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Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)

Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)

Titel: Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Brockmann
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bohrendem Blick im Raum um, mit einer eindeutigen Botschaft: Ich finde dich. Aber niemand nahm Reißaus oder rutschte auch nur schuldbewusst auf seinem Platz hin und her.
    Er ging zur Tür der Damentoilette und stieß sie auf, ohne das überfüllte Wartezimmer aus den Augen zu lassen. »Michelle, bist du da drin?«
    War sie nicht. Die Toilette war leer.
    Also begann Shane, die Personen eine nach der anderen abzusuchen – und sah jede Frau und jedes Mädchen, die auf den unbequemen Bänken saßen, scharf an. Er schaute nicht nur auf ihre Turnschuhe und Hosen, denn seines Wissens konnte sie die längst gegen etwas anderes eingetauscht haben.
    Allerdings, fiel ihm dann ein, hatte er die Einzelheiten über ihre Begabung ja von ihr selbst erfahren. Sie konnte genauso gut gelogen haben, was ihre Fähigkeit anging, sich in einen Mann zu verwandeln – zumindest äußerlich. Und wer wusste, ob sie Turnschuhe und Hose überhaupt wechseln musste oder vielleicht die Fähigkeit besaß – zumindest für andere –, so zu erscheinen, als trüge sie ganz andere Kleidung. Blieb also nur, durch das Wartezimmer der Notaufnahme zu laufen und ganz unverschämt jeden anzufassen – denn einer einzigen Sache war er sich sicher: dass er Mac erkennen würde, wenn er sie berührte.
    Ein Stapel Zeitschriften war von einem Tisch in der Nähe gerutscht, zusammen mit einem Blatt Papier. Darauf war eine Kinderzeichnung, die vermutlich einen Hund darstellen sollte. Oder vielleicht ein Pferd, nein … Einen Hund. Shane bückte sich, um es aufzuheben, drehte sich um und tippte einem großen schwarzen Mann auf die Schulter. »Entschuldigung, haben Sie das fallen lassen?«
    Und er wusste sofort, nein, Mac hatte sich nicht fast einen halben Meter größer und vierzig Kilo schwerer gemacht. Auch nicht in einen Mann verwandelt, schon gar nicht in einen Afroamerikaner. Was, wenn er darüber nachdachte, wirklich unmöglich erschien – selbst in dieser verrückten Welt, in der er sich jetzt befand.
    Und wo er gerade bei unmöglich war, die Vorstellung, die ganze Reihe durchzugehen und jeden Einzelnen anzufassen und zu fragen, ob dieses Bild ihm gehörte … Das wäre wohl mehr als merkwürdig, vielleicht bekäme er gar eine gescheuert. Genauso gut konnte er die Sitzreihen entlangrennen, jeder Person die Hand auf den Kopf legen und Falsch, falsch, falsch rufen …
    »Shane!«
    Volltreffer.
    Eindeutig Macs Stimme, und sie kam von hinten, von der Doppeltür, die in die eigentliche Notaufnahme führte, und er wirbelte herum, als sie hinzufügte: »Schatz! Da bist du ja! Ich bin hier drüben!«
    Und da war Mac – sie winkte ihm tatsächlich zu – und Shane fühlte eindeutig ihre Gegenwart, genauso, wie er sie mit seinen Augen sah. Er verspürte eine Welle der Erleichterung und jene mittlerweile vertraute Hitze.
    Sie hatte sich wieder in eine Erwachsene verwandelt, doch sie sah ein bisschen anders aus. Ihre Haare waren länger – Wahnsinn, wie sie sie innerhalb von Minuten wachsen lassen konnte –, und sie hatte sie zu einem strengen Pferdeschwanz zurückgenommen, was sie älter erscheinen ließ – oder vielleicht hatte sie auch irgendwie ihr Gesicht angepasst, um diese Wirkung zu erzielen. Sie hatte auch ihr Oberteil gewechselt. Sie trug eine rote Bluse über einem ganz und gar nicht dreizehnjährigen Körper und eine Lederjacke über dem Arm.
    Trotzdem hätte er sie auch ohne das Winken problemlos erkannt. Sie hatte vielleicht ihr Gesicht und ihre Haare verändert, aber die Augen waren immer noch die von Mac.
    Es waren die Worte, die sie als Nächstes sagte, die ihn in Erstaunen versetzten.
    »Ich habe ihn gefunden«, sagte sie, als er auf sie zuging. »Ich habe Großvater gefunden!«
    Was zum …? Hatte er richtig gehört? Großvater?
    »Ja, er ist hier. Mein vermisster Großvater. Er muss wieder einen Anfall gehabt haben, als er im Einkaufszentrum war«, sagte sie, und als er nah genug war, fügte sie im Flüsterton hinzu: »Spiel mit.«
    Also stürzte er sich ihr einfach entgegen und warf ihr die Arme um den Hals. »Gott sei Dank! Großvater ist wieder da. Großmutter und Tante Betty haben sich solche Sorgen gemacht.«
    »Was soll das?«, zischte sie, das Gesicht an seiner Brust, während sie gleichzeitig versuchte, ihn nicht zu berühren und dabei auszusehen, als erwiderte sie seine Umarmung. Sie war an manchen Stellen dünner – wirkte zerbrechlicher. Weniger muskulös. Was merkwürdig war. Sie gefiel ihm besser, wenn sie sie selbst war. Obwohl,

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