Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe
sagen haben?
»Du brauchst nicht
mit mir zu reden. Ich verstehe dich. Ich wollte dir nur danken, dass du so nett
zu Georgina warst. Sie konnte gar nicht mehr aufhören, von dir zu reden, als
sie gestern von der Schule heimkam. Und dann die Crumpets ... So glücklich habe
ich sie seit langem nicht mehr gesehen.«
Trotz aller Vorsätze,
sich durch nichts, was er sagte, erweichen zu lassen, musste sich Nell erneut
eingestehen, was für ein guter Bruder er doch war. Aber sie
wollte ihm nicht
verzeihen. Sie wollte weiter wütend auf ihn sein. Denn wenn ihre Wut verrauchte,
musste sie spüren, wie sehr er sie verletzt hatte. Und
das ertrug sie nicht. Mit ge quälter Miene wandte sie sich zu dem Mann um,
den sie einst
geliebt hatte, nun aber hasste.
»Was willst du von mir, George?«
Überrascht stellte
sie fest, dass er ebenso gequält dreinschaute, wie sie sich fühlte.
»Ich wollte dir sagen
...«Er zögerte, dann trat er einen Schritt näher und ergriff ihre Hand. »Storm, ich
...«
»Wusste ich's doch, dass du
Unheil bringen würdest, so bald du unser Dorf betrittst!«, kreischte Lizzie
mit lauter Stimme quer über den
Rasenplatz. Mit langen, zornigen Schritten kam sie auf sie
zugeeilt. Nell riss ihre Hand los und holte tief Luft, als sie
sah, wer Lizzie folgte: Elisabeth.
»Willst mir meinen
Mann stehlen, was?«, fauchte Lizzie und blieb aufgebracht dicht vor Nell
stehen.
»Nein, Lizzie, du
irrst dich«, sagte Nell so ruhig wie möglich. Die Band hatte bei Lizzies
Geschrei zu spielen aufgehört, und nun wurden sie von allen Seiten stumm
begafft. Nell hasste es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und
hoffte, dieses Missverständnis so schnell wie möglich ausräumen zu können.
»Spiel bloß nicht die
Unschuldige!«, kreischte Lizzie. »Lady Elisabeth hat gesehen, wie du meinen
George angeschaut hast! Merk's dir ein für alle Mal, Storm: George will dich
nicht mehr. Er hat mich geheiratet!«
Nell warf einen
raschen Blick zu Elisabeth hin, auf deren Gesicht sich eine geradezu gehässige
Freude abzeichnete.
Sie schnitt eine
Grimasse. Ihre Cousine hatte Lizzie offenbar einen ganz wilden Floh ins Ohr
gesetzt - was es ihr umso schwerer machte, dieses lächerliche Missverständnis
aus dem Weg zu räumen. Wind kam auf und fegte ein paar trockene Blätter über
ihre Schuhe. Nell überlegte, was sie sagen könnte.
»Lizzie, ehrlich, du
irrst dich ...«, begann sie erneut, aber Lizzie schnitt ihr das Wort ab, indem
sie bedrohlich einen Schritt näher trat.
»George, wenn Sie
Ihre Frau nicht im Zaum halten können, dann muss ich es tun«, sagte eine ruhige
Stimme in ihrem Rücken. Mikhail! Er schlang den Arm um Nell. Keiner der Anwesenden
rührte sich. Lizzies Miene war unsicher geworden.
»Sie schulden meiner
Frau eine Entschuldigung.«
Lizzie rang empört
nach Luft, aber George, der seine Frau endlich beim Arm gepackt hatte, gab ihr
einen warnenden Schubs.
»Ich ... Es tut mir
leid«, sagte Lizzie so leise, dass man sie kaum verstehen konnte.
Nell schmiegte sich
an Mikhail und nahm seine Hand. Ihr reichte diese Halb-Entschuldigung, und sie
wollte nicht, dass Mikhail etwa noch mehr verlangte. Sie ergriff seine Hand.
»Können wir jetzt nach Hause gehen?«, sagte sie leise.
Den Blick nun
durchdringend auf Elisabeth gerichtet, nickte Mikhail. Die Herumstehenden
wichen zurück. Nell seufzte erleichtert auf, als Mikhail sie von dem erstarrten
Trio fortführte. Das Ganze wäre vorbei gewesen, wenn Nells Blick nicht zufällig
auf den Lampion gefallen wäre, der direkt über George und Lizzie an
einem Ast hing und gefährlich schaukelte.
Sie konzentrierte
sich auf den Lampion. Die Zeit schien einen Augenblick still zu stehen.
»Nein!«
Ohne zu überlegen
lief Nell, ihr« Röcke mit einer Hand schürzend, auf die beiden zu und stieß sie
mit aller Kraft beiseite. Lizzie stolperte, und Nell schlug mit ihrem Retikül
den Lampion vom Ast. Dann trat sie den brennenden Globus hastig aus. Gott sei
Dank, die Gefahr war vorüber.
Erst die unheimliche
Stille brachte Nell zu Bewusstsein, dass sie mit ihrer gedankenlosen
Rettungsaktion - sie hatte gesehen, wie George und Lizzie verbrannten - einen
unverzeihlichen Fehler begangen hatte.
Elisabeth war es, die
die Totenstille unterbrach. Triumphierend deutete sie auf Nell und rief aus:
»Ihr habt es gesehen! Sie ist genauso wahnsinnig wie ihre Mutter! Vikar David
hatte recht: Du bist verdammt, Storm Witherspoon! Verdammt!«
Keiner regte sich,
während Nell voller
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