Mimikry
wie es halt ist.« Er setzte sich Ina Henkel gegenüber. »War ganz gut. Gibt ja für jede Talkshow um die drei-, vierhundert Mark. Jetzt muß ich aufpassen, es geht nicht mehr bei allen, die kennen mich schon.«
»Sicher«, sagte sie.
»Die nächste Zeit werde ich nicht mehr gecastet.«
»Schön«, sagte sie. »Was ist nun mit Fried? Haben Sie ihn –«
»Nein«, sagte Bergmann. »War nichts weiter.«
»Was heißt das? Haben Sie vor oder nach der Sendung mit ihm geredet?«
»Nein, hab ihn erst im Studio gesehen. Man bereitet sich ja vor, da stören die anderen.«
»Einen trinken gegangen oder so?« Sie schlug mit den Fingerspitzen auf ihr Notizbuch, und er sah ihr dabei zu.
»Trinken gegangen?« Bedächtig schüttelte er den Kopf. »Der hat geglaubt, einer wie der Mosbach könnte ihm helfen. Hat nicht begriffen, daß es eine Show ist. Nein, wir sind keinen trinken gegangen.«
»Irgendwas von ihm gehört? Nach der Sendung? Oder über ihn, von anderen?«
»Von welchen anderen?«
»Den anderen Gästen.« Sie stand auf. Pagelsdorf erklärte gern: Nie die Stimme heben. Man lernte es mit der Zeit.
»Man hat doch keinen Kontakt untereinander«, sagte Bergmann. »Da muß ich Sie jetzt enttäuschen.«
»Kennen Sie denn Leute, denen diese ganzen Talkshows auf die Nerven gehen? Irgendwelche, die –« Die was? Durchgeknallte, die Talkshowgäste erschlugen? So konnte sie es ihm auch nicht sagen.
Bergmann sagte: »Gegen Talkshows hat doch keiner was, oder?«
»Haben Sie mit Mosbach Kontakt?«
»Mosbach? Kontakt? Sie meinen, ob ich den privat kenne?« Bergmann schien fassungslos. »Nein, der war mir auch nicht so sympathisch. Mit den Frauen komme ich besser klar, mit der Bärbel oder der Vera. Ilona ist mir ein bißchen zu –«
»Haben Sie Leute nach der Show kennengelernt? Neue Bekanntschaften gemacht?«
»Mädels?«
»Egal.«
Er kratzte sich den Hals.
»Haben Sie mit irgendwelchen Leuten über die Show geredet?«
Er schüttelte den Kopf. »In der Kneipe hab ich zwei Freundinnen kennengelernt. Also eigentlich nur eine näher, da war ich mit einem Kumpel. Er hat die andere näher – wir sind dann zu viert.«
»Zu viert«, wiederholte sie, weil sie nicht wußte, ob noch etwas kam.
»Ehm, ja. Das ist längst passé. Weiß die Namen gar nicht mehr, und über die Shows haben wir sicher nicht geredet.«
»Haben Sie Männer kennengelernt? Nach der Show?«
»Ich lerne doch keine Männer kennen.«
»Ich meine allgemein.« Sie sah zur Decke.
»Nö«, sagte er.
»Schön«, sagte sie. »Danke.«
Er nickte. »Hab’s gern gemacht.«
Draußen blieb sie eine Weile vor dem Haus stehen. Leute an einer Straßenbahnhaltestelle blinzelten in die Sonne. Bergmann, Walter, sie hakte ihn ab.
Emmerich, Sibylle. Eine kleine Frau mit ängstlichen Augen. In der Sendung hatte sie gesagt, ihre verwundbarste Stelle sei ihr Hang zu falschen Männern. Immer derselbe Typ, immer der Schluri. Martin Fried hatte gelächelt, als sie das sagte. Auf dem Video wandte er sich jedem zu, der redete, er war wohl ein guter Zuhörer gewesen.
Dieselben Fragen. Sibylle Emmerich sagte: »Ich hab den doch bloß im Studio gesehen.«
»Haben Sie mit ihm geredet?«
»Nein, ich war so konzentriert. Ich fand es wichtig, das alles mal zu sagen. Was mir passiert ist und so.«
»Haben Sie irgendwelche merkwürdigen Anrufe bekommen? Nach der Sendung?«
»Auf dem Anrufbeantworter, ja, es war komisch.« Die Frau lächelte. »Aber das hatte mit der Sendung nichts zu tun. Ein Mann auf meinem Anrufbeantworter sagte Entschuldigung, er wäre falsch verbunden. Können Sie sich das vorstellen? Entschuldigt sich auf dem Anrufbeantworter! Vielleicht war es auch vor der Sendung, ich weiß nicht mehr.«
»Haben Sie Mosbach näher kennengelernt?«
»Oh nein.« So überrascht sah sie Ina Henkel an, als sei es gar nicht möglich, andere Männer kennenzulernen als immer die falschen, immer die Schluris. »Nein«, wiederholte sie. Sie rückte einen Kerzenständer zurecht und verschob einen Aschenbecher.
»Kennen Sie Julia Bischof?«
»War sie auch dabei? Ich erinnere mich nicht an die Namen.«
»Nicht in dieser Sendung, nein.«
»Na ja«, sagte Sibylle Emmerich. »Ich würde das heute nicht mehr machen, so eine Show.« Sie schüttelte den Kopf. »Man denkt, es würde sich was ändern, aber alles bleibt, wie es ist.«
Schaffner, Christina. Problem: Sie hatte in Drogerien geklaut, ohne es nötig zu haben. Immer nur Kleinkram, Augenbrauenstift, Pinzette, einen
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