Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
geschrieben.
»Vielleicht ist übertragen ja auch nicht das richtige Wort«, sagte Elliot. »Gedankenprojektion ist nicht so ungewöhnlich. Bach kann es. Obwohl ich nicht sicher bin, ob er es durch mehrere Wände und einen Flur hindurch kann – während er schläft. Das ist eine beeindruckende neue Fähigkeit.«
»Oh ja«, sagte Diaz und lachte vor Ungläubigkeit und Abscheu auf. »Das ist klasse. Ich bin begeistert.« Er rieb sich die Stirn, als hätte er schreckliche Kopfschmerzen.
»Obwohl ich hier wirklich nur Vermutungen anstelle«, überlegte Elliot weiter. »Als Sie heute in meinem Kopf waren, schien es, als würden wir eine Art Gespräch führen. Einen Austausch. Es ist durchaus möglich, dass der Traum nicht allein Ihrer war. Ich meine, vielleicht hat Ihr Unterbewusstsein den Schauplatz beigetragen und meins, Sie wissen schon, das Geschehen.«
»Nein.« Diaz wandte sich ihm zu. »Das war mein Traum.«
»Das können Sie nicht mit absoluter Sicherheit wissen«, widersprach Elliot. »Wir bewegen uns auf unerforschtem Terrain.«
»Doch«, sagte Diaz. »Das kann ich. Der Sex war … meine Fantasie. Ich bin nun schon seit einiger Zeit zu etwas in der Lage, was ich kontrolliertes Träumen nenne. Es ist eine gesteigerte Form vom luziden Träumen, und ich habe damit angefangen, um mein Unterbewusstsein an bestimmten Problemen arbeiten zu lassen, und … rausgefunden, dass das … sehr entspannend sein kann. Ich habe das Forschungsteam nicht darauf aufmerksam gemacht – aus Gründen, die auf der Hand liegen.« Und jetzt wirkte sein Gesichtsausdruck sowohl entschuldigend als auch verlegen, und eine halbe Sekunde lang sah er aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Aber dann sprang er auf, ging wieder auf und ab und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. »Gott, es tut mir leid, Dr. Z. Das ist so unangemessen.«
»Wir sollten wirklich anfangen, uns zu duzen. In deinen Träumen sind wir doch schon lange so weit. Okay, Klugscheißerei bringt uns offensichtlich nicht weiter. Warum schaltest du nicht einen Gang runter und atmest einfach mal durch.« Elliot stand ebenfalls auf. »Komm schon, Stephen – ich bin nicht sauer. Ich fühle mich geschmeichelt. Mehr als geschmeichelt. Ich bin –«
»Neben der Spur«, beendete Diaz den Satz für ihn.
»Ja«, sagte Elliot, »aber – fürs Protokoll – ich bin nicht neben der Spur, weil du es offensichtlich mit mir tun willst, bei jeder Gelegenheit. Was das betrifft, könnte ich einfach nur jubeln und schreien. Aber ich weiß ja, wie ernst du dein Training nimmst, und ich habe großen Respekt vor dir und auch vor deiner Entschlossenheit zum Zölibat, auch wenn ich nicht den kleinsten Hinweis auf einen wissenschaftlichen Beweis gefunden habe, dass Enthaltsamkeit Einfluss auf deine mentalen Fähigkeiten hat.« Diaz setzte zum Sprechen an – zweifellos um zu widersprechen –, aber Elliot hob die Hand und stoppte ihn. »Und bitte, ich will jetzt nicht darüber streiten. Können wir uns vielleicht auf dein erhöhtes Vernetzungsniveau konzentrieren? Lass uns mit den wissenschaftlichen Fakten anfangen – mit dem, was wir bereits wissen und was wir beweisen können.«
Diaz sagte nichts, rührte sich nicht, aber er schien wieder zu atmen, also setzte Elliot sich erneut vor den Computer und rief die Nachforschungen auf, die er in den letzten paar Stunden angestellt hatte. Er konzentrierte sich ebenfalls darauf, weiter zu atmen. Später würde er immer noch genug Zeit haben, um zu hyperventilieren, weil Stephen Diaz sich ihn ausgesucht hatte, um von Sex mit ihm zu träumen. Ihn. Heiliger Strohsack.
»Ich bin zurückgegangen und habe mir den Verlauf der Schwankungen deines Vernetzungsniveaus angesehen«, sagte Elliot und schaffte es irgendwie, ruhig und beherrscht zu klingen. »Und es gibt eindeutig einen Zusammenhang mit meiner Anwesenheit im Raum. Ich tauche auf und verpasse dir einen mentalen Ständer.« Er blickte zu Diaz auf, der wieder die Augen geschlossen hatte. »Okay, das war nicht witzig. Aber jetzt hab ich mich unangemessen verhalten, nicht du, klar? Aber zurück zu den Fakten – wir reden über den relativ geringen Unterschied zwischen der Achtundvierzig, wenn ich nicht im Raum bin, und einer Neunundvierzig oder echten Fünfzig, wenn ich da bin. Aber heute bist du plötzlich auf Achtundfünfzig und dann Sechzig hochgeschossen. Beide Zahlen hast du erreicht, nach …« Er räusperte sich. »… dem Körperkontakt. Zwischen uns.« Er widerstand dem Drang,
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