Mindhunter - Tödliche Gabe (German Edition)
sich noch mal zu räuspern. »Es lässt sich sehr leicht testen, ob das wieder passiert. Allerdings kann ich mich, soweit ich weiß, nicht erinnern, je mit dir in Körperkontakt gekommen zu sein. Vor heute. Nicht mal beiläufig, wie … Händeschütteln, als wir uns kennengelernt haben.«
Diaz nickte. »Das war Absicht. Als Sie – als du am OI angefangen hast, konnte ich meine Stromstöße noch kaum kontrollieren. Das Nichtberühren war zu deinem Schutz.«
»Ach«, sagte Elliot. »Natürlich.«
»Du dachtest, ich hätte ein Problem damit, dass du schwul bist.«
»Das dachte ich«, gab Elliot zu.
»Hatte ich nicht.«
Daraufhin sah Elliot vom Computer auf und wählte die folgenden Worte sorgfältig. »Hast du ein Problem damit, dass du schwul bist?«
Diaz schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Ich meine, ich weiß, ich habe gerade gesagt, dass ich nicht über den Sinn deiner Enthaltsamkeit sprechen will, aber … Kann es sein, dass du dich so verbittert an diese Abstinenz gehalten hast, weil du –«
»Nein.«
»Also stört es dich nicht – die Vorstellung, dass du in ein paar Stunden in die Besprechung mit Dr. Bach gehst und geoutet wirst –«
Vielleicht hatte Diaz doch nicht richtig geatmet, denn nun stieß er einen heftigen Atemzug aus. Es war beinahe ein Lachen. Aber nur beinahe. Er begann wieder auf und ab zu gehen. »Glaubst du wirklich, das macht mir was aus?«
»Nicht?«, fragte Elliot.
»Ich weiß, dass ich schwul bin, seit ich fünf war, okay?« Diaz drehte sich zu ihm um. »Ich war schon immer schwul. Ich habe kein Problem damit, schwul zu sein. Womit ich ein Problem habe, ist, dass ich dich in diese unglaublich peinliche Situation bringe. Das hatte ich sogar schon, bevor ich überhaupt wusste, dass ich mich mit meinen Gedankenübertragungen oder -projektionen oder was zum Geier ich auch immer mache, wenn ich schlafe, in deine Träume gedrängt habe!«
»Langsam«, sagte Elliot. »Okay, alles klar. Sprechen wir über die Sache mit dem In-meine-Träume-Drängen, wie du es nennst. Ich mache mal den Anfang und sage dir, dass diese Träume der absolute Höhepunkt meines Sexlebens sind – und ich rede von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – und du wissen musst, dass ich rein gar nichts dagegen habe, überhaupt nichts. Ach, und wo wir gerade davon reden, hätte ich fürs nächste Mal eine kleine Bitte. Da du kontrollieren kannst, was passiert, könntest du vielleicht wenigstens mich kommen lassen? Ich meine, es ist ziemlich eindeutig, dass du die Träume bewusst abgebrochen hast, bevor –«
»Nicht«, sagte Diaz leise. »Mach dich nicht über mich lustig.«
»Was?«, sagte Elliot. »Moment, nein, ich –«
»Ich verstehe ja, dass es für dich keine große Sache ist«, sagte Diaz grob. »Aber für mich ist sie riesig .«
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Elliot. »Ich wollte nicht respektlos sein.«
»Glaubst du ehrlich nicht, dass meine Enthaltsamkeit was mit meinem Vernetzungsniveau zu tun hat?« Diaz setzte sich, allerdings nur auf den vorderen Rand des Sessels, während er Elliot immer noch mit derselben Intensität ansah. »Du meinst, ich soll einfach sagen, zum Teufel damit?«
»Okay, jetzt bewegen wir uns, glaube ich, in einen extrem unangemessenen Bereich«, sagte Elliot. »Wie soll ich denn auf die Frage antworten?«
»Ehrlich.«
»Als Forscher«, fragte Elliot ihn, »oder als Mann, der dafür sterben würde, den Traum vom Haus deiner Großmutter einmal in Wirklichkeit zu erleben?«
Diaz schwieg, der Muskel in seinem Kiefer spielte.
»Es ist schwer für mich, die beiden zu trennen«, fuhr Elliot fort. »Klar, der Forscher ist ziemlich überzeugt davon, dass deine überraschenden sechzig Prozent nicht nur das Ergebnis davon waren, dass du heute Morgen die Arme um mich gelegt hast, sondern, dass es durch … intimeren Kontakt kam – und ich weiß, dass du weißt, worauf ich genau anspiele. Aber ich bin auch nur ein Mensch, Stephen – was bedeutet, ich bin voreingenommen. Ist es möglich, diese Voreingenommenheit zu bekämpfen? Natürlich. Aber will ich sie wirklich bekämpfen? Gute Frage.«
Diaz sagte immer noch nichts, aber er hörte eindeutig zu, also redete Elliot weiter.
»Ganz abgesehen davon, ist da noch die Frage, wie man überhaupt testen könnte, ob Enthaltsamkeit deine Vernetzung verbessert. Wir können den Einfluss dessen, dass du nichts tust, nicht wirklich testen – obwohl du das jetzt schon … wie lange machst?«
Diaz atmete wieder aus – diesmal nur ein
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