmt.“
„Und er … ist er verheiratet?“
„Nein,
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