Mind Control
Haar an und blies ihm kalte Graupeln ins Gesicht. Frierend lag er neben Jiang in einer Schneewehe und starrte von dem Hügel, der ihnen etwas Deckung versprach, hinab zu der planetaren SE-Station in der Senke unter ihnen. Roger hatte nicht zu viel versprochen. Die von Flugschnee bestäubte Stellar-Exploration-Basis wies eine hohe Domkuppel im Zentrum auf, an die sich sternenförmig zylindrische Wohn- und Arbeitsmodule angliederten. Um dieses ursprüngliche Siedlungszentrum herum lagen relativ planlos verstreut fünfzig bis sechzig weitere Hangars, Wohnmodule und Speicher, die auch im trüben Nachmittagslicht der ersterbenden Sonne nicht kaschieren konnten, dass sie aus billigen Enclave-Limited-Fertigungssegmenten bestanden. Auffallend waren vor allem eine zwanzig Meter durchmessende Radioteleskopschüssel in der Nähe einiger Hangars, der von Schneeverwehungen überzogene Spaceport mit dem hohen Tower am Rande der Basis und nicht zuletzt zwei Bunker mit mächtigen Lightblast-Kanonen, die drehbar gelagert am Talrand aufragten.
Leider herrschte da unten mehr Betrieb, als sie gehofft hatten. Auf dem Gelände wimmelte es von Menschen und Betas, die hektisch hin und her rannten. Zwei Suchfähren stiegen aus dem Tal auf. Dass die Bergung von Überlebenden im Moment höchste Priorität genoss, zeigte ein schwerer ATV mit Kettenantrieb auf der gegenüberliegenden Seite des Tals, auf dessen Ladefläche eine Rettungskapsel der zerstörten Raumstation lag.
Sogar den signalroten Fallschirm hatten die SE-Leute aufgesammelt.
»Immerhin, sie scheinen ziemlich beschäftigt zu sein«, meinte Jiang. »Meiner Einschätzung nach dürfte es noch einige Tage dauern, bis sie alle Kapseln aufgespürt haben.«
»Hoffen wir es«, meinte Nikolaj. »Hauptsache, Loop und Fratt fallen unter den Überlebenden nicht weiter auf.«
Sein Plan war eigentlich narrensicher. Die Betas waren offizielle Angehörige der Stellar Exploration. Ihnen würde es in dem Chaos sicher leichtfallen, die Basis auszuspionieren, den Impulsgeber zu organisieren und auch herauszufinden, ob man da unten tatsächlich Strontium-90 lagerte.
Ob die Afrikaner geahnt hatten, wie schwer ihr Schlag die KA und ihr Tochterunternehmen wirklich treffen würde? Er blickte zum Himmel von VMS2 auf, an dem Sternschnuppen aufblitzten, unregelmäßig gefolgt von glühenden Meteoren, die begleitet von schwarzen Rauchsäulen durch die fasrige Wolkendecke stießen. Trotz des kalten Winds, der ihnen seit ihrem Aufbruch aus der Schlucht entgegenblies, konnten sie aus den oberen Luftschichten immer wieder rumpelnde Laute hören. Nikolaj wusste, dass die unheimlichen Geräusche von den Trümmerteilen der Farspace Horizon hervorgerufen wurden, die auf ihrem Weg zur Planetenoberfläche verglühten und explodierten. Ein Himmelsspektakel, das ebenso beeindruckend wie unheimlich war.
Er wandte sich von dem Anblick ab und betrachtete die Zeitangabe seiner Multibrille. »Die Betas befinden sich bereits seit einer halben Stunde da unten. Lass uns versuchen, die beiden zu kontaktieren. Im Zweifel können wir ihnen von hier oben etwas logistische Hilfe leisten.«
Jiang und er kraxelten den schneebedeckten Hügel hinab und wandten sich ihrem Schneemobil zu. Die Chinesin nahm gerade das Kom-Gerät der Maschine zur Hand, als hinter einer Schneeverwehung eine summende Antigrav-Drohne aufstieg, die trotz ihres weißen Tarnanstrichs Ähnlichkeit mit einer Hummel hatte.
Nikolaj versteifte sich, und auch Jiang atmete unter ihrem Respirator scharf ein. Das rote Auge der Drohne wies unmissverständlich auf sie. Sie konnten das Klicken einer Mechanik hören, das Ähnlichkeit mit dem Einrasten eines Magazins in eine Repeater besaß. »Hier spricht die Sicherheitskontrolle von Epsilon-Two«, quäkte ihnen eine Männerstimme entgegen. Ein roter Laserstrahl streifte ihn und Jiang. »Weisen Sie sich aus und erklären Sie uns, warum Sie sich schon seit fünfzehn Minuten auf dieser Anhöhe befinden.«
Verdammt, die Station war offenbar besser gesichert, als sie vermutet hatten.
»Wir sind Überlebende von Farspace Horizon«, erklärte Jiang rasch. Die Drohne blieb eine Weile summend vor ihnen schweben, und der rote Abdruck des Lasers wanderte über die ID, die sich eingenäht auf Brusthöhe ihres Beute-Raumanzugs befand. »Die Bildkennung erwies sich als negativ, Tech-Sergeant Frank Schneider.«
Nikolaj stöhnte innerlich auf. Das elektronische Auge der Drohne zoomte jetzt seine Anzugkennung heran. »Haben auch
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