Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
Elliot und zog den Computer zu sich, damit er die Tastatur erreichte. »Auf Ihrem Plan steht immer noch drei Nächte pro Woche.« Er rief Diaz’ Datei auf. »Mittwochs, freitags und sonntags.« Er blickte auf und wirkte plötzlich verunsichert. »Oder?«
»Freitags bin ich runter auf einen Powernap«, sagte Diaz. »Na ja, es ist etwas länger. Etwa anderthalb Stunden. Normalerweise irgendwann am frühen Nachmittag, wenn … Sie wahrscheinlich wach sind.«
Und da war sie – die Änderung von Diaz’ Schlafplan, eine Notiz am Rand seiner Akte. Das bedeutete in der Tat, dass er jetzt auf einem Mittwoch/Sonntag-Zyklus war. Elliot versuchte sich genau zu erinnern, wann er diese Träume hatte, aber ohne Erfolg.
»Ich kann anfangen, tagsüber zu schlafen«, sagte Diaz. Er war ziemlich außer sich. »Gott, das tut mir so leid –«
Elliot schüttelte den Kopf. »Wollen Sie damit sagen …?« Er sah zu dem Bett hinüber, von dem er so oft geträumt hatte, und fing noch mal von vorne an. »Tut mir leid, was wollen Sie damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass …« Mit unglücklicher Miene hielt Diaz nun Elliots Blick stand und atmete schwer aus. »Diese Träume, die Sie hatten – sind auch meine.«
Elliot beugte sich vor. Bis jetzt hatte er es nicht glauben können … Er hatte im Grunde gedacht, dass er irgendwo ein Bild von Diaz Wohnung gesehen haben musste, vielleicht bei Mac oder … »Können Sie das wirklich? Ihre Träume übertragen? In einem unbewussten Zustand?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Diaz. »Ich wusste nicht, dass ich es mache, aber –«
»Vielleicht träume ich ja einfach aus eigener Initiative von Ihnen«, gab Elliot zu bedenken. »Ich weiß wirklich nicht, wie oft oder in welchen Nächten –«
»Sie halten es also für Zufall?«, fragte Diaz mit Skepsis in der Stimme. »Okay. Der letzte Traum – erinnern Sie sich an den letzten Traum? Es war …« Er nickte. »Wo Sie gesagt haben. Im Weinberg.«
Allerdings erinnerte Elliot sich. Er war mit hämmerndem Herzen und einem Ständer von unglaublichen Ausmaßen erwacht. Ihm war schon vor einiger Zeit aufgefallen, dass er immer, wenn er einen feuchten Traum von Stephen Diaz hatte, aufwachte, bevor einer von beiden kam. Und es tat ihm jedes Mal leid, aufgewacht zu sein. Dieses Mal hatte er fluchend in seinem Bett gelegen und versucht, sich an möglichst viele Details zu erinnern. Also, ja, er erinnerte sich.
»Wir sind in einem schönen Haus, auf einem Hügel, über den sich die Weinstöcke in Reihen ziehen.« Diaz atmete scharf aus und fuhr fort: »Nicht in Italien, sondern Kalifornien. Wir sind im Haus meiner Großmutter, in der Nähe von Sonoma. Wissen Sie noch, das Foto, das über dem Bett hing? Das letzte Mal, als ich den Traum hatte, kam ich ins Zimmer, als Sie es sich angesehen haben.«
»Heiliger Strohsack«, flüsterte Elliot. Er erinnerte sich. »Es war ein alter Schnappschuss vom Haus, aus den … 1920ern?« Er hatte ihn sich ziemlich genau angeschaut – die Gruppe von Leuten, die vor der Veranda posierten, als Diaz ins Zimmer gekommen war, direkt aus der Dusche. Und von da an hatte sich das Zentrum von Elliots Aufmerksamkeit drastisch verschoben.
»Es war von 1914«, korrigierte Diaz ihn jetzt mit angespannter Stimme. »Meine Großmutter liebte dieses Foto – ihr Bruder war drauf, er ist im Krieg gestorben, und nachdem sie gestorben war, hat mein Vater es einem örtlichen Museum zur Verfügung gestellt.« Er griff nach dem Computer, zog ihn zu sich und wechselte schnell ins Internet, wo er eine URL eintippte, sich durch ein paar Links klickte, und …
»Heiliger Strohsack«, sagte Elliot noch einmal, als Diaz den Computer wieder zu ihm schob. Auf dem Bildschirm war das Foto, das er tatsächlich in jenem Traum gesehen hatte.
Noch deutlicher erinnerte er sich daran, wie Diaz ihn angelächelt hatte, bevor er ihn geküsst und dann hinunter auf jenes riesige Bett gedrückt hatte.
»Sie hatten ein blaues T-Shirt und Jeans an«, sagte Diaz leise. »Ich hatte … nur ein Handtuch um die Taille.«
Und das Handtuch war nicht lange da geblieben. Daran erinnerte Elliot sich auch.
» Heilige r Strohsack«, flüsterte Elliot. Das wurde wohl jetzt sein neuer Refrain. »Okay, dann hatten wir definitiv denselben Traum. Und Sie haben ganz ehrlich keine Ahnung, wie Sie das gemacht haben? Wie Sie ihn zu mir übertragen haben?«
Diaz hatte die Augen geschlossen. Er schüttelte den Kopf, tiefe Scham stand ihm ins Gesicht
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