Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
schränken unsere Wahrnehmung für andere Optionen, kreative Verknüpfungen oder vielfältige Alternativen künstlich ein. Damit verzerren wir unsere Wahrnehmungsfähigkeit und untergraben unsere Kreativität und Innovationskraft. Da wir uns selbst nur wenige Alternativen vorgeben und behaupten, es gebe keine anderen Lösungen, hindern wir unseren eigentlich klugen Kopf daran, neue Lösungen zu entwickeln. Wir spielen auf Nummer sicher und bleiben beim Alten.
Unsere Wege, uns selbst zu sabotieren, sind damit vielfältig. Sie ergänzen sich gegenseitig und bilden gemeinsam eine schier unerschöpfliche Quelle hindernder Überzeugungen und suboptimaler Lebensstrategien. Da mir noch niemand begegnet ist, der nicht die eine oder andere Form von
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kennt, stellt sich die Frage: Ja, sind wir denn alle verrückt geworden? Ist unser Feind tatsächlich im eigenen Kopf? Sind wir ihm vielleicht sogar, wie wir manchmal meinen, ausgeliefert? Oder gibt es eine bessere, eine hilfreiche Erklärung für diese freiwillige Selbstbeschneidung?
Kapitel 3: Abenteuer Denken: Warum wir uns selbst sabotieren
Haben Sie schon einmal ein Reh gesehen, das sich selbst ein Bein stellt? Oder ein Kaninchen, das sich selbst nicht mag und sabotiert und deshalb immer im Kreis läuft, bis es einen Drehwurm hat? Wohl kaum. Es muss also irgendetwas mit unserer ganz speziellen Art des menschlichen Denkens zu tun haben, dass nur wir uns sabotieren können. Und diese Sonderstellung sollten wir uns ansehen, wenn wir
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verstehen wollen.
Jeder Mensch ist ein Lernweltmeister
Eigentlich entspricht es unserer Natur, mit unserem Geist wahre Wunder zu vollbringen. Es gibt uns als Spezies auf diesem Planeten nur deshalb, so zeigt der Gehirnforscher Gerald Hüther, weil bereits alle Nischen in der Natur von anderen hochangepassten Spezialisten besetzt waren. [9] In jedem noch so verwinkelten Teil der Erde gab es schon jemanden, der perfekt auf die Umweltbedingungen in diesem Terrain eingestellt war. Platz war nur noch für eine völlig neue Dimension des Lebens: für ein Lebewesen, das ein flexibler Generalist ist. Ein Wesen, das die Fähigkeit hat, relativ unabhängig von ganz speziellen Rahmenbedingungen überleben zu können. Und wenn wir uns vor Augen halten, in welchen noch so unwirtlichen Gegenden heute Menschen leben, sehen wir, dass die Evolution gelungen ist.
Die intelligenteste Lösung, die Mutter Natur fand, war, dass dieses Lebewesen so flexibel ist, dass es sich weitgehend von Instinkten und Trieben gelöst hat. Um Neues zu lernen und sich als Generalist universell an unterschiedlichste Außenbedingungen anpassen zu können, musste es möglichst wenig »vorprogrammiert« sein. Und tatsächlich, Hirnforscher bestätigen [10] , dass wir zwar mit allen Anlagen zum Denken geboren werden, unser Gehirn aber ein nahezu unbeschriebenes Blatt ist, wenn wir zur Welt kommen. Dann entwickelt es sich in den ersten Jahren rasant und verliert seine Fähigkeit zu lernen ein ganzes Leben lang nicht mehr. Wir wissen heute sogar, dass wir bis ins hohe Alter immer noch neue Nervenverknüpfungen im Gehirn bilden können. Das heißt, wir können, je nachdem, wie alt wir werden, bis zu hundert Jahre und mehr lernen. Der Schauspieler Johannes Heesters, der mit 107 Jahren immer noch auf der Bühne neue Rollen vorträgt, zeigt eindrucksvoll, dass es wirklich möglich ist.
Während Tiere eine begrenzte Lernkapazität haben und eng an ihre genetischen Programme gebunden sind, ist der Mensch wie eine Knetmasse, die durch das Leben geformt wird und unaufhörlich lernt. Jeder von uns ist also von Natur aus ein Lernweltmeister.
Doch das ist nicht alles. Weil wir so wenig von Instinkten gesteuert sind, brauchen wir ein gutes Erinnerungsvermögen. Um zu lernen, müssen wir uns erinnern können. Wir brauchen also eine Vorstellung von Vergangenheit. Darüber hinaus brauchen wir ein Gespür dafür, dass es auch ein Morgen gibt. Weil wir nicht einfachen genetischen Programmen folgen, brauchen wir eine Vorstellung von Zukunft. Wenn wir mit unserer Aufmerksamkeit nicht immer im Hier und Jetzt sind, dann ist das kein biologischer Fehler, sondern ein Zeichen, dass wir unsere natürlichen Gaben nutzen. Dadurch sind wir in der Lage, uns erinnern zu können und Sorge zu tragen für die Zukunft. Unser Geist ist fähig, sich an Erlebtes zu erinnern. Doch wir können uns sogar vorstellen, wie Menschen gelebt haben könnten, die viele Jahrhunderte vor uns da waren.
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