Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
der Lage zu überleben. Jeder Mensch lernt deshalb automatisch, die Gebote der Eltern zu verinnerlichen und sie so abzubilden, dass sie in uns selbst entstehen, obwohl wir eigentlich vielleicht etwas anderes möchten. Wir müssen also lernen, so zu denken wie unsere Eltern, um uns so sicher wie möglich in der Welt zu bewegen. Das zu lernen und mit den eigenen Absichten und Handlungen in Verbindung zu bringen, ist eine anspruchsvolle, aber unerlässliche Lernaufgabe für jeden kleinen Menschen. Und es ist die erste richtige Aufgabe, die der Wächter in unserem Denken für uns übernimmt.
Vor einiger Zeit konnte ich ein etwa dreijähriges Mädchen beobachten, dass große Lust hatte, eine steile und gefährlich glatte Rampe hinaufzulaufen. Die Mutter war außer Sichtweite. Kurz bevor es loslegen wollte, hielt es plötzlich inne. Dann sagte es laut zu sich selbst: »Nein, Linda, das darfst du nicht. Dafür bist du noch zu klein.« Das Mädchen widerstand seiner Lust, die Rampe hinaufzulaufen, und suchte stattdessen seine Mutter. Die Selbstbegrenzung hatte funktioniert, und die kleine Linda hatte sich selbst vor Schaden bewahrt. Der Wächter hatte seine Aufgabe erfüllt. Und wir sehen, dass die Warnungen dieser inneren Stimme nicht immer falsch sind. In frühen Lebensphasen und auch später brauchen wir ein Wissen um Grenzen, um uns selbst nicht zu gefährden und uns in einer sozialen Welt angemessen zu verhalten. Und wir spiegeln dieses Wissen in uns, als ob eine dritte Person mit uns sprechen würde. Wir sagen dann »du« zu uns selbst, wie die kleine Linda.
Zu einer Störung wird das erst dann, wenn die Warnungen nicht mehr in unser Leben passen, wenn sie nicht mehr angemessen sind. Wenn die Warnungen, Gebote und Verbote nicht mehr altersgerecht oder zeitgemäß sind. Um genau diese Dinge geht es, wenn wir im
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-Modus mit uns sprechen. Hier liegen also die biologische Spur und der ursprüngliche Sinn von den mentalen Sabotagegedanken, bei denen unser Innerer Wächter zu uns wie ein strenger Elternteil zu einem Kind spricht, wie wir es so oft bei den verschiedenen
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Arten von Bewertung über Katastrophendenken beobachten konnten.
Tatsächlich kann ich in meiner täglichen Arbeit in Coachings, Beratungen und Seminaren immer wieder beobachten, dass Menschen von einem Moment auf den nächsten von einem selbstbewussten Erwachsenen in die Sprechweise und inhaltliche Perspektive eines Kindes »abrutschen«. Sie sehen die Welt und sich selbst dann plötzlich nicht mehr differenziert und balanciert, sondern in einfachen Schemata und Extremen. Sie verbieten sich Dinge oder warnen sich selbst vor Sachen, als ob sie kleine Kinder wären. Das passiert immer dann, wenn sie auf Themen, Situationen oder Gefühle treffen, zu denen sie noch keine differenzierte Haltung entwickeln konnten. Zum Beispiel passiert dies, wenn es sehr emotional und schwierig wird, wenn sie sich blamieren könnten oder wenn es um Macht geht.
Alfred Adler und die private Logik
Der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebende österreichische Psychologe und ehemalige Freud-Schüler Alfred Adler (1870–1937) entwickelte genau zu dieser Frage seine Theorie der privaten Logik. [11] Alfred Adler beobachtete das Phänomen, dass sich bereits Kleinkinder eigenständige Überzeugungen über sich selbst, andere und das Leben zurechtlegen. Er nannte diese Überzeugungen »private Logik«. Ein Kind, das beispielsweise erlebt, dass die Eltern häufig streiten, entwickelt in seiner privaten Logik die Überzeugung, dass Beziehungen zwischen Erwachsenen häufigen Streit bedeuten. Wenn es dann einen Bezug zum Thema Liebe herstellt, entsteht die krude, aber nachvollziehbare Verbindung, dass Menschen, die sich lieben, häufig streiten. Adler meinte, dass diese sich selbst zurechtgelegten »Wahrheiten« wie selbsterfüllende Prophezeiungen funktionierten. Als Folge resultierten daraus bestimmte »Lebensstile«, die sich im Falle unseres Beispiels so äußern, dass der erwachsene Mensch später konfliktreiche Beziehungen suchen und führen wird.
Ist extremer
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also möglicherweise der uns bis heute behindernde Teil unserer kindlichen privaten Logik, von der Alfred Adler sprach? Ist unser Innerer Wächter und Kritiker der fehlgeleitete Interpret unserer kindlichen Lebensperspektive? Ist unsere innere Glückszone das Gebiet, das wir uns schon als Kinder zugewiesen und dann für die kommenden Jahre abgesteckt haben?
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vermittelt wie die
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