Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
er sie in den Arm nahm, an die Freude, die ihr schon seine bloße Gegenwart bereitete …
Sie liebte ihn. Gott stehe ihr bei, sie liebte ihn wirklich. Sie schlug die Augen auf und versuchte sich vorzustellen, dass es Shane war, der da auf sie zukam, mit einer besonders abscheulichen Halloweenmaske auf dem Kopf. Der Mann erwiderte ihr Lächeln – zumindest glaubte sie, dass es ein Lächeln darstellen sollte.
Wenn das hier nicht funktionieren würde, dann würde sie bald ziemlich alt aussehen.
So gut hatte Shane noch nie gezielt.
Er war immer gut darin gewesen, einen Raum voller Verbrecher klarzumachen. Er hatte einen verlässlichen sechsten Sinn, wenn es darum ging, Bewegungen vorauszuahnen und die Bedrohung zu eliminieren. Aber heute hatte er noch keine einzige Kugel verschwendet, als er sich auf dem Boden der Sicherheitszentrale abrollte und die Tür sicherte.
Er hatte den ganzen Raum mit einem einzigen Blick erfasst – die Computer, über die die Scanner betrieben wurden, die Stromquelle und Ersatzgeneratoren, die vielen Bildschirme, auf denen nicht nur die Flure und öffentlichen Bereiche zu sehen waren, sondern auch die Räume, in denen die Gefangenen festgehalten wurden.
Und so zögerte er nicht, die fünf Männer im Raum mit fünf akkuraten Kopfschüssen zu durchlöchern. Ohne Fragen zu stellen. Sie wussten ganz genau, was die Brite Group war und was sie da taten. Also erledigte Shane sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
Auf den Monitoren konnte er sehen, dass sich vor der Damentoilette eine kleine Menschenmenge gebildet hatte – und, wie es aussah, trug der Riese mit dem kahl rasierten Schädel die Verantwortung. Der Mann sah beeindruckend aus und hatte vermutlich tatsächlich Muskeln unter seinen Schichten aus Körperfett. Aber wie bei den meisten Mietbullen waren auch bei ihm der äußere Schein und das Gehabe das A und O. Er hatte offensichtlich noch nicht zwei und zwei zusammengezählt und die Nähe der Toilette zur Sicherheitszentrale bemerkt, bis er die verräterischen Schüsse vernahm.
Jetzt kam er herübergestampft und starrte hinauf in die Kamera, die vor der verschlossenen Tür der Sicherheitszentrale positioniert war.
Shane überflog die anderen Bildschirme und suchte nach Mac, Anna und Nika, aber es gab so viele Reihen von Monitoren, und die Bilder blinkten und wechselten ständig, sodass einem schwindelig wurde.
Also konzentrierte er sich auf die Scanner, während er das restliche C4 aus der Tasche holte – doch dann wurde ihm klar, dass er es gar nicht brauchte. Mit seiner neuen Fähigkeit, Metall zu erhitzen, konnte er einfach die Kabel in allen Motherboards durchschmoren lassen.
Er schickte eine Druckwelle los, und rasch erfüllte der durchdringende Geruch nach schmelzenden Kabeln den Raum, während er bereits überlegte, wie er am besten die Stromversorgung kappte.
Dazu benutzte er doch sein restliches C4, das er strategisch platzierte, aber – verflucht – seine zweite Sprengkapsel war in der Toilette draufgegangen. Trotzdem konnte er mit seiner Fähigkeit, Metall zu erhitzen, irgendwas improvisieren, es sei denn …
Er ging in Deckung, konzentrierte sich, und …
Nichts.
Allerdings begannen die Monitore, einer nach dem anderen, zu flackern und auszugehen, als sich ihre Verkabelung überhitzte.
Und dann, kurz bevor mit einem Knall das Bild verschwand, sah Shane sie.
Mac. An ein Krankenhausbett gefesselt blickte sie zu einem missgestalteten Mann auf, der sich ihr näherte und dessen Absicht eindeutig war, denn er hielt in der einen Hand seinen Schwanz und in der anderen ein tödlich aussehendes Messer.
Aber der Bildschirm wurde schwarz, als Shane einen Satz auf die Steuerung zu machte. »Nein! Gottverdammt, nein! Mac!«
Aber alle Computer rauchten jetzt, und der letzte Monitor flackerte und ging aus.
Und da explodierte das C4 und schleuderte Shane rückwärts in die Luft. Als der Strom ausging und die Steckdosen im Raum aufleuchteten und Funken sprühten, prallte er krachend gegen die Wand.
Das Aufblinken des Messers, das der Narbengesichtige in der rechten Hand hielt, war Macs erstes Indiz dafür, dass es nicht so lief, wie sie gehofft und geplant hatte.
Aber vielleicht war es nur seine gewohnte Sicherheitsvorkehrung, also schickte sie ihm noch einen Schub Liebe und Aufrichtigkeit.
»Bitte, Süßer«, sagte sie. »Ich weiß, das sollst du eigentlich nicht, aber ich wünschte, du würdest meine Hände und Arme befreien, ich würde dich nämlich gern einfach im Arm
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