Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
ganze Aufmerksamkeit schenkte. »Ich bin aufgewacht, und Joseph war weg, und … Ich hatte richtig Angst.«
Das tut mir so leid, Nika.
Schon gut , antwortete sie schweigend. Mir tut es auch leid – dass ich dich so enttäuscht habe.
Das hast du nicht, Liebes. Nur … hör zu, was Dr. Diaz sagt.
»Und was ist dann passiert?«, fragte Diaz, der seine Frage offensichtlich wiederholte.
»Dann haben ein paar der Mädchen geweint, und ich wurde wütend auf sie«, sagte Nika. »Und ich war immer noch wütend und dachte an dieses Mädchen, das sie vor unseren Augen umgebracht haben –«
»Oh Gott«, hörte Bach Anna sagen, während sie nach seiner Hand griff.
»Und dann bin ich noch wütender geworden, weil der Mann mit der Narbe gesagt hat, er würde mich eins der anderen Mädchen auswählen lassen, und die würde dann umgebracht werden.« Nika atmete jetzt heftiger, schneller, als sie sich wieder aufzuregen begann. Oder vielleicht war es auch Bach selbst, der heftiger atmete, aufgebracht durch die nackte Grausamkeit von Nikas Entführern.
Nachdem er viel zu viel Zeit damit verbracht hatte, in Devon Caines widerwärtigem Kopf herumzuwühlen, wusste er nur zu gut, wie die Gesellschaft ihre Mädchen ständig in Angst und Schrecken versetzte. Aber das hier war besonders schrecklich, vor allem für ein so sensibles Mädchen wie Nika. Wenn so etwas Furchtbares passieren sollte, würde Nika nie mehr dieselbe sein, selbst wenn Bach und sein Team sie fanden und in Sicherheit brachten. Ihre Narben würden ein Leben lang bleiben.
Aber sie würden das nicht zulassen. Sie würden sie finden, und sie würden sie da rausholen, und –
»Tut mir leid«, sagte Nika laut zu Diaz. »Ich muss … ich muss einfach … Joseph ist, ähm …« Du musst das abbrechen, dachte sie zu Bach. Zu jeder anderen Zeit wäre das toll, aber … Es bringt nichts. Vor allem bringt es nichts, solange ich nicht lerne, wie ich dieses … dieses … Ding der Unmöglichkeit fertigbringe, diese Barrieren herunterzunehmen, die ich noch nicht mal spüre – dann werdet ihr mich nicht finden und mich niemals da rausholen. Und ich weiß nicht, warum ich blockiert bin – ich weiß nicht mal, was das bedeutet – blockiert. Es ist nichts, was ich gemacht habe, nicht mit Absicht, also weiß ich auch nicht, was ich dagegen tun kann. Und du sagst, ich wäre was Besonders, aber ich fühle mich gar nicht besonders, und –
Warte. Bach unterbrach sie. »Heilige Scheiße.«
»Das war ich aber jetzt nicht«, hörte er Nika zu Anna sagen.
»Es ist nichts, was du gemacht hast«, wiederholte Bach laut für Nika und sah Diaz an, ob er ihm folgen konnte. Offensichtlich nicht. »Die Barrieren. Nikas Barrieren. Wenn sie sie nicht errichtet hat …«
Jetzt begriff Diaz. »Dann war es jemand anders«, beendete er den Satz für ihn.
»Ich habe an der falschen Stelle gesucht«, sagte Bach und lachte verwundert auf. Er sprach laut, damit Diaz und Anna ihm folgen konnten. »Niik, ich bin davon ausgegangen, dass du diese Sperren unbewusst aufgebaut hast, aber es gibt eine völlig andere Möglichkeit. Und zwar, dass jemand anders in deinen Kopf gelangt ist und diese Barrieren geschaffen hat.«
»Jemand anders?« Sie war verwirrt. »Wer denn?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Bach zu ihr. »Aber wer es auch immer war, wusste bestimmt, dass du eine Groß-Than bist.« Und als wäre diese Bombe nicht schon fett genug, ließ er noch eine andere platzen. »Es ist möglich, dass sie diese Sperren errichtet haben, um dich zu schützen – und dich vor Leuten zu verstecken, die versuchen könnten, dich auszubeuten.«
»Das ist doch absurd«, sagte Anna.
»Nein, überhaupt nicht.« Bach wandte sich ihr zu. »Mit diesen Barrieren kann Nika nur von einem Bruchteil ihrer Kräfte Gebrauch machen. Und trotzdem haben wir sie als eine Zwanzig gescannt.« Was unglaublich war. »Wer immer das gemacht hat, wusste, dass ihre Vernetzung in den Himmel schießen würde, wenn sie in die Pubertät kommt.«
»Und eigentlich«, schaltete Diaz sich ein, »ist es zweitrangig, wer das gemacht hat. Das ist ein Geheimnis für einen langen Regentag. Unser primäres Ziel ist jetzt, die Barrieren niederzureißen. So schnell wie möglich, Maestro.«
»Ich bin dabei«, sagte Bach. »Nika, ich weiß, wir haben es schon mal versucht, aber noch nicht so wie jetzt.«
Sie wusste, was er wollte. Du willst, dass ich atme. Und an einen vollkommen ruhigen Ozean denke. Einen wolkenlosen blauen Himmel. Einen
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