Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
werden.«
»Er war viel älter als Sie; ergaben sich daraus Schwierigkeiten oder irgendwelche Spannungen?«
»Sein Denken war frischer als das jedes anderen auf unserem Planeten.«
»Wissen Sie, woran er gearbeitet hat, als er umgebracht wurde?«
»Einem Sternenantrieb, Schatz. Einem überlichtschnellen Sternenantrieb. Edward stand im Begriff, uns die Galaxis zu öffnen. Er glaubte an die Bestimmung des Menschen, wissen Sie? Es sollte sein Geschenk an alle Völker der Welt werden, damit niemand von uns je wieder eingeschränkt und unterdrückt würde. Wir hätten unsere Schwingen ausbreiten und mitten im Glanz der Nacht wirklich erblühen können.«
»Es war kein Sternenantrieb«, erklärte Nicholas dem Flachbildschirm in der Zelle. Typisch Rosette, so auf einen dramatischen Effekt abzuzielen.
»Ein funktionierender Sternenantrieb?« Sogar der Reporter reagierte skeptisch.
»O ja! Er studierte die in der Allgemeinen Relativitätstheorie berücksichtigten Hintertürchen. Ich glaube wirklich, daß mit seinem Genie und dem Geld von Event Horizon der Bau eines Sternenschiffes möglich geworden wäre. Was jetzt allerdings wird – wer weiß?« Die Wehmut stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Ich träume davon, daß unser Kind eines Tages das Banner seines Vaters ergreifen und uns die Befreiung bringen wird, nach der Edward strebte. Vielleicht ist das nur eine dürftige Hoffnung, aber ich glaube: Nach allem, was geschehen ist, habe ich ein Recht auf sie.«
»Was empfinden Sie in Anbetracht des Mordes?«
»Trauer, nichts als endlose schwarze Trauer. Die anderen Studenten waren alle enorm freundlich und hilfreich; wir haben zusammen geweint und über die guten Zeiten gelacht, die wir bei Edward hatten. Sehen Sie, Schatz, er hätte furchtbar mit uns geschimpft, wenn wir nicht gelacht hätten. So war er nun mal. So lebendig, eine Feier des Lebens.«
»Und was ist mit Nicholas Beswick?«
Rosette trat richtig aus dem Flachbildschirm hervor und baute sich neben Nicholas in der Zelle auf. Eine große, herrliche Venus; eine Göttin, der Unrecht geschehen war und die brutale Rachsucht zeigte. »Ich hoffe, daß ihn alle Dämonen der Hölle vergewaltigen.«
Nicholas wandte sich zitternd ab und vergrub den Kopf unter der Bettdecke.
Er mußte eingeschlafen sein, denn Lisa Collier schüttelte ihn mit ernstem Gesicht wach. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Er blinzelte im Licht der rötlichweißen Bioleuchtplatte direkt über ihm. »Ja, okay, danke.«
»Gut. Ich habe Ihnen ein paar Kleider gebracht.« Sie stellte seine kastanienbraune Umhängetasche neben das Bett. »Vernon Langley wird heute nachmittag mit den Verhören beginnen. Wenigstens sehen Sie dann auf der Videoaufzeichnung respektabel aus.«
»Oh.« Nicholas’ Stimmung sackte in den Keller.
Sie schlug ihren Rock um und setzte sich auf das Fußende des Bettes. »Also, Nicholas, beim Polizeiverhör besteht die Idee darin, so lange immer wieder dieselben Fragen zu stellen, bis Sie sich in Widersprüche verwickeln. Das kann aber nur passieren, wenn Sie nicht von vornherein die Wahrheit sagen. Was uns zur Frage des Mordes bringt, zu dem, was in jener Nacht geschehen ist.«
»Ich habe es nicht getan.«
»Nicholas, bitte; lassen Sie mich ausreden. Falls Sie beschließen, sich gegenüber der Polizei als schuldig zu bekennen, können wir auf vorübergehend verminderte Schuldfähigkeit plädieren. Kitchener war ein reizbarer alter Mann, der Sie etliche Monate lang beschimpft hatte; Sie hatten gerade herausgefunden, daß Ihre Freundin mit ihm schlief. Sicher hatten Sie genug Gründe, um zuzuschlagen; ein Richter hätte vermutlich Verständnis dafür, obwohl ich sagen muß, daß die Art, wie das Verbrechen ausgeführt wurde, wahrscheinlich jede Chance auf ein mildes Urteil ausschließt.«
Nicholas holte tief Luft. »Mrs. Collier, warum hört mir niemand zu? Ich habe es nicht getan.«
Ihre wäßrigen Augen musterten ihn gelassen. Es war die Art Blick, mit der seine Mutter ihn zurechtgewiesen hatte, als er klein war. »Nicholas, eine enorme Beweislast liegt gegen Sie vor, und Sie hatten sowohl ein Motiv als auch die Gelegenheit. Und Ihre Fingerabdrücke waren überall auf dem Messer, Nicholas. Dazu kommt noch die Aussage der Mandels. Vielleicht gelingt es mir, sie zu entkräften oder ihr zumindest die Spitze zu nehmen; die Gerichte wissen immer noch nicht so richtig, was sie mit übersinnlichen Visionen anfangen sollen. Zur Zeit kann die Anklage jedoch sehr überzeugende
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