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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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das ist Vern«, flüsterte ich und schob ihn näher zu ihr.
    Er beugte sich hinunter, damit sie ihn sehen konnte.
    Sie blickte ihm ins Gesicht und lächelte. »Oh ja«, sagte sie mit kaum hörbarer Stimme. »Du bist der Eine.«
    Sie schloss die Lider, und während sie wieder einnickte, wurde ihr Gesicht weicher.
    Es war leicht zu erkennen, dass meine Mutter jetzt ihren Frieden gefunden hatte. Sie kämpfte nicht gegen das Unvermeidliche an. »Ich bin bereit«, hatte sie mir gestern Abend gesagt.
    Father Mac war gekommen und gegangen. Mom würde diese Welt im Zustand jener Gnade verlassen, die sie durch ihr ganzes Leben getragen hatte. Am Ende, sagte sie mir, habe sie bekommen, worum sie gebetet hatte – alle ihre Kinder und deren Familien in diesem Haus voller Erinnerungen versammelt.
    Heute Nacht und gestern haben wir abwechselnd an ihrem Bett gesessen, und jeder von uns hat die Augenblicke ausgekostet, von denen wir wussten, dass es die letzten sein konnten.
    Während Vern und ich an Moms Bett saßen, fing ich an, ihm die Geschichte meiner Familie zu erzählen. Ich beobachtete dabei das Gesicht meiner Mutter, in der festen Überzeugung, dass sie auch in ihrem Morphiumschlaf jedes Wort hören konnte.
    Nachdem Vern und ich nach oben gegangen waren, hörte er mir weiter geduldig zu. Morgen folgt der Rest. Alles.
    Gestern habe ich ihm lange zugesehen, wie er sich mit meinen Brüdern unterhielt und mit ihnen scherzte, als würden sie sich seit Jahren kennen. Wie gut er sich einfügt, dachte ich und verspürte einen Anflug von Reue, weil ich so lange damit gewartet hatte, sie zusammenzuführen.
    Gestern Nachmittag, während Ruth bei Mom Wache hielt, haben wir anderen uns zum Abschied von Gavin und seiner Familie um Boyers Jeep versammelt. Vern und ich standen Arm in Arm da, während Gavin Molly in ihrem Sitz anschnallte.
    Bevor Gavin in den Jeep stieg, fragte er mich: »Kommst du je nach Vancouver?«
    »Vern und ich fahren ein- oder zweimal im Jahr für ein paar Tage hinunter.«
    »Na, dann wirst du vielleicht irgendwann auch West Vancouver besuchen, wenn du schon in der Gegend bist«, lud er mich ein.
    Vern drückte mir die Schulter.
    »Ja, das würde ich gern tun«, sagte ich. »Und vielleicht kommt ihr einmal nach Prince George?«
    »Bestimmt«, lächelte er. »Und wenn wir schon da sind, macht ihr vielleicht einen Rundflug mit mir?«
    Ich sah, wie Jenny und Nick Blicke austauschten. Morgan und Carl prusteten hinter vorgehaltener Hand. Vern hielt den Atem an, bevor ich auf den Druck seiner Hand reagierte.
    »Ja«, sagte ich. »Das wäre vielleicht was.«
    *
    Unten spielt die Musik weiter. Das bekannte Lied bringt Saiten in meinem Gedächtnis zum Klingen. Es ist dasselbe, das meine Mutter immer für mich gespielt hat, als ich ein Kind war.
    Wer könnte da unten wohl diesen alten Song spielen? Mom bestimmt nicht. Wer immer es jetzt spielt, er tut es genau so, wie sie es getan hat, mit den gleichen Modulationen, im gleichen Tempo und mit der gleichen Liebe, als würde die Melodie wieder für mich allein gespielt.
    Oder bilde ich mir diese Musik nur ein? Kann Erinnerung so stark sein?
    Im Dunkeln tappe ich hinaus auf den Flur und dann die achtzehn Stufen hinunter. Ich taste nach dem Türknauf am Ende der Treppe und öffne die Tür. Wie eine Schlafwandlerin gehe ich der Musik nach.
    Das Licht der Klavierlampe fällt auf die Tasten. An die Tür gelehnt, beobachte ich Boyer am Klavier. Ich hatte keine Ahnung, dass er Klavier spielen konnte, aber schließlich hatte er viele Jahre Zeit, es zu lernen, und Mom hatte ausreichend Zeit, es ihm beizubringen.
    Die Tür zum Wintergarten ist geschlossen. Durch das Glas sehe ich, dass das Nachtlicht abgeschaltet ist. Im Zimmer ist es dunkel und still. Niemand muss es mir sagen.
    Die letzten Worte meiner Mutter sind für mein Empfinden irgendwie tiefsinnig. Als Boyer vor ein paar Stunden kam, um an ihrem Bett Wache zu halten, beugte ich mich vor, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben, und dachte zuerst, sie würde im Schlaf reden. Ich hörte sie kaum. Ihre letzten an mich gerichteten Worte, die ich für alle Zeit mit mir herumtragen werde, waren schlicht – und sie genügten. »Das Leben ist schmutzig, Natalie«, flüsterte sie, »aber beim Waschen kommt alles heraus.«
    Die letzten Takte von Love Me Tender klingen noch nach, als Boyer jetzt mit dem Spielen aufhört. Bald wird der Rest der Familie zu uns kommen. Und dann werden wir damit beginnen, unseren Kummer miteinander zu

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