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Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe

Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe

Titel: Mina_Hepsen_03-Unsterblich wie die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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Verzweiflung die Fäuste ballte. Ohne ein Wort zu sagen,
lief sie davon und wurde von der Nacht verschluckt.

17. Kapitel
     
    Das Cottage war
bereits in Sicht, als Mikhail Nell endlich einholte.
    »Nell! Halt an!« Er
versuchte ihre Hand zu packen, aber sie wich ihm aus. Da verlangsamte er seine
Schritte und sagte: »So darfst du nicht reingehen. Du würdest die Kinder
beunruhigen.«
    Sie ging noch ein
paar Schritte weiter, dann blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. Mikhail
wünschte, er könnte ihr Gesicht sehen, könnte erahnen, was in ihr vorging, aber
im schwachen Lichtschein, der aus dem Cottage fiel, konnte er lediglich die
Umrisse ihrer Gestalt erkennen.
    »Nell, es tut mir
leid ...«, begann er, aber sie unterbrach ihn.
    »Du musst dich nicht
entschuldigen, Mikhail. Ich wusste, was mich erwartet, wenn ich es wage, wieder
hierher zurückzukommen!« Ihre Stimme überschlug sich fast, dann schwieg sie
abrupt. Mikhail wusste nicht, was er sagen sollte. Er begriff nicht, was
geschehen war, was Elisabeth mit ihrer letzten Äußerung gemeint hatte. Aber er
wollte Nell helfen, wollte sie trösten.
    »Du solltest nicht
auf deine Cousine hören, sie ist eine hinterlistige, gemeine Person.«
    »Nein«, widersprach
Nell, und ihre Stimme klang plötzlich drängend, fast panisch. »Elisabeth ist
vieles, aber in diesem Fall hat sie recht. Ich bin verdammt, Mikhail.«
    Das konnte sie doch
nicht wirklich glauben!
    »Unsinn!«, rief er
empört und wollte mehr sagen, doch abermals schnitt sie ihm das Wort ab.
    »Ist es nicht! Meine
Mutter war verdammt. Der frühere Vikar hat es zwei Tage vor ihrem Tod
öffentlich verkündet. Er sagte, sie sei im Steinkreis außerhalb des Dorfs
gesehen worden. Sie habe im Mondlicht getanzt und vor sich hin gesungen. Er
bezichtigte sie der Teufelsanbetung! Sie müsse dem Bösen abschwören, sagte er, oder
man würde ihr ein Begräbnis in geweihter Erde verweigern!«
    Mikhail konnte kaum
glauben, was er da hörte. Er war erbost. Die meisten Menschen glaubten, dass
die Seele des Verstorbenen nur dann ihren Weg in den Himmel finden könne, wenn
der Tote in geweihter Erde bestattet worden war. Wie konnte der Vikar nur eine
solch hässliche Anschuldigung äußern?
    »Danach wurden wir
von allen gemieden. Es spielte keine Rolle, dass meine Mutter ihr Leben lang
eine gottesfürchtige Christin gewesen war. Niemand wagte es, sich dem Urteil
des Vikars zu widersetzen. Meine Mutter hat zwanzig Jahre in diesem
gottverfluchten Dorf gelebt und kein Einziger hat ihr geholfen!« Nell stieß ein
bitteres Lachen aus. »Nicht dass es ihr was ausgemacht hätte. Sie wusste genau,
was los war, selbst als das Fieber bereits in ihrem Körper wütete. Sie war
nicht böse auf die Leute. Am letzten Tag saß ich an ihrem Bett. Sie hat mich
gar nicht mehr richtig wahrgenommen, hat durch mich hindurchgesehen und über
vollkommen unmögliche Dinge geredet. Dann ist sie gestorben.«
    »Nell.« Er sagte es
ganz sanft, trat einen Schritt auf sie zu. Er wollte - ja, was? Aber sie wich
zurück, den Arm abwehrend von sich gestreckt.
    »Vater und ich haben
sie in jener Nacht auf dem Friedhof, neben meiner Tante, beerdigt. Sie war zwar
erst wenige Stunden tot, aber wir mussten es tun, bevor uns jemand daran
hindern konnte. Es ging schnell, und nachdem wir das Grab zugeschüttet hatten,
hielten wir Wache. Wir hatten Harken und Spaten dabei, um uns notfalls
verteidigen zu können.« Als sei ein Damm gebrochen, sprudelten die Worte jetzt
förmlich aus Nell hervor.
    »Eine Woche lang
haben wir an ihrem Grab Wache gehalten. Morag hat uns zu essen gebracht. Am
achten Tag gingen wir dann nach Hause, aber da war Vater schon nicht mehr er
selbst. Er war wie weggetreten, ich konnte nicht mehr zu ihm durchdringen. Sein
Gesicht hat nie wieder Farbe bekommen ...«
    Mikhail schloss kurz
die Augen. Er wusste, was jetzt kam. Wie konnte das Schicksal nur so grausam zu
einer solchen Frau sein? Er ballte zornig die Fäuste über die Ungerechtigkeit
des Lebens.
    »Er ist einen Monat
später gestorben, auf den Tag genau einen Monat nach meiner Mutter. Die Dörfler
kamen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Sie wollten ihn an einem schönen
Plätzchen auf dem Friedhof, nahe der Mauer, bestatten, aber ich weigerte mich.
Dafür war es einfach zu spät, begreifst du das?«
    Er begriff es. Auch
wenn er sich das Ausmaß ihres Kummers kaum vorstellen konnte, verstand er, dass
sie ihren Schmerz in Wut umgewandelt
hatte; Wut auf die Men schen, die nicht

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