Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
gesagt, Sie haben mein Wort, dass Sie
sich danach nie wieder um Ihren Lebensunterhalt sorgen müssen. Sie können sich,
wenn Sie wollen, auf Ihre entzückende Kehrseite setzen und von allen Seiten
bedienen lassen.« Sein Lächeln erlosch, und er trat einen Schritt vor bis er
direkt über ihr stand. »Aber Sie müssen mir helfen, Nell. Ich brauche Sie. Die
Kinder brauchen Sie. Bitte.«
Nell war noch nicht
ganz über die »entzückende Kehrseite« hinweggekommen, da behauptete er
plötzlich, dass er sie brauchte. Er brauchte sie? Er
und die Kinder? Wann war sie je von irgendjemandem gebraucht worden?
Irgendein Teufelchen
lachte sich jetzt gerade gewaltig ins Fäustchen, da war Nell sich sicher.
»Ach, bei den
Zaubersprüchen des Merlin!«, stöhnte Nell entnervt, und Mikhail lächelte. Es
war das Lächeln eines Siegers.
7. Kapitel
Nell?« Mikhail
versuchte, die Schlafende sanft zu wecken. Er tat es nur ungern, aber ihm blieb
keine Wahl. Sie sah müde aus, stellte er fest, als er sich über sie beugte. Sie
hatte sich in die Laken gekuschelt, die sie zuvor angehabt hatte. Ihr
kastanienbraunes Haar bildete einen wunderschönen Kontrast zu dem weißen
Bettzeug.
Er schuldete ihr
jetzt schon so viel und würde ihr noch viel mehr schulden, bevor das alles
vorbei war. Mikhail hatte gesehen, mit welcher Panik sie auf seinen Vorschlag
reagierte. Er hatte sie dennoch weiter unter Druck gesetzt. Ganz konnte er sich
eines Gefühls der Neugier nicht erwehren. Was war so schlimm an diesem Dorf,
dass sie sich so heftig weigerte, dorthin zurückzukehren? Sie, eine Frau, der
so schnell nichts Angst machte?
»Nell?«, sagte er
noch einmal, diesmal lauter. »Aufwachen, wir müssen los.« Erst gut zwei Stunden
waren vergangen, seit sie dieses Haus betreten hatten, aber mehr Zeit durften
sie nicht verlieren. Die Jäger würden die ganze Küste absuchen, sobald sie mit
der nächsten Fähre aus Rotterdam wieder zurückgekehrt waren. Dann wollte
Mikhail schon längst weit, weit fort sein.
Die Frau regte sich
nicht. Sie schlief wie ein Stein! Mikhail begann sie seufzend zu schütteln.
Nichts. Kein Pieps.
»Das soll wohl ein
Scherz sein«, brummte er und schüttelte sie heftiger. Nells Kopf flog hin und
her, aber ihre Lider zuckten nicht einmal. Besorgt trat Mikhail einen Schritt
zurück. Ob sie sich verletzt hatte? Eine Kopfverletzung vielleicht? Aber ihm
war nichts aufgefallen.
»Nell, Sie spielen
mir doch nichts vor, oder?«
Das einzige Geräusch
waren Nells tiefe Atemzüge. Und dann begann sie zu sprechen ... Mikhail beugte
sich dicht über sie.
»Du irrst dich ...«
»Nell?« Verwirrt
lauschte Mikhail weiter.
»Dieser Kater ist
ganz bestimmt größer als der andere ...«
Kater? Was für ein
Kater? »Nell, wovon reden Sie?« Mikhail war nun vollkommen verwirrt, ein Zustand, den
diese Frau oft bei ihm hervorzurufen schien. Sprach sie wirklich im Schlaf?
»Wo ist er hin?
Rasch, Thomas, du musst ihn fangen!«
Thomas? Wer zum
Teufel war Thomas? Jetzt reichte es ihm. Verärgert schritt Mikhail zum
Waschtisch, griff nach dem vollen Wasserkrug und goss ihn Nell kurzerhand über
den Kopf.
»Wa ...!« Nell fuhr
prustend und spuckend hoch.
»Guten Morgen. Wer
ist Thomas?« Mikhail stand mit verschränkten Armen am Fußende des Betts.
Nell funkelte ihn
zornig an. »Musste das sein?«
Er zuckte die
Achseln. »Ich habe versucht, Sie zu wecken, aber Sie reagierten nicht. Aber den
Namen ›Thomas‹ zu sagen, schien Ihnen keine Mühe zu machen. Wer ist Thomas?
Falls Sie einen Mann haben, dann sagen Sie es lieber gleich, denn es würde
unseren Plan erheblich komplizieren.«
Erst jetzt, wo er es
aussprach, merkte er, wie sehr ihm der Gedanke, Nell könnte verheiratet sein,
gegen den Strich ging. Es würde ihren schönen Plan durcheinanderbringen. Aber
das allein war es nicht.
Sie blinzelte ihn an
wie ein Kalb. Wasser rann ihr über die Stirn und tropfte ihr von der
Nasenspitze. »Ich bin nicht verheiratet«, antwortete sie langsam.
»Na gut.« Ein wenig
versöhnt - obwohl er beim besten Willen nicht wusste, warum - sagte er: »Ich
hätte Ihnen gewiss kein Wasser über den Kopf gegossen, aber wir haben es eilig,
und ich konnte Sie einfach nicht wach bekommen.«
Mikhail hatte
allmählich das unangenehme Gefühl, überreagiert zu haben. Und das passte ihm
gar nicht. Denn selbst wenn sie bereits einen Mann gehabt hätte, dann hätten
sie ihren Plan einfach den Gegebenheiten anpassen können. Er hatte ein
schlechtes Gewissen.
Nell
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