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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Schwamm, um angebrannte Reste aus Töpfen zu kratzen. Wenn sie übers Klauen redete, tat sie es nicht.
    Nein, kein Kontakt zu Fried. Man mußte sie mühsam daran erinnern, wer das war. Richtig, sagte sie, der blonde Vollschlanke, ja, sie hatte sich damals gefragt, wie so ein starker Kerl so klein sein konnte. So klein, wiederholte sie, und voller Angst.
    Sinnlos. Man konnte es mit Tricks probieren, lügen, »Fried hat aber Ihren Namen notiert.«
    »Julia Bischof hat Ihre Telefonnummer.« Es half nichts.
    Ideen, die nicht stimmten. Theorien, die sich auflösten. Anpfiffe von oben, wenn man sagen mußte: War dann nichts.
    »Berneis, Lothar«, las Stocker. »Erzählt in der Sendung, daß Zärtlichkeit für Männer genauso wichtig wäre wie für Frauen.« Seine Namensliste sah aus, als hätte er sie zusammengeknüllt und dann kleinlaut wieder glattgestrichen, weil er sie für die Akten brauchte. Er schnippte mit dem Fingernagel dagegen. »Darum geht er also in die Talkshow. Um zu erzählen, daß Männer Zärtlichkeit brauchen.«
    »Stimmt ja auch«, sagte Ina Henkel.
    Stocker wedelte mit der Liste. »Was?«
    »Na ja, daß Männer – ich denke schon.«
    »Reden Sie vom Czernitzki?« Er ließ das Blatt auf den Boden fliegen. »Konnte sich an die Bischof kaum erinnern. Die anderen konnten sich zwar erinnern, weil sie so furchtbar nervös war, das war aber auch alles. Niemand hat Anrufe bekommen oder jemanden kennengelernt nach der Sendung. Bis jetzt jedenfalls nicht.« Er unterdrückte ein Gähnen, zog an seiner Krawatte. »Und? Sind Sie besser gefahren mit Fried?«
    »Nein«, sagte sie. »Das ist zum Kotzen, das ist vollkommen sinnlos.«
    Erneut zog er an seiner Krawatte, richtete den Knoten und lockerte ihn wieder. »Diesen Hilmar erreiche ich nicht. Wenn das so weitergeht, lasse ich ihn vorladen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Pagelsdorf will keine Vorladung, nur Hausbesuch. Ist ihm noch zu dünn.«
    »Tja«, sagte Stocker. »Wenn ich es rekapituliere: Fried steht mit einem Mann am Briefkasten, so. Und weiter? Wie hat Frieds Nachbar den beschrieben?«
    »Hab ich doch aufgeschrieben. Typ mit Schnauzer, kurzen Haaren, Lederklamotten. Hat mich halt an Hilmar erinnert, das war alles. Haufen Männer läuft so rum, weiß ich.« Sie stand auf und räumte ihr Zeug zusammen. »Hilmar mochte die Bischof nicht, okay. Hilmar mag auch keine Talkshows. Wofür ich Verständnis habe. Und ich mag den Hilmar nicht, aber das –«
    »– ist vollkommen irrelevant«, sagte Stocker. »Na ja, in der Not frißt der Teufel Fliegen. Was ist denn mit dem, den Sie sich aus diesem Bewerbungsschrott rausgeguckt haben?«
    »Weiß nicht«, sagte sie. »Fragezeichen. Der motzt halt rum, daß jeder Idiot reinkommt, nur er nicht. Sollte man die Benz noch mal nach fragen, ich meine, der muß man wohl alles aus der Nase ziehen. Vielleicht erinnert die sich, vielleicht erzählt die ja auch noch was über den Mosbach, verdammt noch mal, die deckt den vielleicht, oder?«
    »Möglich«, sagte er. »Sollte man aber bei ihr zu Hause machen. In ihrem Büro sagt sie nichts und hier ist sie anscheinend zu nervös.« Er holte seinen Kamm aus der Brusttasche. »Also noch mal Hilmar, noch mal die Benz, vielleicht noch mal –« Er starrte zur Decke, ließ den Kamm sinken. »Was weiß ich.«
    »Ja«, sagte sie. »Fangen wir halt wieder von vorne an.«
    Es wäre ja nicht das erste Mal. Als sie hier anfing, war gerade ein Mord nach drei Jahren geklärt worden, Zufall. Die Akten blieben offen, bis der Zufall half oder etwas anderes.
    Bedeutungsloses Zeug bis jetzt. Noch mal üben gehen. Noch mal alles von vorn.
    Sich immer wieder ausmalen, was sonst noch passieren könnte, Journalisten sahen eine Verbindung, tote Talkshowgäste, schrieben eine Story. Womöglich von oben der dezente Fingerzeig: »Wenn Sie nicht weiterkommen, kriegen Sie Verstärkung«, was im Klartext hieß: Strengen Sie sich mal an, schaffen Sie es nicht? Dieser Krampf im Magen, las man dann noch in der Zeitung von der Polizei, die im dunkeln tappte. Nur wenn man vorwärts kam und alles ausgestanden war, konnte man die Zeitungsschreiber kichernd fragen, warum sie unaufhörlich über Polizisten schrieben, die aufs Klo gingen, nachts, und kein Licht andrehten. Dummes Zeug. Manchmal tat es gut.

38
    Es lag wieder alles herum. Ein wenig nachlässig war sie schon, Zeitschriften auf dem Boden, benutzte Gläser vor dem Bett, tagelang nicht weggeräumt. Biggi hatte jetzt ein neues Fernglas, das war schärfer als

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