Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können (German Edition)
Mitarbeiterin gesehen, geschätzt, gestärkt und konstruktiv auf den richtigen Weg gebracht.
Die wunderbare Macht, erwachsen zu sein
Die gute Nachricht ist, dass wir dem Abrutschen in frühere, in der Kindheit geprägte Zustände nicht ausgeliefert sind, sondern jederzeit wieder ins reife, eigentliche Erwachsenen-Ich zurückgehen können. Es ist sogar so, als ob wir im Hintergrund bereits alles gelöst haben und uns nur noch die Erlaubnis geben müssen, wieder in eine angemessene Perspektive zu wechseln. Tatsächlich mache ich in der Praxis sehr gute Erfahrungen, das Modell der Transaktionsanalyse von Berne und Harris mit dem Kind- und Eltern-Ich im Coaching in einer dafür angepassten, leicht nachvollziehbaren Form zu nutzen.
Wie das aussieht, soll folgendes Beispiel zeigen:
Eine Klientin, Chefassistentin in einem großen Konzern, erklärte mir bei einem Coaching in einem weinerlichen Ton: »Mein Chef behandelt mich wie Luft. Ich bekomme nicht genug Wertschätzung und gar kein Lob. Er geht nicht auf mich ein, fragt mich nicht nach meiner Meinung. Es ist furchtbar!«
Sie berichtete mir, wie sie viele Stunden am Tag das Verhalten des Chefs beobachte und aufgebracht oder erschüttert interpretiere. Bis zu vier Stunden am Tag, sagt sie, beschäftige sie sich mit diesen Gedanken. Aus meiner Erfahrung mit vielen Klienten ist dies eine ganz normale Art, sich selbst und seine Arbeitsfähigkeit zu sabotieren.
Ich fragte sie: »Was denken Sie, was Sie von ihm brauchen?«
Meine Klientin erwiderte daraufhin: »Ich brauche, dass er mich sieht, dass er mich lobt und dass er mir das Gefühl gibt, eine wertvolle Mitarbeiterin zu sein.«
Daraufhin erklärte ich meiner Klientin mit einem Schaubild das Modell der Transaktionsanalyse von Berne und Harris und bat sie einzuschätzen, aus welchem Ich-Zustand, Eltern-Ich oder Kind-Ich, der Wunsch komme, unbedingt ein Lob zu bekommen oder sich sonst schlecht zu fühlen.
Alle Menschen, mit denen ich bisher mit dieser Methode gearbeitet habe, sehen mit dem analytischen Abstand, in dem wir die Sache besprechen, dass sie bei Problemen dieser Art entweder aus dem Eltern- oder Kind-Ich sprechen. Im Falle des Beispiels war es offensichtlich das Kind-Ich. Im weiteren Verlauf des Coachings konnte ich mit ihr zusammen herausfinden, welches Bedürfnis eigentlich hinter dem Wunsch nach Lob steckte:
Coach: »Was würden Sie über die ganze Sache denken, wenn Sie es voll und ganz aus Ihrer eigenen, reifen und selbständigen Erwachsenen-Perspektive sehen würden?«
Klientin: »Nun, als erwachsene, professionell arbeitende Frau brauche ich natürlich nicht unbedingt das Lob meines Chefs, um mich gut zu fühlen.«
Coach: »Worum geht es dann?«
Klientin: »Ich möchte mehr Austausch und Kommunikation in meiner Arbeit. Es ist mir wichtig, auch menschlich in gutem Kontakt zu sein.«
Coach: »Was ist, wenn Ihnen Ihr Chef das nicht bietet?«
Klientin: »Na ja, als Erwachsene kann ich mich fragen, wie wichtig mir das tatsächlich ist.«
Coach: »Und wenn es Ihnen sehr wichtig ist?«
Klientin: »Dann kann ich es entweder ansprechen oder mir, wenn gar nichts anderes geht, ja auch eine neue Stelle suchen.«
Durch den einfachen Wechsel zum ausbalancierten, moderaten Ich in der Erwachsenen-Perspektive ergaben sich sehr schnell neue, tragfähige Möglichkeiten. Die Klientin erkannte, dass sie sich nicht ewig im Kreis des
MINDFUCK
s
drehen muss, sondern selbstwirksam werden kann. Sie verlässt also den destruktiven inneren Dialog in dem Moment, in dem sie sich bewusst von dem Kind-Ich löst und die Perspektive der Erwachsenen einnimmt. Der selbstwirksame reife Erwachsene in uns kann den »getriggerten«, ausgelösten Kind-Zustand mit allen Wertungen des Inneren Wächters, die dazugehören, automatisch abschalten. Das heißt, wir beenden von selbst die mentale Selbstsabotage und finden klare, kreative Lösungen. Denn wenn die Störung weg ist, kann unser Geist wieder sein ganzes Potenzial entfalten und das tun, was er am besten kann: lernen.
Im Coaching interessiert es mich darüber hinaus nicht tiefer, woher der kindliche Wunsch nach Anerkennung und Lob kommt. Ich problematisiere das nicht. Denn ich denke tatsächlich, dass wir häufig unbewusst durch unterschiedlichste Erlebnisse »getriggert« werden, ohne dass daraus gleich auf ein krankhaftes Muster geschlossen werden müsste. Wenn meine Klientin (oder mein Klient) das Thema allerdings selbst für problematisch hält und den Eindruck hat,
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