Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
Michael?«
Mikhail entging
nicht, dass Sarah bereits seinen Namen kannte. Nun, selbst in London sprach
sich Klatsch schnell herum, und in diesem winzigen Dorf ...
»Selbstverständlich.
Und bitte, nennen Sie mich Michael.«
Sarah strahlte. Für
einen Mann, der es gewohnt war, dass die Leute vor ihm katzbuckelten und ihn
mit »Euer Gnaden« anredeten, war es eine überraschend angenehme Erfahrung, mit
seinen Mitmenschen auf gleicher Augenhöhe zu verkehren.
»Ja, also, Michael,
ich wollte nur sagen, dass das ganze Dorf kopfsteht! Wer hätte gedacht, dass
unsere Storm noch mal heiraten würde, vor allem nach dieser Sache mit George
...« Stirnrunzelnd hielt sie inne.
Wer zum Teufel war
George?
»Aber das ist lange
her ... Was sagten Sie gleich, was machen Sie beruflich?« Sarahs Augen
funkelten vor Neugier.
Er hatte nichts
gesagt, beschloss aber mitzuspielen. Im Austausch für Informationen über George.
»Ich bin Schullehrer.
Lebt George noch immer hier?« Er fragte es so gleichgültig wie möglich. Er
konnte sich nicht vorstellen, dass Nell diesen George irgendwo anders kennen
gelernt hatte. Immerhin hatte sie lange in diesem Dorf gelebt. Auch durfte er
sich nicht anmerken lassen, dass er noch nie etwas von diesem George gehört
hatte.
»Ja, schon, aber er
ist jetzt mit der Metzgerstochter verheiratet, Sie brauchen sich also keine
Sorgen zu machen«, beeilte sich Sarah zu versichern.
Sollte er sich denn wegen
George Sorgen machen? War er Nells Verflossener? Er hatte auf einmal das
dringende Bedürfnis,
mit ihr zu reden und mehr über diese Sache herauszubekommen.
»Mrs. Sarah, wenn Sie
einen Moment hier warten würden? Ich gehe rasch und hole N... Storm, ja?«
Mikhail schenkte ihr ein gekünsteltes Lächeln.
Liebte sie ihn noch?
Nicht dass ihn das etwas anging. Nein, es ging ihn nichts an ... Oder doch, es
ging ihn sehr wohl etwas an! Er war schließlich ihr Mann. Jedenfalls ihr
gespielter Mann. In den Augen der Dorfbewohner war er ihr Mann. Und er wollte
verdammt sein, wenn er es sich gefallen ließe, dass sie einem anderen
hinterhertrauerte!
»Ja, gerne. Aber
bitte, nennen Sie mich doch Sarah.« Sarah klimperte kokett mit den Wimpern.
Mikhail nickte knapp und ging.
»Du hast Besuch.«
Mikhail verharrte im
Türrahmen von Nells Schlafzimmer. Diese war soeben damit beschäftigt, Katja in
eine saubere Windel zu wickeln. Sie drehte sich nicht sogleich um, nahm sich
einen Augenblick Zeit, bevor sie ihrem falschen Ehemann gegenübertrat. Ja, genau
das war er - ein falscher Ehemann. Darüber hinaus war er betörend attraktiv,
intelligent, tapfer und ganz vernarrt in seine Nichte und seinen Neffen. Und
sie war drauf und dran, sich Hals über Kopf in ihn zu verlieben.
Lachhaft, einfach
lachhaft, dass sie sich so zu diesem unglaublich attraktiven Mann, der nur so
tat, als ob er ihr Ehemann wäre, hingezogen fühlte. Seit der Sache mit George
hatte sie sich für keinen Mann mehr interessiert. Und jetzt, wo sie wusste,
dass sie nie heiraten, sich nie verlieben durfte, lief ihr dieser Mann über den
Weg, ein Mann, der aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung ohnehin
unerreichbar für sie war. Und ausgerechnet für diesen Mann musste sie die
Ehefrau spielen. Wie grausam das Schicksal doch war.
Sie vergewisserte
sich, dass die Kinder weit genug von der Bettkante entfernt lagen, um nicht
herunterzufallen, dann erst drehte sie sich zu ihm um. Und nein, sie wollte
nicht daran denken, wie wundervoll sich seine Berührung angefühlt hatte,
vorhin, als er ihr Gesicht gestreichelt hatte.
»Besuch?«
»Ja.«
Nell sah erst jetzt,
wie zornig Mikhail war. Sie erkannte es an seinen angespannten Kiefermuskeln,
den zu Fäusten geballten Händen.
Ohne zu überlegen
lief sie zu ihm und streckte die Hand nach ihm aus. »Was ist? Ist etwas
passiert?«
Er ignorierte ihre
Hand. »Nichts. Adams Frau, Sarah, steht unten. Sie hat mir von George erzählt.«
Nell erstarrte und
ließ ihre Hand sinken. Der Klatsch machte also bereits die Runde, was? Obwohl
sie nicht erwartet hätte, dass die Sprache zuerst auf George kommen würde.
Nicht, wo es ein weit ergiebigeres Klatschthema gab, als eine missglückte
Liebesaffäre: eine Mutter, die irrsinnig geworden war.
»Wie nett«, sagte sie
schließlich ein wenig lahm.
»Nett?!«, fauchte Mikhail
empört und trat unwillkürlich einen Schritt näher. »Was soll das schon wieder
heißen?«
Jetzt wurde auch sie
allmählich zornig. Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Was denn? Sarah
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